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„Falsche Seite der Geschichte“

Als Reaktion auf die Krim-Krise haben die USA die militärische Zusammenarbeit mit Russland auf Eis gelegt. Alle „militärischen Verbindungen“ seien gestoppt, teilte das Pentagon am Montag mit. US-Präsident Barack Obama drohte mit weiteren Strafmaßnahmen und sagte, Moskau habe sich „auf die falsche Seite der Geschichte“ gestellt.

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Wie ein Sprecher des Weißen Hauses betonte, habe Obama am Montagabend (Ortszeit) mehr als zwei Stunden mit seinen wichtigsten Ministern und Sicherheitsexperten beraten, um Wege zu finden, Russland zu isolieren. Das Einfrieren der Zusammenarbeit mit Russland betreffe bilaterale Treffen und Manöver, die Zwischenstopps von Schiffen sowie militärische Planungskonferenzen, teilte das Pentagon weiter mit. Russland müsse die russischen Streitkräfte auf der Krim in ihre Stützpunkte zurückrufen und für eine Entschärfung der Krise sorgen. Die US-Streitkräfte verfolgten die Entwicklung in dem Land genau und stünden in engem Kontakt mit ihren Verbündeten, hieß es weiter.

US-Präsident Barack Obama und der Nationale Sicherheitsrat der USA

APA/AP/The White House/Pete Souza

Obama bespricht im „Situation Room“ im Weißen Haus mit seinen wichtigsten Beratern die Ukraine-Krise

Ein Kreml-Berater droht den USA wiederum mit Konsequenzen, sollten diese Sanktionen gegen Russland verhängen. Sollte etwa die Regierung in Washington die Konten russischer Geschäftsleute und anderer Personen einfrieren, werde Moskau allen Haltern von US-Staatsanleihen empfehlen, diese zu verkaufen. Damit droht der Kreml, den US-Dollar als Währungsreserve aufzugeben. Das russische Finanzministerium teilte wenig später mit, es stoppe den Kauf von Fremdwährungen. Es begründete das damit, den eigenen staatlichen Reservenfonds wegen hoher Marktschwankungen auffüllen zu wollen.

Putin soll Truppenrückzug angeordnet haben

Russlands Präsident Wladimir Putin soll russischen Agenturberichten zufolge die in dieser Woche an Manövern unweit der Ukraine beteiligten Soldaten angewiesen haben, in ihre Stützpunkte zurückzukehren. Die Übungen seien erfolgreich gewesen, zitierten russische Agenturen einen Kreml-Sprecher am Dienstag. Die Manöver fanden im Westen Russlands in einem Gebiet statt, das an die Ukraine grenzt.

Nach russischer Darstellung hatten sie nichts mit den Vorgängen in dem Nachbarland zu tun. Die neue Führung in der Ukraine und der Westen befürchten jedoch ein militärisches Einschreiten Russlands. Die russische Börse reagierte mit deutlichen Kursgewinnen auf die Agenturberichte. Der Aktienindex MICEX stieg zur Eröffnung um 3,4 Prozent.

Karte zur Verteilung von russischsprachigen Ukrainern

APA/ORF.at

Kriegsschiffe passieren Bosporus

Unterdessen passierten zwei russische Kriegsschiffe den Bosporus in der türkischen Metropole Istanbul. Die beiden Schiffe der russischen Schwarzmeer-Flotte kamen vom Mittelmeer und waren auf dem Weg zum Schwarzen Meer. Es ist unklar, ob es sich um einen Routinevorgang handelt oder ob sie wegen der Ukraine-Krise zurückbeordert wurden.

Der US-Flugzeugträger „USS George H. W. Bush“ ging in Griechenland vor dem Hafen von Piräus vor Anker. Das berichtete das griechische Fernsehen am Dienstag. Die weiteren Ziele waren unbekannt. Militärexperten werteten die Präsenz des Flugzeugträgers als Versuch der USA, in der Region Flagge zu zeigen. Eine Einfahrt des mehr als 300 Meter langen Schiffes ins Schwarze Meer galt als unwahrscheinlich. Geschlossene Meere seien nicht für Flugzeugträgeroperationen geeignet, hieß es.

„Weite Bandbreite“

Sollte Russland seinen aktuellen Kurs fortsetzen, könnten „wirtschaftliche und diplomatische“ Maßnahmen zur Isolierung des Landes ergriffen werden, sagte Obama in Washington. Das US-Außenministerium prüft nach eigenen Angaben eine „weite Bandbreite“ von Sanktionen. Dazu zählen das Einfrieren von Vermögenswerten der russischen Elite und Visabeschränkungen. Auch russische Finanzinstitutionen könnte Washington ins Visier nehmen.

Der Westen hat seine Zusammenarbeit mit Russland in der G-8-Gruppe der führenden Industriestaaten bereits auf Eis gelegt. Die EU-Außenminister drohten nach einem Krisentreffen am Montag ebenfalls mit Sanktionen, sollte Moskau nichts zur Entschärfung der Situation unternehmen. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) bestätigte, dass die Verhandlungen über Visaerleichterungen und Gespräche zu einem Folgeabkommen zwischen der EU und Russland gestoppt werden könnten. Am Donnerstag will die EU bei einem Sondergipfel darüber beraten. Der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk wird am Donnerstag die Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel treffen.

Kerry in Kiew

Auch für Dienstag sind zahlreiche Treffen angesetzt, die sich mit der Krise befassen. In Brüssel tagt auf Antrag Polens der NATO-Rat, die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton trifft in Madrid den russischen Außenminister Sergej Lawrow. In Kiew will US-Außenminister John Kerry mit Vertretern der neuen ukrainischen Regierung, und führenden Parlamentariern zusammentreffen. Auch eine Delegation des Internationalen Währungsfonds (IWF) wird in Kiew erwartet. Das Team soll bis zum 14. März im Land bleiben. Die ukrainische Übergangsregierung hat den Bedarf an Finanzhilfen auf „mindestens 15 Milliarden Dollar“ für dieses Jahr beziffert.

Der russische UNO-Botschafter Witali Tschurkin

APA/EPA/Jason Szenes

Russlands UNO-Botschafter Witali Tschurkin zeigte den Janukowitsch-Brief

Moskau: Janukowitsch bat um Militärhilfe

Russland ließ am Montag eine Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrats in New York anberaumen, um seine Sichtweise der Entwicklung in der Ukraine darzustellen. Der russische UNO-Botschafter Witali Tschurkin präsentierte ein Schreiben, in dem der gestürzte ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch um Militärhilfe zur Wiederherstellung von Recht und Ordnung gebeten habe.

Die russische Minderheit werde wegen ihrer Sprache und aus politischen Gründen verfolgt, zitierte Tschurkin. „Unter dem Einfluss westlicher Länder“ gebe es „offene Akte von Terror und Gewalt.“ Die westlichen Sicherheitsratsmitglieder wiesen die Vorwürfe zurück. „Die russische Militäraktion ist keine Mission zum Schutz der Menschenrechte“, sagte etwa Washingtons UNO-Botschafterin Samantha Power.

Krim unter russischer Kontrolle

Die Krise nach dem Sturz Janukowitschs und das Eingreifen Russlands auf der Halbinsel Krim haben Befürchtungen vor einem Krieg in der Region ausgelöst. Putin ließ sich am Wochenende vom Parlament grünes Licht für eine militärische Intervention im Nachbarland geben. Laut übereinstimmenden Berichten wird die Krim bereits jetzt von russischen Truppen kontrolliert. Die ukrainischen Stützpunkte auf der Halbinsel sind blockiert; strategisch wichtige Orte werden von prorussischen Einheiten kontrolliert.

Die ukrainische UNO-Vertretung erklärte, dass Russland seit dem 24. Februar bereits rund 16.000 Soldaten auf die Krim verlegt habe. Zehn russische Kriegsschiffe würden den Zugang zum Schwarzen Meer blockieren. Die USA haben ihre militärische Präsenz in Europa und im Mittelmeer im Zuge der Krise nicht verändert. Das einzige Schiff der US-Marine, das sich derzeit im Schwarzen Meer befindet, ist die Fregatte „USS Taylor“. Sie liegt im Hafen der türkischen Stadt Samsun, nachdem sie Mitte Februar auf Grund gelaufen war.

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