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Wechsel zwölf Minuten vor Abmeldung

In den Ermittlungen zu der seit 8. März verschollenen Boeing 777 der Malaysia Airlines geht es mittlerweile um Minuten. Demnach soll die Kursänderung des Fluges MH370 bereits vor der Abmeldung der Piloten im Bordcomputer eingegeben worden sein. Das berichtete der US-Senders NBC am Mittwoch unter Berufung auf Ermittlerkreise.

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Wenn der NBC-Bericht stimmt, bleibt die Frage, warum die Piloten bei der Abmeldung nichts sagten. Wenn die Bodenkontrolle die Kursänderung durch die automatischen Signale des Flugzeugs vor der verbalen Abmeldung mitbekam, wäre die zweite Frage: Warum haben die Ermittler das bisher verschwiegen?

Verschwinden exakt geplant

Dieser Richtungswechsel erfolgte laut NBC mindestens zwölf Minuten, bevor sich Kopilot Fariq Abdul Hamid um 1.19 Uhr Ortszeit mit den Worten „In Ordnung, gute Nacht“ von den Fluglotsen verabschiedete. Die Kursänderung wäre entsprechend um 1.07 Uhr gewesen - der Zeitpunkt, zu dem das letzte Signal aus dem Kommunikationssystem ACARS an die Bodenkontrolle ging.

Malaysia dementiert

Malaysische Ermittlungsexperten dementierten allerdings den NBC-Bericht. Die zeitliche Sequenz sei falsch, sagte Azharuddin Abdul Rahman, Chef der zivilen Luftfahrtbehörde Malaysias, am Mittwoch in Kuala Lumpur vor der Presse. Allerdings hatten vergangene Woche Medien schon Tage vor der offiziellen Bestätigung berichtet, Militärradar habe die Kehrtwende des Flugzeugs aufgefangen. Das hatten die Malaysier zunächst dementiert. Auch die Information, dass das Flugzeug nach dem letzten Kontakt noch stundenlang weiterflog, erschien Tage vor Bestätigung der Ermittler in der Presse.

Entscheidende Momente

0.41 Uhr: Flug MH370 startet
1.07 Uhr: Letztes ACARS-Signal und mögliche Kursänderung
1.19 Uhr: Letzter Sprechfunk
1.21 Uhr: Transponder abgeschaltet
1.37 Uhr: ACARS-Signal bleibt aus

Festzustehen scheint, dass das Verschwinden der Boeing geplant und vorbereitet wurde. Die entscheidenden Vorgänge passierten zwischen 1.07 Uhr und 01.37 Uhr, als der nächste Statusbericht der Maschine fällig gewesen wäre. In der Zwischenzeit soll eben möglicherweise der Kurswechsel erfolgt sein, und zwei Minuten nach der Verabschiedung des Kopiloten soll die Übermittlung von Transponderdaten deaktiviert worden sein.

Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete unter Berufung auf Gespräche mit sechs Insidern, die allesamt anonym bleiben wollten, dass das ACARS-System aller Wahrscheinlichkeit nach händisch deaktiviert wurde, also durch das Trennen der entsprechenden Kabelverbindung. Diese befindet sich demnach außerhalb des Cockpits in einem Bodenverschlag beim Vorderausgang. Das legt nahe, dass mehrere Personen am Werk waren. Die entscheidenden Vorgänge an Bord spielten sich offenbar genau zu dem Zeitpunkt ab, als die Maschine von der malaysischen Luftkontrolle an die vietnamesische Luftkontrolle übergeben hätte werden sollen.

Karte zur möglichen Route des Flugs MH370

APA/ORF.at

Daten von Flugsimulator gelöscht

Unterdessen wurde bekannt, dass vom privaten Flugsimulator des Piloten Zaharie Ahmad Shah am 3. Februar Daten gelöscht wurden. Das sagte der malaysische Polizeichef Khalid Abu Bakar am Mittwoch in Kuala Lumpur. Das Gerät werde weiter untersucht, und die Experten versuchten, die gelöschten Informationen wiederherzustellen. Es ist derzeit unklar, ob das Löschen der Daten in Zusammenhang mit dem Verschwinden des Flugzeugs steht.

Sichtung auf den Malediven dementiert

Hinweise von Bewohnern der Malediven, die angaben, am Tag des Verschwindens des Fluges MH370 einen Jet gesehen zu haben, wurden am Mittwoch vom malaysischen Transportminister Hishammuddin Hussein dementiert. Die Berichte seien von der dortigen Polizei untersucht worden und hätten sich als unwahr herausgestellt.

Medien berichteten, dass der Pilot auf dem Flugsimulator Landebahnen auf den Malediven, in Sri Lanka und Indien einprogrammiert haben soll. Diese lägen auf einer der beiden Flugrouten, die die Ermittler nach der Kehrtwende der Maschine für möglich halten. „Ich weiß nur, dass der Flugsimulator noch untersucht wird“, hieß es vonseiten eines Ermittlers in Kuala Lumpur. Die Angaben wollte er nicht bestätigen.

Thailands Luftwaffe registrierte „unbekannten“ Jet

Von neuen Erkenntnissen berichtete auch die thailändische Luftwaffe. Kurz nach dem letzten Funkspruch der Maschine sei auf dem Radar ein „unbekanntes Flugzeug“ registriert worden, teilte sie mit. Dieses sei jedoch nicht als Bedrohung eingestuft worden. Den Angaben zufolge flog die Maschine sechs Minuten nach dem Funkspruch über dem Südchinesischen Meer zurück in Richtung Kuala Lumpur.

Versicherung zahlt

Inzwischen begann die Allianz mit der Auszahlung der Versicherungssumme für den Flug MH370. Das bestätigte das Versicherungsunternehmen am Dienstagabend. Unbestätigten Angaben zufolge liegt die komplette Versicherungssumme laut „Handelsblatt“ (Mittwoch-Ausgabe) bei 100 Millionen Dollar. Sollte tatsächlich ein Terrorakt für das Verschwinden verantwortlich sein, müsse ein anderer Versicherer für den Schaden aufkommen, so der Bericht. Die Ermittlungen konzentrieren sich derzeit auf mehrere Möglichkeiten: Sabotage, Entführung, Terrorakt und Selbsttötung eines der Piloten.

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