„Nicht bereit, Menschen auszugrenzen“
Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) hat nicht erst seit seinem Herz-Jesu-Gelübde bei der Ministerangelobung den Ruf des Konservativen innerhalb der Partei. Umso überraschender kam sein Vorstoß für ein Adoptionsrecht für Homosexuelle. Er sei „nicht bereit, diese Menschen auszugrenzen“, bekräftigte er am Montag seine Position - auch gegen den Widerstand aus den eigenen Reihen.
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Es gebe gute Beispiele dafür, dass sich Kinder in homosexuellen Partnerschaften wohl fühlen können, sagte Rupprechter in einem Interview mit der Wochenendausgabe des „Standard“ und sorgte damit innerparteilich für Aufregung. Denn dort endet die Akzeptanz homosexueller Beziehungen bei der Eingetragenen Partnerschaft. Adoptionen für Homosexuelle lehnt die ÖVP strikt ab. Diese Position werde sich auch nicht ändern, so Vizekanzler Michael Spindelegger am Wochenende.
„In eine falsche Schublade eingereiht“
Angesprochen auf innerparteiliche Kritik an seinen Aussagen meinte Rupprechter: „Ich habe das nicht so empfunden, als ob mir jemand ins Gesicht gefahren ist. Zumindest habe ich keine Spuren.“ Er wolle seine Aussagen jedoch nicht als Forderung verstanden wissen, so Rupprechter. Er habe lediglich eine Frage eines Interviewers beantwortet. „Man hat mich vielleicht in eine falsche Schublade eingereiht. Man soll mit dem Schubladisieren aufpassen.“
Für manche sei es „vielleicht überraschend, dass ich mich in dieser Frage so geäußert habe“, so Rupprechter. In seinem familiären und persönlichen Umfeld „gibt es nicht wenige homosexuelle Menschen, die ich kenne und sehr lieb habe. Ich bin nicht bereit, diese außen vor zu lassen oder auszugrenzen“. Man müsse „diese Menschen annehmen und akzeptieren. Da geht es nicht um Toleranz, sondern um Akzeptanz.“ Er kenne homosexuelle Partnerschaften seit vielen Jahren, „wo sich Kinder wohl fühlen“.
Verweis auf Papst Franziskus
Er akzeptiere die ÖVP-Parteilinie, so Rupprechter, fordere aber zu einer Diskussion innerhalb der Partei auf. Er trete dafür ein, nicht „mit Dialog- und Diskussionsverweigerung zu operieren, sondern offen hineinzugehen“. Seinen Kritikern, die meinten, dass „das nicht mit meinen christlichen Wurzeln vereinbar“ sei, empfahl er „nachzulesen, was unsere oberste Autorität auf der Erde, in meiner Glaubensgemeinschaft Papst Franziskus, zur Frage der Homosexualität sagt: Wer bin ich, dass ich darüber urteile. Und wenn der Heilige Vater das sagt, gilt das für mich“, so Rupprechter.
Kukacka hat für Vorstoß kein Verständnis
Die heftigste Reaktion kam erwartungsgemäß von der Arbeitsgemeinschaft katholischer Verbände (AKV). Für das Aufwachsen von Kindern seien sowohl männliche als auch weibliche Rollenvorbilder wichtig, hieß es in einer Aussendung des AKV. Der ehemalige Verkehrsstaatssekretär und AKV-Präsident Helmut Kukacka hat für Rupprechters Ansichten kein Verständnis und sieht „keine gesellschaftliche Notwendigkeit“ für Adoptionen durch homosexuelle Paare, denn es gebe „mehr als genug Ehepaare und dauerhafte heterosexuelle Lebensgemeinschaften“, die oft vergeblich auf Adoptionskinder hoffen - mehr dazu in religion.ORF.at.
Ähnlich sieht das Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Eine ideale Form sei nach wie vor, dass „ein Kind bei Mutter und Vater in einer guten Beziehung aufwachsen kann“, sagte sie beim AAB-Tirol-Landestag gegenüber ORF-Tirol. ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel stellte am Samstag klar, dass die Parteimeinung nicht der von Rupprechter entspreche und auch nicht geändert werde.
Nicht alle auf ÖVP-Parteilinie
Doch nicht alle halten sich an die ausgegebene Parteilinie. So sieht der designierte steirische ÖVP-Landesrat Christopher Drexler Rupprechters Vorschlag durchaus für diskussionswürdig, und auch Tirols Bildungs- und Kulturlandesrätin Beate Palfrader (ÖVP) sieht die Notwendigkeit, auf eine geänderte Gesellschaft zu reagieren. „Eine sich verändernde Gesellschaft braucht mitunter auch neue Antworten. Man kann nicht von vornherein alle Themen tabuisieren. Man muss es ansprechen und nach Lösungen suchen.“
SPÖ und Grüne erfreut, FPÖ schockiert
Dafür bekommt der Umweltminister von anderer Seite Unterstützung. SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek zeigte sich von Rupprechters Aussagen erfreut und wolle mit der ÖVP dahingehend Gespräche aufnehmen. Auch die Grünen begrüßten Rupprechters Aussagen: „Dieser Vorstoß zeigt einmal mehr, dass auch die ÖVP die Zeichen der Zeit nicht mehr übersehen“, sagte Marco Schreuder, Bundessprecher der Grünen Andersrum. „Die Frage der Gleichstellung ist natürlich ein Thema, egal ob die ÖVP das will oder nicht.“
Für die FPÖ hingegen ist Rupprechters Aussage „einfach unfassbar“. Dabei handle es sich um eine „Forderung, die für die FPÖ niemals zur Debatte stehen darf“. Familiensprecherin Anneliese Kitzmüller sagte, der Landwirtschaftsminister solle sich „lieber darum kümmern, dass es den Bienen gutgeht“.
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