Bilder verdrängen Schriftzeichen
Neue Kommunikationsservices wie Line, Kakao und WeChat versuchen derzeit, in Europa verstärkt Fuß zu fassen. Die Services punkten auf ihren Heimmärkten in Asien vor allem mit ausdrucksstarken Bildern statt Schriftzeichen, die teilweise als eigene Sprache eingesetzt werden.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Vor allem Line, das in Japan beheimatete Service mit koreanischen Wurzeln, will 2014 verstärkt in Westeuropa um Nutzer werben. 500 Mio. registrierte Nutzer will Line in Summe für sich gewinnen, bei der Bekanntgabe der jüngsten Quartalszahlen Anfang Februar waren es 340 Mio., Ende Juli noch 200 Mio. Wie viele Nutzer das Service laufend nutzen, gibt Line nicht bekannt.
Gute Geschäfte mit digitalen Bildchen
Obwohl wie auch viele andere vergleichbare Programme grundsätzlich kostenlos, erwirtschaftete Line 2013 rund 248 Mio. Euro, davon rund 88 Mio. Dollar im vierten Quartal und damit 20 Prozent mehr als im Vorquartal. Die meisten Einnahmen stammen aus Apps und Spielen, ein Fünftel des Line-Umsatzes stammt allerdings aus dem Verkauf von Stickern. Die in Asien beliebten Sticker sind deutlich ausgefeilter als die ebenfalls aus Asien stammenden Emoji-Piktogramme (japanisch für Bildschriftzeichen) und Emoticons, die aus Buchstaben und Satzzeichen gebildet werden können.

ORF.at/Dominique Hammer
Der Hase und der Bär sind zwei Maskottchen von Line
Die Sticker unterschieden sich je nach Anbieter, Vorreiter Line hat etwa 5.000 solcher Sticker im Angebot. Neben zahlreichen gezielt für den asiatischen Geschmack gestalteten Comicfiguren gibt es bei den Anbietern auch klassische Lizenzprodukte, etwa aus dem Hause Disney.
Nachfolger von Emojis und Emoticons
Die Vorreiter der Sticker-Welle waren die Emojis, mit denen mittlerweile ganze Geschichten erzählt werden, und Emoticons, die aus Satzzeichen und Buchstaben gebildet werden. Der japanische Mobilfunker DoCoMo führte die Emojis laut dem Onlinedienst The Verge ein, um den Nutzern mehr Möglichkeiten für ihren Ausdruck zu geben und durch Verkürzungen entstehende Missverständnisse zu vermeiden.
Der Erfolg der Emojis in Asien erklärt sich laut The Verge vor allem durch die zum Teil deutlich komplizierteren Schriften und die vor allem in ihren Höflichkeitsformeln ausgefeiltere Kommunikation. So werde etwa in Japan viel Wert auf korrekte Anrede auch in den Schriftzeichen gelegt, die bei verkürzten Schreibweisen gerade im Netz verloren gehe.
Bilder einfacher als Tippen
Ähnliches gelte nun für die Sticker, schreibt die Internetplattform Quartz. Einerseits könnten damit noch komplexere Emotionen ausgedrückt werden als mit Emojis, andererseits sei das Tippen asiatischer Zeichen auf den meist für das lateinische Alphabet ausgelegten Tastaturen mühsamer, als einen Sticker auszuwählen. Aus diesem Grund seien auch aufgezeichnete Sprachnotizen in China und Japan so populär.
Für Line, das laut Gerüchten für 2014 über einen Börsengang, der das Unternehmen mit zehn Milliarden Dollar bewerten würde, nachdenken soll, aber auch für die Konkurrenz stellt sich nun vor allem die Frage, ob der Erfolg aus Asien in Europa wiederholbar ist: Denn schon die Emoticons sind in westlichen Staaten und Asien teilweise sehr unterschiedlich.

ORF.at/Dominique Hammer
Dieses Emoji bedeutet okay
Probleme bei Interpretation
Während in Europa etwa der Zustand glücklich mit :-) dargestellt wird, nutzt man laut BBC in Ostasien dazu (^_^). Auch manche Emojis wie eine lachende Frau mit auf den Kopf gelegten Händen werden ja nach kulturellem Hintergrund unterschiedlich interpretiert. In Japan bedeutet die Geste etwa okay. Viele der asiatischen Sticker treffen zudem nur bedingt den europäischen Geschmack.
Line versucht dem mit für den lokalen Markt angepassten Stickern und mit Werbung mit lokalen Berühmtheiten zu begegnen. So wurden für eine Kampagne in Spanien etwa gezielt bekannte Schauspieler aus Seifenopern und spanische Fußballer als Sticker herausgegeben. Auf diese Weise konnte Line laut eigenen Angaben 15 Mio. Nutzer in Spanien für sich gewinnen. Der britische Musiker Paul McCartney konnte mit eigenen, kostenlosen Stickern bei Line rund acht Mio. Fans aktivieren. Auch Firmen können bei Line eigene Sticker anbieten, wobei die Nachfrage ebenfalls laufend steigen soll.
Angebote werden ausgebaut
Der Erfolg der Sticker hat unterdessen auch andere Anbieter auf den Plan gerufen, so haben unter anderem das Soziale Netzwerk Facebook und das Kommunikationsservice Viber mittlerweile Sticker im Programm. Kakao und WeChat bieten ebenfalls Sticker zum Kauf an, WhatsApp setzt vor allem auf die kostenlosen Emoji-Piktogramme. Allerdings sind die Sticker im Gegensatz zu Emojis und Emoticons auch auf den jeweiligen Anbieter beschränkt.
Line will das Geschäft mit den Sticker offenbar noch weiter ausbauen: In Zukunft will Line seine Nutzer mit der eigenen Währung Line Coins, die im eigenen Shop gegen Spiele und Sticker eingetauscht werden können, zudem dafür bezahlen, Werbung in Videos anzusehen. Im Rahmen der IT-Messe CES in Las Vegas wurde Anfang Jänner außerdem bekannt, dass Line die Plattform für die Kommunikation der Nutzer mit bestimmten Geräten von LG wird, um so seine Verbreitung noch weiter zu fördern. Auch die Zahl der Sticker soll in naher Zukunft noch deutlich gesteigert werden, hieß es Anfang Februar.
Links: