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„Warum sollte man Geld ausgeben?“

Das mysteriöse Verschwinden des malaysischen Flugzeugs letzte Woche wirft die Frage auf, ob die heutige Methode der Datensammlung auf Flügen noch zeitgemäß ist. Sollen Daten weiterhin in der Blackbox gesammelt werden - oder müssten Flugzeuge vielmehr auf ein Datenstreaming in Echtzeit umrüsten?

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Eine Blackbox mit dem Flugdatenschreiber und dem Stimmenrekorder kann nur dann gefunden werden, wenn der Absturzort bekannt ist - und möglichst an Land liegt. Technologisch ist es laut Experten kein Problem, kommerzielle Flüge mit einer Art der Satellitentechnik auszustatten, die Daten während des Fluges direkt weiterleitet. Die Frage sei eher, ob die Fluggesellschaften Geld für die technische Umrüstung ausgeben wollten, sagt Peter Goelz, ein ehemaliges Leitungsmitglied der US-Behörde für Flugsicherheit (NTSB). „Es gibt keine technischen Hürden“, sagt Goelz.

Schon jetzt Datenübertragung

„Über die Kosten kann gesprochen werden“, so Goelz im Hinblick auf eine allfällige Umrüstung. Doch Fluggesellschaften würden selten aktiv, „wenn sie nicht verpflichtet werden“. In der Regel verfügen kommerzielle Flugzeuge über eine Blackbox, den Flugschreiber. In der nicht schwarzen, sondern orangefarbenen Kiste befindet sich der Flugdatenschreiber, in dem sämtliche technische Daten von der Geschwindigkeit bis zur Triebwerkleistung gespeichert sind, sowie der Stimmenrekorder mit den Aufzeichnungen der Gespräche im Cockpit.

Nicht immer wird die Blackbox gefunden, bei einem Absturz im Meer kann der Fund zumindest lange dauern. In der Zwischenzeit bilden sich die Ermittler in der Regel durch das Aircraft Communications Addressing and Reporting System (ACARS) eine ungefähre Vorstellung von dem, was passiert sein könnte. Das ACARS - eine digitale Datenverbindung zur Übertragung von Textbotschaften - liefert Angaben über Ort und Geschwindigkeit des Flugzeugs. Doch das ist nichts im Vergleich zu den Tausenden von Daten, die die Blackbox speichert.

Auch MH370 sendete via ACARS

Alle Maschinen von Malaysian Airlines sind laut der Fluggesellschaft mit ACARS ausgestattet, doch bisher gab das Unternehmen keine der Daten von Flug MH370 heraus. Die Nutzung einer vollwertigen Livestream-Datenübertragung in Flugzeugen würde internationale Fluggesellschaften laut einer Schätzung des US-Bordelektronikherstellers L-3 etwa 300 Millionen Dollar (216 Mio. Euro) pro Jahr kosten, wie das Magazin Bloomberg Businessweek berichtete.

„Die Technologie gibt es, aber warum sollte man Geld ausgeben?“, meint der heute in Washington als Berater für Flugsicherheit tätige John Cox. Neben den Kosten sieht der Ex-Pilot auch in den riesigen Datenmengen ein Problem. Und es bestehe die Gefahr von „Fehlinterpretation und Missbrauch“. Laut Goelz besteht aber „kein Grund, alle Daten auf einmal zu streamen“: Die Systeme könnten so programmiert werden, dass im Normalfall nur eine begrenzte Menge an Daten gesendet wird. Nur bei einer Anormalität während eines Flugs würden viele Daten gesendet.

Letztlich überflüssig?

Goelz zufolge müssten die Regierungen tätig werden, damit das Livestreaming in der Zivilluftfahrt Pflicht wird - ebenso wie das im Falle von Rauchmeldern im Frachtraum und bei Antikollisionssystemen der Fall war. Doch letztlich besteht die Frage nach dem Bedarf: „Wenn man zurückblickt, gibt es keine große Menge an Flugzeugen, die nicht gefunden worden wären“, sagt Ex-Pilot Cox. „Und es ist ja nicht so, dass wir mit unserer jetzigen Technologie nicht die Ursachen für Flugzeugunglücke finden.“

Robert MacPherson, AFP

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