Gegen „internationale Abkommen“
Der ukrainische Innenminister Arsen Awakow hat der russischen Armee einen „bewaffnete Einmarsch“ auf der Krim vorgeworfen. Er werte die jüngsten Ereignisse auf der Halbinsel zudem als „Besatzung“, schrieb Awakow am Freitag auf seiner Facebook-Seite. In der Nacht waren Bewaffnete in den Flughafen der Krim-Hauptstadt Simferopol eingedrungen.
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Nach Angaben von Awakow blockieren „bewaffnete Einheiten“ der russischen Schwarzmeer-Flotte zudem den Flughafen Belbek bei Sewastopol, wo die Flotte stationiert ist. Die Soldaten trügen zwar keine Erkennungszeichen, schrieb der Übergangsminister. Ihre „Zugehörigkeit“ zur russischen Armee hätten sie jedoch nicht versteckt, so Awakow. Der amtierende ukrainische Präsident Alexander Turtschinow berief ein Dringlichkeitstreffen der Sicherheitschefs wegen der Lage auf der Krim ein. Zudem forderte das ukrainische Parlament die UNO auf, eine Sitzung des Sicherheitsrats einzuberufen.
Appell an USA und Großbritannien
Zudem wurden die USA und Großbritannien aufgefordert, die Souveränität der Ukraine zu garantieren. In einer Entschließung forderten die Abgeordneten in Kiew am Freitag die Unterzeichnerstaaten des Budapester Memorandums auf, ihre Sicherheitsgarantien für die Ukraine zu „bestätigen“ und mit sofortigen Verhandlungen zu einem Abbau der Spannungen beizutragen. Im Budapester Memorandum von 1994 hatten sich die USA, Großbritannien und Russland verpflichtet, die Unabhängigkeit und die bestehenden Grenzen der Ukraine zu garantieren.
Russland wollte „Blutbad provozieren“
Es habe vorerst zwar keine bewaffnete Auseinandersetzung gegeben, erklärte Turtschinow. Der Flughafen, auf dem ukrainische Soldaten und Grenzschützer stationiert seien, sei aber lahmgelegt. Auch die rund 120 bewaffneten Eindringlinge auf dem Flughafen von Simferopol seien russische Soldaten gewesen. Es handle sich um „Terroristen, die unter russischer Flagge operieren“. Mit diesen Aktionen verletze Russland „alle internationalen Abkommen und Regeln“, schrieb der Übergangsminister. Auf der Krim solle offensichtlich ein „Blutbad provoziert“ werden.

APA/AP/Andrew Lubimov
Der Betrieb geht laut letzten Angaben des Flughafens Simferopol normal weiter
Die russische Schwarzmeer-Flotte bestritt einem Bericht zufolge eine Beteiligung an der Besetzung des Militärflughafens in Sewastopol. Die Soldaten seien nicht in das Gebiet um den Flughafen vorgedrungen und hätten ihn auch nicht blockiert, zitierte die russische Nachrichtenagentur Interfax einen Militärsprecher.
Patrouillen auf Flughafengelände
An der Besetzung des (Zivil-)Flughafens Simferopol sind nach Angaben von Agenturen etwa 50 Personen beteiligt. Zunächst war berichtet worden, dass die Gruppe den Flughafen wieder verlassen habe, nachdem sie keine ukrainischen Soldaten angetroffen hätten. Später hieß es jedoch, bewaffnete Männer hätten mit Sturmgewehren die Kontrolle über den Flughafen der Stadt übernommen. Demnach sollen sie auf dem Gelände patrouillieren. Laut den Angaben betraten sie auch den Kontrollturm.
Die Bewaffneten stehen auch vor dem Passagierterminal, lassen aber Reisende ungehindert hinein und hinaus. Einer der Männer sagte, sie würden einen normalen Flugbetrieb erlauben. Die Männer seien in Fahrzeugen ohne Kennzeichen auf dem Flughafen vorgefahren. Sie hätten russische Fahnen dabeigehabt, sagte ein Flughafensprecher der Agentur Interfax. Mittlerweile würden Flugzeuge wie geplant landen und abheben, zitierte die russische Staatsagentur RIA Nowosti eine Mitarbeiterin des Flughafens.
Ukraine „kontrolliert Flughäfen“
Nach eigenen Angaben hat die ukrainische Regierung die volle Kontrolle über die beiden betroffenen Flughäfen. Es habe einen Versuch gegeben, die Airports zu besetzen, sagte der Chef des Nationalen Sicherheitsrates, Andrej Parubij. Die mutmaßlichen Angreifer hätten allerdings Checkpoints auf den Zufahrtsstraßen eingerichtet. „Aber faktisch kontrollieren ukrainische Sicherheitskräfte die Flughäfen“, sagte Parubij laut Berichten ukrainischer Medien.
Krim stimmt über Autonomie ab
Generell gilt die Krim nach dem Machtwechsel in der Ukraine als Brennpunkt: So sprach sich die prorussische Volksvertretung am Donnerstag für eine Volksbefragung über die Autonomie der Region aus. Zuvor hatte Bewaffnete die Gebäude von Regionalregierung und Parlament besetzt. Auf dem Dach wehte die russische Flagge, als die Abgeordneten des Regionalparlaments die Auflösung der Regionalregierung beschlossen. Wie viele Abgeordnete teilnahmen, war unklar.
Gleichzeitig wurde ein Referendum über den künftigen Status der Krim-Halbinsel am 25. Mai beschlossen - am Tag, an dem die landesweite Präsidentschaftswahl stattfindet. Auf der russisch dominierten Krim ist man über die Vorgänge in Kiew zutiefst erbost. „Durch die verfassungswidrige Machtübernahme in der Ukraine von radikalen Nationalisten und mit Unterstützung bewaffneter Banden sind Friede und Ruhe auf der Krim gefährdet“, sagte eine Parlamentssprecherin.
Vermittlungsversuche auf Krim
Nun liegt es am neuen Regierungschef Arseni Jazenjuk, wie die Ukraine mit den Abspaltungstendenzen umgeht. Noch am Donnerstag schickte er den interimistischen Präsidenten Alexander Turtschinow auf die Halbinsel, um zu vermitteln. In Kiew wird Jazenjuks Koalition Europäische Wahl breite Zustimmung entgegengebracht, ganz anders ist hingegen die Situation auf der Krim, wo die Menschen gegen die Entmachtung des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch protestieren.

APA/ORF.at
Am Donnerstag besetzten bewaffnete Männer das Regionalparlament und Regierungsgebäude. In der Früh zerschossen etwa 30 Männer die Eingangstüren und verschafften sich Zugang, wie ein Mitarbeiter der Behörden sagte. Zu Mittag ließen sie die Abgeordneten in das Gebäude und ermöglichten so die außerordentliche Sitzung. Die Gruppe bezeichnet sich als Selbstverteidiger der russischsprachigen Bevölkerung der Krim.
Ukraine hofft auf IWF-Milliarden
Doch nicht nur die Situation auf der Krim könnte das neue Kabinett vor schwierige Aufgaben stellen, auch das Geld wird zunehmend knapp. Kommende Woche wird deswegen in der Ukraine eine Mission des Internationalen Währungsfonds (IWF) eintreffen. Das machte der Vorsitzende der ukrainischen Nationalbank (NBU), Stepan Kubiw, auf einer Pressekonferenz deutlich. „Die Verhandlungen mit dem IWF und anderen internationalen Finanzorganisationen verlaufen nach dem Stand von heute in einer sachlichen Atmosphäre“, betonte er.
EU erwägt höhere Hilfen
Nach den Worten des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier könnte die EU eine Milliarde Dollar zu einem ersten Hilfspaket beisteuern. Eine Summe in dieser Größenordnung haben auch die USA in Aussicht gestellt. Der IWF werde hoffentlich ebenfalls Gelder aus seinem Notfalltopf beisteuern, so Steinmeier.
Laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ plant EU-Währungskommissar Olli Rehn, das Hilfsangebot von 600 Millionen Euro gar um bis zu eine Milliarde aufzustocken. Einige EU-Mitgliedsländer hätten angekündigt, selbst etwas draufzulegen. So könnten bis zu vier Milliarden Euro zusammenkommen, berichtete das Magazin. Das wäre nah an der Summe, die die Ukraine als kurzfristigen Finanzbedarf benannt hatte.
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