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„Eines der entlegensten Gebiete der Welt“

Seit beinahe zwei Wochen wird Flug MH370, eine Boeing 777 der Air Malaysia mit 239 Menschen an Bord, vermisst, doch bisher gibt es nicht mehr als Spekulationen und Verschwörungstheorien über ihren Verbleib. „Heiße“ Spuren erwiesen sich bisher stets als eher doch nicht so heiß, nun soll es ein neues Indiz für einen Absturz über dem Meer geben: mögliche Trümmer.

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Zu sehen ist das auf einer Satellitenaufnahme, welche die australische Regierung am Donnerstag der Öffentlichkeit präsentierte. Australiens Premierminister Tony Abbott persönlich überbrachte im Parlament die „glaubwürdige“ Nachricht: Auf Satellitenbildern vom südlichen Indischen Ozean seien zwei Objekte entdeckt worden, bei denen es sich um Wrackteile der seit dem 8. März vermissten Maschine handeln könnte.

Propellerflugzeug auf der Suche nach vermisster Boeing

Reuters/Jason Reed

Eine australische Force P-3 Orion startet in Perth zum Sucheinsatz

Nach Angaben der australischen Maritimen Aufsichtsbehörde (AMSA) ist das größere Teil 24 Meter groß. Die Objekte wurden rund 2.500 Kilometer südwestlich der australischen Hafenstadt Perth gesichtet, sagte AMSA-Vertreter John Young. Er sprach von der „besten Spur, die wir zurzeit haben“, fügte aber hinzu: „Um zu erfahren, ob sie wirklich bedeutsam ist, müssen wir dorthin, die Teile finden und auswerten.“

Die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen

Allerdings: Nach den Worten des australischen Verteidigungsministers David Johnston gehört das Gebiet zu den „entlegensten der Welt“. Erschwerend komme hinzu, dass die Satellitenaufnahmen vom Montag stammten. Die Trümmer trieben vier Tage lang in dem für seine starken Strömungen bekannten Gebiet, sagte Johnston. Sie zu finden, sei ein „logistischer Alptraum“. Nach seinen Angaben werden gesicherte Erkenntnisse erst in „zwei bis drei Tagen“ möglich sein.

Dass man diese Objekte wirklich finden kann, scheint mittlerweile nahezu unmöglich. So dürften die auf den Satellitenbildern lokalisierten Teile längst nicht mehr auf der Wasseroberfläche schwimmen. „Sie könnten mittlerweile gesunken sein“, meinte der stellvertretende australische Ministerpräsident Warren Truss. Trotzdem werde die Suche fortgesetzt.

Soldat wirft eine Datenboje ins Meer

APA/EPA/Australian Department of Defence/Leading Seaman Justin Brown

Zum Einsatz kommen auch Spezialbojen, die rund um die mutmaßliche Fundstelle ins Meer geworfen werden

Suche auch nach möglichen Überlebenden

Trotzdem sind Behördenangaben zufolge fünf Flugzeuge in der Region, um Ausschau nach den Objekten zu halten, die auf einem inzwischen fünf Tage alten Satellitenbild als mögliche Wrackteile identifiziert worden waren. „Sie sind unsere beste Spur zu einer Stelle, wo wir womöglich Menschen finden, die gerettet werden müssen“, sagte Young in einem Interview, das AMSA zur Verfügung stellte. „Wir konzentrieren uns darauf, Überlebende zu finden, wenn es Überlebende gibt“, sagte er.

Auch Malaysias Verkehrsminister Hishammuddin Hussein gab sich vorsichtig. Er sprach von einer „glaubhaften Spur“, schränkte aber ein: „Die eine Information, die Angehörige weltweit am dringlichsten brauchen, haben wir einfach noch nicht: Die Ortung von Flug MH370.“ Bis dahin werde die weiträumige Suche nach der Maschine fortgesetzt.

Vier Aufklärungsflugzeuge - zwei australische, ein neuseeländisches und eines aus den USA - flogen vorerst eine rund 23.000 Quadratkilometer große Zone ab. Bis zum Einbruch der Dunkelheit blieb die Suche jedoch laut AMSA vergeblich, unter anderem sorgten Regen und Wolken für schlechte Sicht. Da die Flugzeuge sechs Stunden für Hin- und Rückflug brauchen, ihre Tanks aber nur für acht Stunden reichen, sei die Dauer ihrer Suche ohnehin sehr begrenzt, hieß es außerdem.

Suche musste unterbrochen werden

Kurz vor Beginn der Dunkelheit erreichte am Donnerstag auch ein norwegischer Frachter das Gebiet, ein weiteres Handelsschiff war auf dem Weg. Die australische und die britische Marine entsandten zwei weitere Schiffe. Gesucht wird entlang zweier Strecken, die als die wahrscheinlichsten „Korridore“ für das Verschwinden des Flugzeugs ausgemacht worden waren. Das Meer ist nach Angaben von Experten dort teils 3.500 bis 5.000 Meter tief.

Landkarte bei Pressekonferenz der Australischen Marine

APA/EPA/Daniel Munoz

Die Karte, die der australische Premier Tony Abbott präsentierte, zeigt das Suchgebiet

Die jüngsten Bilder stammten von kommerziellen Satelliten, berichtete Commodore John McGarry vom australischen Militär. Geheimdienste hatten die Bilder ausgewertet. Die Satelliten seien nun so programmiert worden, dass sie weitere Bilder des Gebiets in höherer Auflösung lieferten. Seit dem Verschwinden der Maschine hatte es mehrfach Meldungen über vermeintliche Flugzeugbruchstücke, etwa im Südchinesischen Meer, gegeben. Jedes Mal stellte sich das bisher als Fehlalarm heraus.

Chinesische Schiffe beteiligen sich an Suche

Auch China schickt nun mehrere Schiffe in die Region. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua am Freitag berichtete, sind bereits drei Marineschiffe auf dem Weg. Vier weitere Rettungsschiffe sollen bald in See stechen. Laut Xinhua soll sich „so bald wie möglich“ auch der chinesische Eisbrecher „Xuelong“ („Schneedrache“) an der Suchaktion beteiligen, der im westaustralischen Fremantle vor Anker liegt. Er hatte sich im Jänner auch an der Rettungsaktion für das im antarktischen Packeis festsitzende russische Forschungsschiff „Akademik Schokalskij“ beteiligt.

Spekulationen in alle möglichen Richtungen

Die Boeing 777 war auf dem Weg von Kuala Lumpur (Malaysia) nach Peking von den Radarschirmen verschwunden. Später stellte sich heraus, dass die Maschine noch stundenlang mit geänderter Route weitergeflogen sein muss, während die Kommunikationssysteme an Bord offenbar von Hand abgeschaltet wurden. Seitdem konzentriert sich ein Teil der Ermittlungen auf die beiden Piloten. Unter anderem werden Flugsimulatoren, die im Haus des Piloten bzw. des Kopiloten gefunden wurden, untersucht.

Satellitenbild der möglihen Wrackteile

APA/EPA/Digital Globe

Das Satellitenbild zeigt ein mögliches Wrackteil

Experten schlössen trotz des Sabotageverdachts auch ein technisches Problem weiterhin nicht aus, wie Hussein sagte. Flugzeugexperten hatten immer wieder die Möglichkeit eines Schwelbrands im Bereich des Cockpits in die Diskussion gebracht. Dieser könne die Kabel zu den Kommunikationssystemen zerstört haben. Dabei könnten giftige Gase die Piloten bewusstlos gemacht haben.

Andere spekulierten über einen plötzlichen Druckverlust, der Piloten und Passagiere außer Gefecht gesetzt haben könnte. Die Möglichkeit eines solchen katastrophalen Ereignisses an Bord „ist nicht ausgeschlossen worden und gehört weiter zur Untersuchung“, sagte Hussein. „Die Blackbox kann uns Aufschluss geben.“

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