Hartnäckiger Verteidiger für Pistorius
Im Mordprozess gegen Oscar Pistorius will die Staatsanwaltschaft nachweisen, dass der südafrikanische Paralympics-Star am 14. Februar 2013 mit Absicht seine Freundin Reeva Steenkamp erschossen hat. Die wichtigsten Protagonisten dieses spektakulären Prozesses - abgesehen vom Angeklagten selbst:
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Die 66-jährige Thokozile Matilda Masipa (66 Jahre) leitet das Verfahren. 1988 war sie die zweite schwarze Frau, die im rassistischen Apartheid-System zur Richterin ernannt wurde. Sie hat Erfahrungen mit schwierigen Fällen, etwa mit Verfahren gegen Schwerkriminelle oder Staatsunternehmen. Schon zweimal verurteilte sie Männer wegen Gewalttaten gegen Frauen zu lebenslanger Haft. Sie arbeitete früher auch als Sozialarbeiterin und Kriminalreporterin.
Der leitende Staatsanwalt Gerrie Nel, Ex-Chef der Antikorruptionseinheit Scorpions, ist wegen seiner Hartnäckigkeit und seiner brillanten Rhetorik gefürchtet. Er vertrat die Anklage schon oft erfolgreich in aufsehenerregenden Prozessen wie gegen den Ex-Polizeichef Südafrikas und Ex-Interpol-Chef Jackie Selebi. Selbst als Nel dabei grundlos vor den Augen seiner Kinder von 20 Polizisten festgenommen wurde, blieb er unbeirrt. Selebi wurde wegen Korruption zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt.
Verteidiger und PR-Strategin
Barry Roux verteidigte schon in der Apartheid-Zeit Prominente, zum Beispiel den damaligen Polizeichef Lothar Neethling. Später vertrat er Wirtschaftsbosse wie Minenchef Roger Kebble und den Ex-Boss des Fußballclubs Glasgow Rangers, Dave King, beide wegen Steuerbetrugs angeklagt. Schon vor dem Pistorius-Untersuchungsrichter zerpflückte Roux erfolgreich Vorwürfe der Ermittlungsbehörden. Der damalige Chefermittler gestand im Kreuzverhör, dass es am Tatort keine klaren Indizien für einen Mord gegeben habe.
Die renommierte Ex-Journalistin Anneliese Burgers trägt die Verantwortung für Pistorius’ Medienstrategie und Öffentlichkeitsarbeit. Sie war früher als investigative Reporterin tätig, beschäftigte sich unter anderem mit den Gräueltaten in der Apartheid-Zeit. 2007 gründete sie die Kommunikationsagentur Storytelling Agency, die vor allem für Unternehmen wie Coca-Cola, BMW und Apple tätig ist. Sie ist spezialisiert auf „überzeugendes Geschichtenerzählen“ und „abgestimmte Kommunikationsstrategien“.
Auch Familien im Fokus der Medien
Sowohl der Onkel des Angeklagten, Arnold Pistorius, als auch sein Bruder Carl Pistorius sind als Zeugen geladen. Mit beiden hatte der Angeklagte am Morgen der Tat Kontakt. Er war vor einem Jahr nach seiner Freisetzung auf Kaution in das Haus seines Onkels in Pretoria gezogen. Sein Bruder wurde 2013 vom Vorwurf des Totschlags freigesprochen. Er hatte 2008 mit seinem Auto bei einem Unfall einen Motorradfahrer getötet.
Die Eltern der Getöteten, Barry (70) und June Steenkamp (67), wollen dem Prozess beiwohnen. Sie sind nach dem Tod ihrer Tochter, die als Model viel Geld verdiente, laut „Saturday Star“ in finanziellen Nöten. Das Paar musste sein Haus in Port Elisabeth deshalb aufgeben. Die Pistorius-Anwälte und die Steenkamps verhandeln derzeit außergerichtlich über eine Entschädigung für die Eltern. Die Steenkamps verlangen südafrikanischen Medien zufolge zwei Millionen Rand (134.000 Euro) für Interviews.
Ermittler und Spezialisten am Wort
Hilton Botha war der Chefermittler unmittelbar nach der Tat im Haus von Pistorius. Er wurde wegen einer Mordanklage suspendiert. Botha hatte 2011 auf einen Minibus geschossen, in dem er Mordverdächtige vermutete. Botha wurde freigesprochen und arbeitet nun als Privatdetektiv. Er hatte bei den ersten Anhörungen vor Gericht mehrere Pannen bei der Spurensicherung und anderen Ermittlungen im Fall Pistorius zugegeben.
17 Forensiker hat die Staatsanwaltschaft als Zeugen genannt. Aber auch die Verteidigung hat eigene Forensikspezialisten aus den USA engagiert. Zum Verteidigungsteam gehören auch bekannte südafrikanische Forensiker wie Roger Dixon und Reggie Perumal. Die Verteidigung hatte laut „Times“ vergeblich den US-Star-Forensiker Henry Lee um Mitarbeit gebeten - dessen Aussage im spektakulären Prozess um O. J. Simpson (1995) hatte entscheidend zum Freispruch des Footballstars beigetragen.
Schlammschlacht droht
Pistorius’ frühere Freundin Samantha Taylor soll als Zeugin der Anklage über den Umgang des Angeklagten mit Waffen aussagen. Taylor war im September 2011 im Auto, als Pistorius laut Staatsanwalt auf offener Straße mit einer Neun-Millimeter-Pistole durch das Sonnendeck seines Autos schoss. Der südafrikanische Ex-Nationalfußballspieler Mark Bachelor wird als Zeuge aufgerufen, um über einen heftigen Streit mit Pistorius über eine Frau zu berichten. Dabei soll der behinderte Athlet Bachelor mit Gewalt gedroht haben.
Die Anklage will mit der Aussage des Boxers Kevin Lerne nachweisen, dass Pistorius schon mehrfach unberechenbar mit Waffen umgegangen sei. Lerne hatte ausgesagt, Pistorius habe im Jänner 2013 bei einem Mittagessen in einem Restaurant in Johannesburg aus Versehen eine Waffe unter dem Tisch abgefeuert. Ein Freund von Pistorius soll damals knapp verfehlt worden sein. Vor allem Zeugenaussagen der Nachbarn sollen laut Staatsanwalt belegen, dass es in Pistorius’ Haus in der Tatnacht heftigen Streit gab. Mehrfach habe eine Frau geschrien.
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