Flug MH370 nur einer von vielen?
Malaysias Innenminister ist wütend. Zwei Passagiere hatten es mit von Europäern gestohlenen Pässen in die malaysische Boeing MH370 geschafft. Seit Samstag ist das Passagierflugzeug verschollen. Die Dokumente waren seit vielen Monaten als gestohlen gemeldet. Weder den Grenzbeamten noch den Mitarbeitern der Fluggesellschaft Malaysia Airlines scheint etwas aufgefallen zu sein.
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„Mir ist das ein Rätsel. Wie können sie nicht nachgedacht haben? Ein Italiener und ein Österreicher mit asiatischen Gesichtszügen?“, zitierte die Nachrichtenagentur Bernama Innenminister Datuk Seri Zahid Hamidi. Das Aussehen der Passagiere kenne man nun aufgrund eines Mitschnitts der Überwachungskamera.
Wenige Stunden später widersprach jedoch der Chef der Zivilluftfahrtbehörde, Azharuddin Abdul Rahman: „Wir haben die Videos untersucht und noch einmal untersucht, und auch die Fotos - wir gehen jetzt davon aus, dass die Männer keine asiatischen Gesichtszüge haben.“ Das Hin und Her unterstreicht das Chaos nach dem Unglück und lässt die Behörden wenig kompetent erscheinen.
China schickt eigenes Untersuchungsteam
2012 hatte die Grenzbehörde von Neuseeland die Airline aufgefordert, einen Malaysier nicht mit an Bord eines Fluges nach Auckland zu nehmen. „Der Mitarbeiter beim Check-in hatte eine geänderte Passnummer eingetragen und so unser System umgangen“, sagte anschließend ein Beamter in einer Mitteilung der Regierung in Wellington. Von solchen Pannen hört man auch in Peking gar nicht gerne. Gerade in China sinkt die Geduld mit den Fahndern in Malaysia. 154 Passagiere sind chinesische Staatsbürger.
Chinas oberste Staatsführung ist alarmiert und schickt ein eigenes Team von Experten nach Kuala Lumpur. Sie sollen beim Identifizieren der Verdächtigen helfen - und vermutlich auch die Arbeit ihrer malaysischen Kollegen prüfen. Auch Luftfahrtexperten in China sind besorgt. „Mit gestohlenen Pässen in einen internationalen Flug zu steigen ist ungewöhnlich. Die Sicherheitskontrollen sind sehr streng“, sagt Zhang Qihuai von der Universität für Recht und Politik in Peking. „Selbst am 11. September 2001 haben die Terroristen ihre richtigen Pässe benutzt.“
Interpol schäumt
Besonders die internationale Polizeiorganisation (Interpol) zeigt sich verärgert. Für Spekulationen über einen Zusammenhang zwischen den gestohlenen Pässen und dem Verschwinden der Maschine sei es zwar noch zu früh, teilte Generalsekretär Ronald Noble in einer Stellungnahme mit, „es ist aber höchst besorgniserregend, dass es überhaupt Passagiere gibt, die einen internationalen Flug mit als gestohlen registrierten Pässen antreten können.“
Die Pässe waren 2012 und 2013 in Thailand gestohlen worden und seitdem in der Interpol-Datenbank registriert. Ein Abgleich der Daten in Kuala Lumpur hätte die Täuschung wohl auffliegen lassen. „Seit Jahren fragt Interpol, warum Länder bis zu einer Tragödie warten, bis sie umsichtige Sicherheitsvorkehrungen an Grenzen und Gates an Flughäfen treffen“, kritisierte Noble. Lediglich eine Handvoll Länder auf der Welt kümmere sich darum, dass keine Passagiere mit gestohlenen Pässen internationale Flüge betreten können.
„Mach dir keine Sorgen. Ich bin nicht tot.“
Ein 37-jähriger Italiener war auf der Insel Phuket in Thailand, als ein Mann mit seinem gestohlenen Pass in die Boeing stieg. „Papa, mach dir keine Sorgen. Ich bin nicht tot“, erzählte er seinem Vater in Italien am Telefon, wie die Nachrichtenseite Meteoweb berichtete. Auch der Pass des Österreichers soll in Phuket gestohlen worden sein. Für Sicherheitsexperten kommt die Information nicht überraschend. Das Land hat seit zwei Jahrzehnten einen Ruf als Umschlagplatz für gestohlene Reisedokumente.

APA/EPA/Yongyot Pruksarak
Der Italiener Luigi Maraldi ist wohlauf
Banden aus Südostasien organisieren das Geschäft mit den Pässen in enger Kooperation mit Verbrechergruppen aus Europa, wie thailändische Ermittler berichteten. Die Interpol versucht mit ihrer Datenbank dagegenzuhalten. Diese wurde nach dem 11. September 2001 in den USA eingerichtet. Mittlerweile führt die Polizeiorganisation eine Liste mit mehr als 40 Millionen Einträgen. Zwar wird die Datenbank 800 Millionen Mal im Jahr aufgerufen, allerdings entfallen alleine auf die USA fast ein Drittel (250 Millionen) der Zugriffe, wie Interpol weiter mitteilte.
Stephan Scheuer, dpa
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