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Abgaben zehren Hälfte des Gehalts auf

Dass nur Spitzenverdiener in Österreich 50 Prozent Steuern zahlen, ist ein Mythos. Aus der Sicht von Firmen ist eine 50-prozentige Belastung der Löhne mit Steuern und Abgaben die Regel. Denn die Lohnnebenkosten verschlingen mittlerweile bereits die Hälfte von normalen Durchschnittseinkommen.

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Schon bei Monatseinkommen von brutto 3.000 Euro bleibt dem Mitarbeiter netto weniger als die Hälfte der Lohnkosten. Der falsche Eindruck entsteht, weil die Lohnnebenkosten der Arbeitgeber auf dem Gehaltszettel nicht aufscheinen und in der öffentlichen Diskussion in der Regel unter den Tisch fallen.

Gerade diese versteckten Nebenkosten sind aber bei Einkommen bis 5.000 Euro mit rund 30 Prozent des Bruttolohns besonders hoch. Danach sinken die Zusatzkosten der Arbeitgeber prozentuell: Bei 36.000 Euro Monatsgehalt (500.000 Jahresgage) - ab diesem Betrag soll künftig eine zusätzliche Besteuerung greifen - liegen sie „nur“ noch bei zwölf Prozent.

Sozialversicherungsabgaben gedeckelt

Zweiter Effekt, der die Belastung von hohen Einkommen dämpft, ist die Deckelung der Sozialversicherungsabgaben. Bis 4.530 Euro monatlich (63.420 Euro im Jahr) kostet die Sozialversicherung knapp 18 Prozent des Bruttoeinkommens, danach steigt sie aber nicht mehr. Bei einem Jahreseinkommen von 500.000 Euro macht der Sozialversicherungsabzug (konstant 11.370 Euro pro Jahr) daher nur mehr 2,2 Prozent aus.

Grafik zu Lohnnebenkosten

APA/ORF.at

Die höchste Abgabenquote liegt bei 5.000 Euro

„Irrwitzige“ Abgabenbelastung

Martin Grill, Geschäftsführer der Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterfirma ECOVIS Austria, nennt die Abgabenbelastung „irrwitzig“ - vor allem im internationalen Vergleich. Schon bei niedrigen Einkommen wird jeder zusätzliche Euro Gehalt zur Hälfte von Steuern und Abgaben aufgefressen. „In der Politik wird immer auf Höchstgehälter Bezug genommen, aber schon normale Durchschnittsgehälter sind betroffen“, kritisiert Grill.

Auch steigt die Belastung mit Steuern und Abgaben bis hinauf zu Spitzeneinkommen nicht mehr. Bei 36.000 Euro monatlich (500.000 Euro im Jahr) muss die Firma sogar prozentuell etwas weniger Abgaben veranschlagen. Denn die prozentuell höchste Abgabenquote gibt es bei einem Monatsbruttoeinkommen von 5.000 Euro: Von 100 Euro, die der Arbeitgeber ausgibt, bleiben dem Arbeitnehmer in dieser Einkommensklasse netto nur 47,2 Euro. Bei einem Einkommen von jährlich 500.000 Euro bleiben netto 48,85 Prozent, also um 1,65 Prozentpunkte mehr, übrig.

Auch niedrige Löhne stark belastet

Aus Sicht des Arbeitgebers gibt es also für Löhne ab 3.000 Euro monatlich (42.000 Euro im Jahr) keine Degression mehr - gleichsam eine sogenannte Flat Tax (inklusive Sozialversicherung). Und auch niedrigere Einkommen sind nur geringfügig weniger belastet: Bei einem Einkommen von gut 2.000 Euro brutto - das entspricht dem österreichischen Durchschnitt - bleiben netto auch nur 55 Prozent der Lohnkosten im Börsel.

Selbst bei einem an sich lohnsteuerfreien Einkommen von 1.000 Euro brutto im Monat sieht der Arbeitnehmer nur 62 Prozent der Ausgaben des Arbeitgebers auf dem Konto: Von den jährlich 14.000 Euro gehen 2.500 Euro an die Sozialversicherung, 4.470 Euro muss der Arbeitgeber für Nebenkosten drauflegen.

ÖGB skeptisch bei Lohnnebenkostensenkung

ÖGB-Präsident Erich Foglar fordert eine steuerliche Entlastung der Löhne und Gehälter. Das würde den Konsum ankurbeln und damit „dem Wirtschaftskreislauf einen ordentlichen Turbo geben“. „Wir brauchen daher dringend eine Steuerstrukturreform, die den Arbeitnehmern endlich mehr Netto vom Brutto lässt“, so Foglar am Donnerstag.

Die tags zuvor von WKÖ-Chef Christoph Leitl geforderte Senkung der Lohnnebenkosten sieht Foglar allerdings skeptisch: „Das könnte das Budget sehr wohl belasten. Senkt man etwa den Krankenversicherungsbeitrag, fehlen den Kassen Einnahmen, für die am Ende wieder der Staat geradestehen müsste, will man Leistungskürzungen vermeiden.“

Deloitte warnt vor Abwärtstrend bei Standortfrage

Nach den Warnungen Leitls und der Industriellenvereinigung vor einer abnehmenden Wettbewerbsfähigkeit des heimischen Standorts schlägt nun auch der Wirtschaftsprüfer Deloitte Alarm: Im internationalen Vergleich falle Österreich laut einer am Donnerstag präsentierten Studie kontinuierlich zurück und verspiele damit sein Zukunftspotenzial, hieß es. Die schlechteste Wertung erhielt der heimische Wirtschaftsstandort demnach im Bereich „Kosten“ mit nur einem Punkt, weil Österreich im internationalen Vergleich eine hohe Abgabenquote mit aufwendig administrierbaren Steuerregelungen habe.

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