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„Berichte unzutreffend“

Fast hat es nach einer entscheidenden Weiterentwicklung im Fall der verschollenen Malaysia-Airlines-Maschine ausgesehen, als zwei US-Experten via „Wall Street Journal“ („WSJ“) erklärt haben, dass der Jet fünf Stunden unterwegs gewesen sein muss. Doch nur wenig später kam das Dementi: Malaysische Behörden sehen die Angaben nicht bestätigt.

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Der malaysische Transportminister Hishamuddin Hussein wies den „WSJ“-Bericht als unwahr zurück und lieferte für die Entgegnung Einschätzungen relevanter Quellen mit: Schließlich wiesen Vertreter des Flugzeugherstellers Boeing und des Triebwerkherstellers Rolls-Royce die Angaben der US-Experten zurück, wonach der Jet bzw. die Triebwerke noch stundenlang nach dem Verschwinden Daten gesendet hätten.

Verweis auf Boeing und Rolls-Royce

„Sowohl, was Boeing, als auch, was Rolls Royce angeht, sind diese Berichte unzutreffend“, sagte Transportminister Hussein. Beide Firmen sind zentral in die Untersuchungen in Kuala Lumpur eingebunden. Die Angaben von Rolls-Royce sind besonders relevant, weil die Experten gegenüber dem „WSJ“ argumentiert hatten, dass die Triebwerke (auch nach dem Verschwinden des Jets von den Radarschirmen, Anm.) noch weitere Daten gesendet haben mussten.

Malaysische Verteidigungsminister Hishammuddin Hussein

Reuters/Edgar Su

Der malaysische Transportminister Hishamuddin Hussein stellt sich den Fragen

Behörden verweisen auf letztes Signal

Stattdessen verwies der Informationsminister auf das letzte Signal, das die Unternehmen von der um 0.41 Uhr gestarteten Boeing 777-200 aufgefangen hätten: Es stamme von 1.07 Uhr (Ortszeit) am Samstag. Das von US-Expertenseite skizzierte mögliche Szenario hatte Fragen aufgeworfen: etwa, wieso sich die Piloten in der Folge nicht meldeten bzw. weshalb die Maschine nicht auf Radarbildern zu sehen war.

Nach Angaben der Zeitung kann der Pilot alle nötigen Sender manuell ausschalten. US-Terrorexperten schließen weiterhin auch die Theorie nicht aus, dass jemand ins Cockpit eindrang. Der Bericht rechnete vor, dass das Flugzeug von der zuletzt bekannten Position im Südchinesischen Meer in vier Stunden Flugzeit theoretisch etwa die Grenze Pakistans bzw. das Arabische Meer erreichen könne.

Entdeckte Teile gehören nicht zu Flugzeug

Die Malaysia-Airlines-Maschine mit 239 Menschen an Bord verschwand am Samstag eine Stunde nach dem Start zwischen Malaysia und Vietnam vom Radar und gilt seitdem als verschollen. Die jüngste Spur ergab sich aus chinesischen Satellitenbildern von Sonntag, die erst am Mittwoch veröffentlicht wurden. Darauf waren südlich von Vietnam drei „schwimmende Objekte“ im Meer zu sehen, die angeblich Wrackteile der Maschine sein könnten.

Doch auch diese vermeintliche Erkenntnis erwies sich als Irrtum, denn nur Stunden nach der Veröffentlichung mussten die chinesischen Offiziellen bereits zurückrudern: „Wir haben bestätigt, dass sie (die vermeintlichen Trümmerteile, Anm.) mit dem Flugzeug nichts zu tun haben“, sagte eine Sprecherin von Chinas Luftverkehrsbehörde (CAAC) in Peking. Die vietnamesische Luftfahrtbehörde teilte indes am Donnerstag mit, sie habe umgehend zwei Flugzeuge zu der fraglichen Stelle entsandt, dort aber nichts gefunden.

Suche könnte ausgedehnt werden

Die Suche könnte nach Angaben der US-Regierung auf den Indischen Ozean ausgedehnt werden. Die Erweiterung des Radius würde „basierend auf neuen Informationen“ erfolgen, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, am Donnerstag in Washington.

„Wir sprechen mit Partnern darüber, welche Ressourcen wir bereitstellen werden“, ergänzte er, ohne näher ins Detail zu gehen. An der internationalen Suche nach der Passagiermaschine beteiligen sich auch Schiffe und Flugzeuge des US-Militärs. Die Federführung liege aber bei der Regierung in Malaysia, so Carney. Ein Schiff der US-Marine wird auch in die Straße von Malakka verlegt. Der Zerstörer „USS Kidd“ werde auf Bitten der malaysischen Regierung im westlichen Teil der Meerenge nach der Boeing 777 suchen, sagte ein US-Regierungsvertreter am Mittwoch

Dauert Suche nach Wrack noch Wochen?

Angesichts der Wirren um Flug MH370 geht der deutsche Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt davon aus, dass die Suche nach der verschollenen Boeing noch Wochen dauern wird. „Das große Problem besteht darin, dass das vermisste Flugzeug mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit über dem Meer abgestürzt ist. Das heißt: Es liegt unter Wasser. Dort breiten sich aber keine Radiowellen aus“, sagte Großbongardt der dpa.

„Erschwerend kommt hinzu: Die Trümmer, um die es geht, sind maximal zwei bis drei Meter groß, selten mehr“, sagte der Experte. Er erinnere sich an keinen Fall in den vergangenen 40 Jahren, bei dem eine große Passagiermaschine so lange verschwunden gewesen sei, sagte Großbongardt. Doch auch nach dem Unglück 2009 einer Air-France-Maschine habe man schließlich das Wrack auf dem Grund des Ozeans entdeckt. „Die Wahrscheinlichkeit ist also recht hoch, dass auch im Fall der malaysischen Boeing das Wrack gefunden wird.“ Doch das könne noch „drei, vier Wochen dauern“.

Weit weg von Flugroute?

Für weitere Verwirrung sorgte eine weitere mysteriöse Radarsichtung. Das malaysische Militär sah 45 Minuten nach dem Verschwinden der Malaysia-Airlines-Maschine Hunderte Kilometer weiter westlich ein Flugzeug auf seinem Radar. Ob es sich dabei um die vermisste Boeing handelte, sei aber unklar, betonte der Chef der Luftwaffe, Rodzali Daud, am Mittwoch vor der Presse in Kuala Lumpur. Das Militärradar sei nicht in der Lage, Art und Kennung eines Flugzeugs zu identifizieren, sagte Rodzali. Malaysia habe die US-Behörden um Hilfe bei der Analyse der Daten gebeten, sagte Verkehrsminister Hussein.

Das nicht identifizierte Flugzeug habe sich zu dem Zeitpunkt 370 Kilometer nordwestlich der Insel Penang über dem Andamanischen Meer befunden. Das wäre mehrere hundert Kilometer westlich der Route von Flug MH370. Die Maschine war am Samstag in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur in Richtung Nordosten gestartet, nach Peking.

Schlechtes Krisenmanagement

Nach zahlreichen widersprüchlichen Angaben wuchs in Malaysia die Kritik am Krisenmanagement der Behörden. Der ehemalige Verkehrsminister On Tee Keat wunderte sich, warum die Regierung keinen Krisenstab über die Ministeriengrenzen hinweg einsetze. „Krisenmanagement muss klar strukturiert und koordiniert werden“, sagte er, „die Menschen in aller Welt müssen sich sicher sein, dass wir kompetent und fähig sind, eine solche Krise zu meistern - andernfalls hat das Ganze in Zukunft schwere Konsequenzen für unsere Zusammenarbeit mit anderen Ländern.“

Die Regierungspartei, die seit der Unabhängigkeit 1957 ununterbrochen regiert, sei Transparenz im eigenen Land nicht gerade gewohnt, sagte eine ausländische Journalistin, die seit Jahren aus Kuala Lumpur berichtet. „Die Beamten sind es nicht gewohnt, im Rampenlicht zu stehen und jede ihrer Äußerungen zerpflückt zu sehen.“ Bei den Angehörigen der 239 Passagiere an Bord der spurlos verschwundenen malaysischen Maschine wachsen unterdessen Ärger und Frust über die Informationspolitik der Behörden.

„In Ordnung, gute Nacht“

Der letzte Funkspruch aus dem Cockpit des vermissten Malaysia-Airlines-Flugzeugs war angeblich „In Ordnung, gute Nacht!“ Das sagte der malaysische Botschafter in Peking, Iskandar Sarudin, bei einem Treffen mit chinesischen Angehörigen der Passagiere am Mittwoch, wie die Zeitung „Straits Times“ aus Singapur berichtete. Zugeordnet wurde das Zitat demnach dem Piloten der Maschine, der die Worte beim Übergang vom malaysischen in den vietnamesischen Luftraum gesprochen haben soll.

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