Insolvenz „zu riskant“
Die Entscheidung ist gefallen: Die Hypo Alpe-Adria wird über eine Anstaltslösung abgewickelt. Wie Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) am Freitag im Rahmen einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz weiter bekanntgab, sollen nun auch die „Mittel des Zukunftsfonds“ von Kärnten einbezogen werden. Zudem sollen auch Halter von nachrangigem Kapital beteiligt werden.
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Laut Spindelegger sollen die Südosteuropa-Töchter der Hypo so rasch wie möglich verkauft werden. „Der Rest der Hypo wird in eine deregulierte, privatwirtschaftlich organisierte Gesellschaft überführt“ und wertmaximierend in Einzelteilen abgewickelt. Eine Insolvenz, die von Spindelegger bis zuletzt als „kein Tabu“ bezeichnet worden war, bezeichnete der Vizekanzler nun als zu riskant. Auch Taskforce-Chef Ewald Nowotny, der gemeinsam mit Spindelegger vor die Presse trat, wies darauf hin, dass das Vertrauen der Bürger darauf, dass der Staat seine Verpflichtungen honoriert, der höhere Wert sei als mögliche kurzfristige Ersparnisse durch die Insolvenz.

APA/Herbert Neubauer
Nowotny und Spindelegger erklären die Vorteile des „Bad Bank“-Modells
Das nun gewählte Modell lässt allerdings auch weiter eine Hintertür für die Insolvenz offen: Denn die Abbaugesellschaft werde keine umfassende Staatsgarantie haben und sei als privatrechtliche Gesellschaft (AG oder GmbH) „prinzipiell konkursfähig“, so Nowotny weiter.
Notfalls „Gesetz initiieren“
Obwohl von Kärtner Seite bisher ausgeschlossen, sollen die Gelder des Kärntner Zukunftsfonds nun doch für die Hypo-Rettung herangezogen werden. Notfalls will Spindelegger dazu „ein Gesetz initiieren“. Um die Nachrang- und Partizipationskapitalgeber an der Lösung zu beteiligen, werde über „verschiedene Möglichkeiten - auch über gesetzliche Maßnahmen“ - nachgedacht.
„Zeitnah“ werden Verhandlungen über einen Generalausgleich mit den Bayern angestrebt. Der Hintergrund: Die BayernLB hat 2,3 Mrd. Euro in der Bank liegen, aus ihrer Sicht sind das Kredite, die sofort zurückzuzahlen wären. Die Bank wiederum stuft das Geld als Kapital ein, das zur Abdeckung der Schulden genutzt werden könne.
NR-Sondersitzung am Dienstag
Als nächster Schritt wurde von den Regierungsparteien SPÖ und ÖVP für Dienstag eine Sondersitzung des Nationalrats beantragt. Im Rahmen dieser werden Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) in Erklärungen das Vorgehen der Regierung bei der Hypo-Abwicklung darstellen.
Mit Haltern von nachrangigem Kapital wird zudem über einen Verzicht verhandelt, wobei die Regierung damit droht, sie per Gesetz zu einem Verzicht zu zwingen. Wie das Gesetz aussehen könnte, wird von Spindelegger bewusst offengelassen. Es geht um 1,9 Mrd. Euro, davon eine Mrd. Euro mit Bundesgarantie, 0,9 Mrd. Euro mit Landesgarantie. Nowotny, der mit dieser Entscheidung seine Tätigkeit als Vorsitzender der Hypo-Taskforce beendet, ergänzte allerdings: „Garantien des Bundes werden selbstverständlich honoriert.“
Die Pressekonferenz fand unmittelbar vor einer mit Spannung erwarteten Sitzung des Hypo-Aufsichtsrats statt. Am Nachmittag soll unter anderem geklärt werden, wie viel staatliches Hilfsgeld die Krisenbank noch heuer benötigt. Dem Vernehmen nach könnte das eine Milliarde Euro sein, um bis September durchzukommen. Bis dahin soll die „Bad Bank“ stehen.
„Landsleute lässt man nicht im Stich“
Laut Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) war der Bericht der Taskforce eine wichtige Entscheidungsgrundlage für die nun getroffene Vorgangsweise. Er selber sei nun zufrieden, „dass es entschieden ist“, wie Faymann per Aussendung mitteilte. Angesichts der zahlreichen Warnungen vor einer Insolvenz sagte Faymann: „Dieses Rotlicht überfährt man nicht.“ Auch lasse man „Landsleute nicht im Stich. Sie haben die Probleme der Hypo nicht verursacht und daher dürfen sie auch nicht dafür büßen“, so Fayman weiter.
Nun gelte es, harte Verhandlungen mit den Bayern zu führen. „Und wir werden auch Gespräche mit Kärnten führen. Ich habe heute bereits mit dem Kärntner Landeshauptmann (Peter Kaiser, SPÖ, Anm.) gesprochen. Er hat gesagt, er möchte über den Beitrag Kärntens reden“.
Kaiser warnte vor Pleite Kärntens
Kaiser wandte sich vor Bekanntgabe der Regierungsentscheidung mit einen Appell an Spindelegger und warnte eindringlich vor den Folgen einer Hypo-Insolvenz. Die Diskussion darüber müsse beendet werden: „Schluss mit diesen Gedankenspielchen. Eine Insolvenz der Bank wäre gleichzeitig der Auftrag, Kärnten in die Pleite zu schicken“ - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.
Neues Gutachten sah Vorteile für Insolvenz
In dieser Woche standen einige Spitzengespräche zum Schicksal der Hypo auf dem Programm. Am Mittwoch besprachen im Bundeskanzleramt Taskforce-Chef Ewald Nowotny, Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Spindelegger den Endbericht der Expertengruppe. Am Donnerstag folgten interne Besprechungen der Taskforce. Die Taskforce schlägt eine staatliche Abbaugesellschaft („Bad Bank“) vor. Ihr wurde zuletzt auch das neue, vom Finanzministerium beauftragte Gutachten der deutschen Beratungsfirma zeb übergegeben. Medienberichten zufolge hoben die zeb-Berater in dem Papier auch die Vorteile einer Insolvenz hervor.
Nowotny konnte aus dem Gutachten allerdings keine Empfehlung für eine Insolvenz herauslesen. Die zeb-Gutachter weisen selber auf Klippen hin: Eine Hypo-Insolvenz könnte Notverstaatlichungen der Balkan-Töchter der Hypo nötig machen. Zentrale Fragen wie die Folgen eines Konkurses des Landes Kärnten ließ das Gutachten offen.
Das Risiko eines „Bank Run“, also eines Ansturms der Kunden auf die Banken in vier Ländern Südosteuropas, in denen die Hypo Banken hat, sei im Insolvenzfall erheblich, hieß es in dem Sachverständigengutachten, das zusätzliche finanzielle Risiko der Hypo Alpe-Adria selber läge unmittelbar bei 1,8 Mrd. Euro, die Konsequenzen für die Bankensysteme in Südosteuropa (SEE) wären beträchtlich.
Geschäftsaufsicht statt Sofortinsolvenz
Der Verkauf des Südosteuropa-Netzwerks vor Durchführung einer Insolvenz wäre daher zwingend, hieß es in dem Gutachten der deutschen Berater. Die Hypo muss laut EU-Vorgaben ihre Banken bis Mitte 2015 verkauft haben. Falls ein rascher Verkauf der Balkan-Töchter nicht möglich sein sollte, rät zeb zur Geschäftsaufsicht statt zur Sofortinsolvenz bzw. zu einer Auffanglösung zur Fortführung der SEE-Töchter, auch wenn die österreichische Muttergesellschaft ausfällt.
Auch Wyman warnte vor Risiken
Für zeb sind Gefahren von „Bank Run“ und Notverstaatlichung bei den Balkan-Banken im Wesentlichen aber ein „politisches Risiko“. Für die heimischen Steuerzahler sähe zeb hingegen budgetäre Vorteile. Ein Reputationsrisiko für Österreich wurde auch nicht geortet. Vor Risiken für die Balkan-Banken in Hypo-Pleite-Szenarien hatte im Übrigen auch das umstrittene „Wyman-Gutachten“ Ende vorigen Jahres gewarnt.
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