Wie man eine 777 verschwinden lässt
Auch wenn es weiterhin keine konkrete Spur zur Boeing 777 der Malaysia Airlines gibt, die seit den Morgenstunden des 8. März (Ortszeit) verschollen ist, steht inzwischen fest: Das Verschwinden des Flugzeugs mit 239 Menschen an Bord wurde offenbar genauestens von bestens vorbereiteten Menschen geplant und durchgeführt. Das legt allein der zeitliche Ablauf der Vorfälle nahe.
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Die Versuche, Flug MH370 zu rekonstruieren, konzentrieren sich auf die halbe Stunde zwischen 1.07 Uhr, als das automatische Datenfunksystem ACARS den letzten - unauffälligen - Statusbericht schickte, und 1.37 Uhr, als die nächste entsprechende Meldung ausblieb. Innerhalb dieser halben Stunde geht es wiederum um zwei Minuten: Um 1.19 Uhr verabschiedete sich irgendjemand mit einem ruhigen „In Ordnung, gute Nacht“ aus dem Cockpit, zwei Minuten später wurde die Übermittlung von Transponderdaten deaktiviert.
Vermutlich mehrere Entführer
Der bekannte Ablauf dieser spärlichen Anhaltspunkte führte bereits zu zahlreichen falschen Schlüssen, auch der malaysischen Behörden: Die gaben etwa bekannt, dass die wahrscheinliche Entführung des Flugzeugs unmittelbar nach 1.07 Uhr begonnen habe. Der einzige Anhaltspunkt dafür ist jedoch die Übermittlung des letzten ACARS-Signals. Viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass ACARS erst kurz vor 1.37 Uhr deaktiviert wurde - allein schon wegen des nötigen Aufwands.
Entscheidende Momente
0.41 Uhr: Flug MH370 startet
1.07 Uhr: Letztes ACARS-Signal
1.19 Uhr: Letzter Sprechfunk
1.21 Uhr: Transponder abgeschaltet
1.37 Uhr: ACARS-Signal bleibt aus
Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete unter Berufung auf Gespräche mit sechs Insidern, die allesamt anonym bleiben wollten, dass das ACARS-System aller Wahrscheinlichkeit nach händisch deaktiviert wurde, also durch das Trennen der entsprechenden Kabelverbindung. Diese befindet sich demnach außerhalb des Cockpits in einem Bodenverschlag beim Vorderausgang. Das legt nahe, dass mehrere bestens vorbereitete Personen am Werk waren.
Sekundengenaue Planung
Eine Entführung vorausgesetzt, wäre demnach mindestens eine Person nötig gewesen, um das Cockpit zu kontrollieren - und mindestens eine weitere, um zugleich den Stecker zu ziehen. Wo sich die ACARS-Steckverbindung befindet, ist laut den Angaben in keinem Flugmanual aufgeführt. Noch dazu war der Moment offenbar nicht zufällig gewählt: Die entscheidenden Vorgänge an Bord spielten sich offenbar genau zu dem Zeitpunkt ab, als die Maschine von der malaysischen Luftkontrolle an die vietnamesische Luftkontrolle übergeben hätte werden sollen.
Das Abschalten des Transponders um 1.21 Uhr war offenbar sekundengenau geplant: Die malaysische Luftkontrolle achtete nach dem „Gute Nacht“ nicht mehr auf die Signale von MH370 - und die vietnamesische Luftkontrolle wurde nicht mehr auf das Flugzeug aufmerksam. Damit bleibt die Frage, wer sich um 1.19 Uhr so formlos und zugleich höflich bei den malaysischen Luftraumüberwachern verabschiedete.
„Das war ein Rote-Augen-Flug“
Malaysische Behördenangaben, dass man die Stimme des Kopiloten identifiziert habe, stoßen - nach zahlreichen Fehlinformationen, die später wieder dementiert werden mussten - inzwischen auf einige Skepsis. Als Einwand wird etwa angeführt, dass „In Ordnung, gute Nacht“ in keiner Weise den Anforderungen einer formellen Abmeldung bei der Luftraumüberwachung entspreche. Allerdings wissen sogar interessierte Laien aufgrund von im Netz kursierenden Flugfunkprotokollen, dass das kein Argument ist.

APA/EPA/Hotli Simanjuntak
Die Suche nach Spuren eines Absturzes läuft weiter, hier vor Sumatra
Gerade auf Nachtflügen ist der Tonfall im Sprechfunk mehr als locker, wie zahlreiche verbriefte Abschriften von unzähligen verschiedenen Flügen belegen. Ohnehin dürften sich die unbekannten Täter bewusst für den Nachtflug MH370 entschieden haben. „Das war ein Rote-Augen-Flug. Da wollen sich die meisten - Passagiere und Crew - einfach ausruhen. Wenn es nicht einen Anlass zu Panik gab, hätten sie nichts davon mitbekommen, wenn jemand das Flugzeug in seine Gewalt bringt“, zitiert Reuters eine anonym bleiben wollende Stewardess von Malaysia Airlines.
Einer von vielen Punkten
Dass das Flugzeug offenbar noch bis zu sieben Stunden weiterflog, ohne Spuren zu hinterlassen, konnte ebenfalls nur bestens vorbereiteten Kriminellen gelingen: Entweder sie hielten die Maschine in einem waghalsigen Manöver unterhalb der Radargrenze oder, was laut Experten immer wahrscheinlicher scheint, sie versteckten sich in aller Öffentlichkeit - indem sie, ohnehin nur noch vom Militärradar beobachtet, auf einen offiziellen Flugkorridor einschwenkten und demnach einer von vielen unauffälligen Punkten auf den Schirmen wurden.
In der Branche gebe es keinen Zweifel, dass hinter dem Verschwinden eine sorgfältig geplante Aktion von Experten stehe, schreibt Reuters und zitiert einen „routinierten Piloten“: „Wer auch immer das getan hat, muss eine Menge über Flugzeuge gewusst, es entschlossen geplant und Nerven aus Stahl gehabt haben, um genügend Selbstvertrauen aufzubringen, ohne entdeckt zu werden das Radar zu umgehen, und um genügend Selbstvertrauen aufzubringen, ein Flugzeug voll von Leuten unter seiner Kontrolle zu haben.“
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