Drei Trophäen für McQueens Sklavenepos
Das Sklavendrama „12 Years a Slave“ ist bei der 86. Oscar-Verleihung zum besten Film gekürt worden. Das Werk des britischen Regisseurs Steve McQueen konnte damit insgesamt drei goldene Statuetten einheimsen. So waren zuvor bereits Lupita Nyong’o als beste Nebendarstellerin und das Drehbuch gewürdigt worden.
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„12 Years a Slave“ setzte sich damit gegen die ebenfalls hochgehandelten Favoriten „American Hustle“ und „Gravity“ durch. Aber auch Jean-Marc Vallees „Dallas Buyers Club“, Paul Greengrass’ „Captain Phillips“, Spike Jonzes „Her“, „Nebraska“ von Alexander Payne, „Philomena“ von Stephen Frears und Martin Scorseses „The Wolf of Wall Street“ blieben ungekrönt.

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Regisseur Steve McQueen beim Freudensprung vor seinem Team
McQueen dankte in seiner bewegten Ansprache der Crew, Brad Pitt und allen anderen Darstellern des Films. Auch seiner Mutter dankte er - gleich zweimal. Der Regisseur war sichtlich sehr überrascht und wohl der nervöseste Preisträger des Abends. Die Lehre, die man aus seinem Film ziehen könne, sei: Jeder verdiene es, zu leben - nicht nur zu überleben. McQueen erinnerte an Menschen, die heute noch in Sklaverei verharren müssen.
Nyong’o beste Nebendarstellerin
Aber die allergrößte Freude und die größte Überraschung, wie es sie bei jeder Oscar-Verleihung nur ein-, zweimal gibt, waren diesmal Nyong’o vergönnt. Die 31-jährige Kenianerin schrie nach der Bekanntgabe des Nebenrollen-Oscars laut „Yes“ und sagte im Gedenken an die Sklaven: „So viel Schmerz machte diese große Freude möglich.“ Sie dankte McQueen unter Tränen - und danach jedem einzelnen Mitarbeiter am Set und allen Familienmitgliedern. Jedem Kind auf dieser Welt richtete sie aus: „Egal woher du kommst, deine Träume sind etwas wert.“ Ihr Auftritt war wohl der emotionalste Moment des Abends.
Überreicht wurde ihr die Trophäe von Christoph Waltz, der beschwingt auf die Bühne schritt. Er fühlte sich dort merklich wohl - schließlich durfte er selbst in der Vergangenheit bereits zwei Oscars entgegennehmen. Waltz lächelte einnehmend und nannte die nominierten Nebendarstellerinnen „absolutely stunning“.
„Gravity“ räumte groß ab
Der Oscar in der Kategorie „Beste Regie“ ging an Alfonso Cuaron für „Gravity“ - und damit erstmals an einen Lateinamerikaner. Der Film habe ihn und viele der Crew verändert. Bei ihm habe sich die Veränderung vor allem in Form grauer Haare gezeigt. Cuaron bedankte sich bei seiner Familie - und bei den Hauptdarstellern Sandra Bullock und George Clooney. An seine Ehefrau richtete er spanische Worte.
Damit gewann „Gravity“ die meisten Trophäen des Abends. Der Film wurde für den besten Schnitt, den besten Ton, den besten Tonschnitt und die besten Spezialeffekte ausgezeichnet. Außerdem nahm „Gravity“-Kameramann Emmanuel Lubezki eine der begehrten goldenen Statuetten entgegen, und der Originalsoundtrack wurde ebenfalls ausgezeichnet. Der Film mit Clooney und Bullock in den Hauptrollen handelt von zwei Astronauten, die im Weltraum ums Überleben kämpfen. Bullock war auch als beste Hauptdarstellerin nominiert, ging aber leer aus.
McConaughey bester Hauptdarsteller
Matthew McConaughey wurde als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet. Er stellt in „Dallas Buyers Club“ einen erzkonservativen Cowboy und Draufgänger dar, der an Aids erkrankt. McConaughey bedankte sich wortreich bei Gott, bei seiner Familie, seinem verstorbenen Vater, der ihm gezeigt habe, was es heißt, ein Mann zu sein, bei seinen Kindern und seiner Frau. Erst gegen Ende seiner Rede war McConaughey zu Tränen gerührt. Er verabschiedete sich mit einem „Allright, allright, allright“.

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McConaughey mit seinem Oscar in der Kategorie „Bester Hauptdarsteller“
Jared Leto erhielt den Oscar als bester Nebendarsteller. Leto wurde ebenfalls für seine Leistung in „Dallas Buyers Club“ ausgezeichnet. Es ist der erste Oscar für den 42-Jährigen. Leto spielt in dem Aids-Drama einen Transvestiten. Leto bedankte sich bei seiner Mutter, die alleinerziehend war und ihm das Träumen beigebracht habe. Er stehe an diesem Abend für alle Menschen auf der Bühne, die den Kampf gegen Aids verloren haben.
Blanchett beste Hauptdarstellerin
Der Oscar für die beste Hauptdarstellerin ging an Cate Blanchett für ihre Rolle in Woody Allens „Blue Jasmine“. Blanchett bedankte sich bei Allen ausdrücklich. Der Regisseur steht unter dem Verdacht des Kindesmissbrauchs. Er weist die Vorwürfe zurück. Blanchett ehrte in ihrer Ansprache vor allem ihre Mitnominierten Amy Adams („American Hustle“), Bullock („Gravity“), Judi Dench („Philomena“) und Meryl Streep („August: Osage County“).
Auslandsoscar für „La Grande Bellezza“
Nach 15 Jahren ging der Oscar in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ wieder nach Italien: „La Grande Bellezza“ von Regisseur Paolo Sorrentino wurde wie erwartet der Auslandsoscar zuerkannt. Insgesamt ging die Trophäe bereits zum elften Mal an Italien, das sich damit deutlich von Frankreich mit neun Gewinnen absetzt.
Der Abgesang auf die römische Gesellschaft war zuvor schon beim Europäischen Filmpreis und den Golden Globes gewürdigt worden. Der 43-jährige Sorrentino porträtiert in „La Grande Bellezza“ anhand seiner Hauptfigur Jep Gambardella die italienische High Society, die ihre besten Tage allerdings schon lange hinter sich hat.
Kein Vergleich mit Benigni
Sorrentino bedankte sich hastig und mit starkem italienischen Akzent bei der Academy und seinen Schauspielern, bei seinen Vorbildern Federico Fellini und dem anwesenden Martin Scorsese, bei seiner Frau, seinem Bruder und schließlich, unvermeidlich, auch seiner Mutter: „Thank you very much.“ Sorrentinos Auftritt war nicht ohne Charme, von der Emotionalität Roberto Benignis, der 1998 den Oscar für „La vita e bella“ erhalten hatte, jedoch denkbar weit entfernt.
Die Oscar-Comedy von DeGeneres
Gastgeberin Ellen DeGeneres, die die Verleihung bereits 2007 moderiert hatte, holte zwar in ihrem Eröffnungsmonolog zum üblichen Rundumschlag auf Kosten der Nominierten aus. „Ihr habt zusammen schon über 1.400 Filme gemacht - und seid zusammen sechs Jahre aufs College gegangen“, beschied die 56-Jährige ihren Kollegen, die sie wiederholt im Zuschauerraum begrüßte. Dort verteilte sie Pizza unter den Stars, schenkte Bradley Cooper nach der verlorenen Nebendarsteller-Kategorie ein Lotterieticket als Trostpreis und knipste mit u. a. Meryl Streep, Brad Pitt und Angelina Jolie ein „Selfie“, das daraufhin auf Twitter in nicht einmal einer Stunde mehr als 1,3 Millionen Mal geteilt wurde.
TV-Hinweis
„Kultur.montag“ berichtet am Montag ab 22.30 Uhr in ORF2 über die Highlights der Oscar-Nacht.
Hatte ihr Vorgänger Seth MacFarlane 2013 noch weibliche Nacktheit im Film mit einer eigenen Gesangseinlage angepriesen, wagte DeGeneres mit einer Anspielung auf Jonah Hills Masturbationsszene in „The Wolf of Wall Street“ nur einen Witz unter der Gürtellinie. „Du hast uns etwas gezeigt, das ich schon sehr, sehr lange nicht mehr gesehen habe“, so die lesbische Komikerin.
Von Bette Midler bis Karen O.
Bei der Gala selbst wurde heuer auf Schlichtheit gesetzt und auf einen spektakulären Eröffnungsauftritt oder pausenfüllende Gesangsnummern und Musical-Medleys verzichtet. Kurze Filmcollagen widmeten sich realen und animierten „Helden“ des Kinos, Popsängerin Pink - und nicht die Kinder von Judy Garland, wie im Vorfeld spekuliert - zollte dem Klassiker „Der Zauberer von Oz“ mit ihrer Interpretation von „Somewhere Over the Rainbow“ Tribut. Bette Midler sang im Anschluss an die traditionelle Würdigung der kürzlich verstorbenen Künstler ihren Hit „Wind Beneath My Wings“.

APA/EPA/Michael Yada
Eine der Showeinlagen: Karen O. mit einem Song aus dem Film „Her“
Die Nominierten für den besten Song, darunter U2 mit „Ordinary Love“ aus „Mandela: Long Walk to Freedom“, Pharrell Williams mit buntem Auftritt seines Hits „Happy“ (aus „Despicable Me 2“) und Yeah-Yeah-Yeahs-Sängerin Karen O. mit dem „Moon Song“ (aus „Her“) rundeten das musikalische Programm ab.
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