Pistorius: Schlüsselzeugin wird weiter befragt

Am zweiten Tag des spektakulären Mordprozesses gegen den südafrikanischen Sprintstar Oscar Pistorius hat dessen Verteidigung die Befragung einer Schlüsselzeugin fortgesetzt.

Die Nachbarin von Pistorius, Michelle Burger, bekräftigte heute ihre Aussage vom Vortag, wonach sie in der Todesnacht von Pistorius’ Freundin Reeva Steenkamp eine Frau um Hilfe schreien gehört habe.

„Habe die Panik in der Stimme gehört“

„Die Ereignisse dieses Abends sind extrem traumatisierend für mich. Die Angst in der Stimme dieser Frau ist schwierig vor Gericht zu beschreiben. Ich habe die Panik in der Stimme dieser Frau gehört“, sagte Burger vor Gericht in Pretoria. „Ich habe nur meine Version anzubieten“, fügte sie hinzu.

Die Universitätsdozentin hatte bereits am Vortag berichtet, sie habe gegen 3.00 Uhr vier Schüsse gehört - das entspricht der Zahl der Schüsse, die Pistorius in der Nacht auf den Valentinstag vergangenen Jahres auf seine Freundin abgab. Pistorius hat angegeben, seine Freundin versehentlich erschossen zu haben. Nach seiner Darstellung gab es vorher keinen Streit, sondern er hielt sie für einen Einbrecher.

Anwalt: Pistorius klingt bei Angst wie Frau

Pistorius’ Verteidiger Barry Roux versuchte erneut, die Glaubwürdigkeit der Nachbarin infrage zu stellen. Während sie vier Schüsse gehört haben wolle, habe ihr Mann von fünf oder sechs berichtet. Die angeblichen Schüsse seien möglicherweise der Lärm gewesen, als Pistorius mit einem Cricketschläger seine Badezimmertür zertrümmert habe, nachdem ihm klar geworden sei, dass Steenkamp dahinter war.

Zudem bezweifelte Roux, dass Burger die Schreie einer Frau gehört habe. „Wenn Herr Pistorius sehr große Angst hat, klingen seine Schreie wie die einer Frau“, sagte der Anwalt.

Pistorius betet

Der an beiden Unterschenkeln amputierte Pistorius wirkte müde. Nachdem er im Gerichtssaal Platz genommen hatte, begann er zu beten. Der 27-Jährige, dem neben der „illegalen und vorsätzlichen Tötung“ seiner Freundin das Tragen und der Einsatz verbotener Waffen vorgeworfen werden, hatte zu Prozessbeginn auf nicht schuldig plädiert und erneut von einem „tragischen Unfall“ gesprochen.

Der Prozess soll drei Wochen dauern. Wegen des riesigen öffentlichen Interesses soll er zeitweise live im Fernsehen und Radio übertragen werden. In Pretoria sind Hunderte in- und ausländische Journalisten, um über den spektakulären Fall zu berichten. Pistorius droht im Fall eines Schuldspruchs eine Haftstrafe von bis zu 25 Jahren.