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„Fehler meines Lebens“

Paukenschlag in München: Nach dem Urteil wegen Steuerhinterziehung hat Uli Hoeneß auf eine Berufung verzichtet und akzeptiert damit die Haftstrafe von dreieinhalb Jahren. Zudem tritt er mit sofortiger Wirkung als Präsident und Aufsichtsratschef des FC Bayern München zurück, teilte der 62-Jährige am Freitag in einer persönlichen Erklärung mit.

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„Nach Gesprächen mit meiner Familie habe ich mich entschlossen, das Urteil des Landgerichts München II in meiner Steuerangelegenheit anzunehmen. Ich habe meine Anwälte beauftragt, nicht dagegen in Revision zu gehen. Das entspricht meinem Verständnis von Anstand, Haltung und persönlicher Verantwortung. Steuerhinterziehung war der Fehler meines Lebens. Den Konsequenzen dieses Fehlers stelle ich mich“, hieß es in der Erklärung von Hoeneß.

Die Münchner Staatsanwaltschaft will Anfang der kommenden Woche entscheiden, ob sie ebenfalls auf eine Berufung verzichtet, sagte Ken Heidenreich, der Sprecher der Behörde, am Freitag der dpa. Staatsanwalt Achim von Engel hatte ein deutlich höheres Strafmaß von fünf Jahren und sechs Monaten für Hoeneß gefordert. Hoeneß wird seine Haft frühestens in einigen Wochen antreten müssen.

Rund 30 Mio. Euro Steuern hinterzogen

Hoeneß hatte dem Fiskus mit einem Geheimkonto in der Schweiz fast 30 Millionen Euro an Steuern vorenthalten. Die zuletzt genannte Summe von 27,2 Millionen Euro erhöhte sich noch einmal auf 28,5 Millionen Euro, weil noch ein Solidaritätszuschlag einberechnet werden müsse, sagte Richter Rupert Heindl am Donnerstag bei der Urteilsbegründung. Dieser 1991 eingeführte Zuschlag, der mit den Kosten der deutschen Wiedervereinigung begründet wird, beträgt 5,5 Prozent des Steuerbetrags aus Einkommen-, Kapitalertrag- und Körperschaftsteuer.

FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß

AP/Matthias Schrader

Bessere Zeiten: Hoeneß (r.) und Karl-Heinz Rummenigge feierten im Juni 2013 den Champions-League-Pokal und den Sieg der deutschen Bundesliga

„Möchte Schaden vom Verein abwenden“

Die erste Konsequenz traf direkt den FC Bayern. Er lege „mit sofortiger Wirkung die Ämter des Präsidenten des FC Bayern München e.V. und des Aufsichtsratsvorsitzenden der FC Bayern München AG nieder“, schrieb Hoeneß in der Mitteilung weiter. „Ich möchte damit Schaden von meinem Verein abwenden. Der FC Bayern München ist mein Lebenswerk und er wird es immer bleiben. Ich werde diesem großartigen Verein und seinen Menschen auf andere Weise verbunden bleiben, solange ich lebe. Meinen persönlichen Freunden und den Anhängern des FC Bayern München danke ich von Herzen für ihre Unterstützung.“

Merkel zollt Hoeneß Respekt

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel zollte Hoeneß für seinen Verzicht auf ein Vorgehen gegen seine Gefängnisstrafe Respekt. „Die Bundeskanzlerin hat Respekt vor der Entscheidung, die Herr Hoeneß heute in seiner persönlichen Erklärung ausgedrückt hat“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Es sei rechtsstaatliche Tradition, dass die Bundesregierung die Urteile der unabhängigen Justiz nicht bewerte. „Es ist ein Fall, in dem der Rechtsstaat seinen Lauf genommen hat.“

Adidas-Chef übernimmt Aufsichtsrat

Der Fußballverein unternahm in der Nachfolgefrage am Freitag erste Schritte und kürte adidas-Chef Herbert Hainer zum neuen Aufsichtsratschef der FC Bayern München AG. Das Gremium habe den 59-Jährigen einstimmig bis auf weiteres an die Spitze gewählt, erklärte die Fußballabteilung des Sportvereins. Hoeneß bisheriger Vizepräsident, der 61-jährige Karl Hopfner, wurde ebenfalls einstimmig in den Präsidialausschuss des Aufsichtsrates gewählt. Hopfner hatte sich aus gesundheitlichen Gründen 2012 aus dem Vorstand der FC Bayern München zurückgezogen.

Hoeneß hat den FC Bayern über Jahrzehnte geprägt. Als er im November 2009 Franz Beckenbauer mit 99,3 Prozent der Stimmen als Präsident ablöste, war Hoeneß bereits fast vier Jahrzehnte aktiver Spieler, Manager und Vorstand der Bayern gewesen. In dieser Zeit feierte Hoeneß mit der Mannschaft rund 50 Titel, darunter den Gewinn der Champions League 2001 und 2013, den UEFA-Pokal-Sieg 1996 und zahlreiche deutsche Meisterschaften und DFB-Pokale.

Kein Promibonus im Gefängnis

Seine Haftstrafe muss Hoeneß - sobald sie rechtskräftig wird - in der Justizvollzugsanstalt in Landsberg am Lech in Oberbayern absitzen. Das teilte Gerichtssprecherin Andrea Titz am Freitag in München unter Berufung auf den Vollstreckungsplan der bayrischen Justiz mit. Bekannt ist das 1908 erbaute Gefängnis vor allem für Adolf Hitlers Haft. Er saß dort im Jahre 1923 264 Tage Festungshaft ab. In dieser Zeit schrieb er die Hetzschrift „Mein Kampf“.

Gefängnis in Landsberg

picturedesk.com/dpa/Sven Hoppe

In einigen Wochen bekommt die JVA Landsberg einen prominenten Insassen

Heute sind dort 565 Häftlinge untergebracht. Hoeneß bekomme während seiner Haftzeit keinen Promibonus, sagte der Vorsitzende des Bundes der Strafvollzugsbediensteten, Anton Bachl. Er werde behandelt wie jeder andere Häftling auch. „Es ist auch möglich, dass Herr Hoeneß Tür an Tür mit Gewaltverbrechern leben muss oder mit ihnen gemeinsam in einer Zelle sitzt“, betonte Bachl.

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