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Weiter Patrouillen auf dem Gelände?

Eine Gruppe von etwa 50 Bewaffneten hat Freitagfrüh den Flughafen der Stadt Simferopol auf der ukrainischen Halbinsel Krim kurzzeitig besetzt. Wie der Sender Russia Today unter Berufung auf den Pressedienst des Flughafens im Kurznachrichtendienst Twitter berichtete, verließen die Eindringlinge das Gebäude wieder, nachdem sie keine ukrainischen Soldaten angetroffen hätten.

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In anderen Meldungen heißt es jedoch, bewaffnete Männer hätten mit Sturmgewehren die Kontrolle über den Flughafen der Stadt übernommen. Demnach sollen sie auf dem Gelände patrouillieren. Nach Angaben betraten sie auch den Kontrollturm. Die Bewaffneten stehen auch vor dem Passagierterminal, lassen aber Reisende ungehindert hinein und hinaus. Einer der Männer sagte, sie würden einen normalen Flugbetrieb erlauben. Unterdessen bezogen offenbar russische Soldaten am Rande des Militärflughafens in Sewastopol auf der Krim Stellung. Das berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax am Freitag.

Männer in Militäruniformen

Während der Besetzung des Flughafens Simferopol sei der Betrieb nicht beeinträchtigt worden, hieß es. Die Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine hatte berichtet, die Männer hätten Militäruniformen getragen. Augenzeugen hätten gesagt, die Bewaffneten hätten dieselbe militärische Kleidung getragen wie die Männer, die am Donnerstagvormittag die Gebäude von Parlament und Regionalregierung auf der Krim besetzt hatten.

Soldat und Passanten vor dem Flughafen Simferopol

APA/AP/Andrew Lubimov

Der Betrieb geht laut letzten Angaben des Flughafens Simferopol normal weiter

Ukraine wirft Russland Provokation vor

Die Männer seien in Fahrzeugen ohne Kennzeichen auf dem Flughafen vorgefahren. Sie hätten russische Fahnen dabeigehabt, sagte ein Flughafensprecher der Agentur Interfax. Mittlerweile würden Flugzeuge wie geplant landen und abheben, zitierte die russische Staatsagentur RIA Nowosti eine Mitarbeiterin des Flughafens. Ein Sprecher des Flughafens widersprach Berichten, dass es sich um eine Besetzung gehandelt habe.

Der ukrainische Innenminister Arsen Awakow warf Russland einen „militärischen Einmarsch“ und eine „Besatzung“ auf der Krim vor. Keine Seite habe bei der Besetzung der Flughäfen Waffen eingesetzt, teilte Awakow via Facebook mit. Doch es handle sich um eine „direkte Provokation“ auf dem Territorium eines unabhängigen Staates, betonte Awakow.

Krim stimmt über Autonomie ab

Generell gilt die Krim nach dem Machtwechsel in der Ukraine als Brennpunkt: So sprach sich die prorussische Volksvertretung am Donnerstag für eine Volksbefragung über die Autonomie der Region aus. Zuvor hatte Bewaffnete die Gebäude von Regionalregierung und Parlament besetzt. Auf dem Dach wehte die russische Flagge, als die Abgeordneten des Regionalparlaments die Auflösung der Regionalregierung beschlossen. Wie viele Abgeordnete teilnahmen, war unklar.

Gleichzeitig wurde ein Referendum über den künftigen Status der Krim-Halbinsel am 25. Mai beschlossen - am Tag, an dem die landesweite Präsidentschaftswahl stattfindet. Auf der russisch dominierten Krim ist man über die Vorgänge in Kiew zutiefst erbost. „Durch die verfassungswidrige Machtübernahme in der Ukraine von radikalen Nationalisten und mit Unterstützung bewaffneter Banden sind Friede und Ruhe auf der Krim gefährdet“, sagte eine Parlamentssprecherin.

Vermittlungsversuche auf Krim

Nun liegt es am neuen Regierungschef Arseni Jazenjuk, wie die Ukraine mit den Abspaltungstendenzen umgeht. Noch am Donnerstag schickte er den interimistischen Präsidenten Alexander Turtschinow auf die Halbinsel, um zu vermitteln. In Kiew wird Jazenjuks Koalition Europäische Wahl breite Zustimmung entgegengebracht, ganz anders ist hingegen die Situation auf der Krim, wo die Menschen gegen die Entmachtung des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch protestieren.

Karte zur Verteilung von russischsprachigen Ukrainern

APA/ORF.at

Am Donnerstag besetzten bewaffnete Männer das Regionalparlament und Regierungsgebäude. In der Früh zerschossen etwa 30 Männer die Eingangstüren und verschafften sich Zugang, wie ein Mitarbeiter der Behörden sagte. Zu Mittag ließen sie die Abgeordneten in das Gebäude und ermöglichten so die außerordentliche Sitzung. Die Gruppe bezeichnet sich als Selbstverteidiger der russischsprachigen Bevölkerung der Krim.

Säbelrasseln auf beiden Seiten

Angesichts der zunehmenden Spannungen warnte Kiew das Nachbarland Russland eindringlich vor Truppenbewegungen auf der Krim. Sollten sich Angehörige der Schwarzmeer-Flotte unangemeldet außerhalb der festgelegten Zonen bewegen, werde das als „militärische Aggression“ gewertet, sagte Interimspräsident Turtschinow, der auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist. Die Ukraine lasse keine Verletzung ihrer Souveränität zu, sagte er bei einer Parlamentssitzung in Kiew.

Russland hatte am Vortag einen verstärkten Schutz seiner Schwarzmeer-Flotte angeordnet, die im Krim-Hafen Sewastopol stationiert ist. Gleichzeitig findet derzeit eine „dringliche Übung“ mit 150.000 Soldaten verschiedener Waffengattungen an der Grenze zur Ukraine statt. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen forderte am Donnerstag Russland auf, alles zu unterlassen, was zur Eskalation der Lage in der Ukraine oder zu Missverständnissen führen könnte.

Ukraine hofft auf IWF-Milliarden

Doch nicht nur die Situation auf der Krim könnte das neue Kabinett vor schwierige Aufgaben stellen, auch das Geld wird zunehmend knapp. Als einen ersten Schritt richtete die neue Regierung deshalb einen Hilfsapell an den Internationale Währungsfonds (IWF). „Wir haben den IWF gebeten, Experten zu schicken“, bestätigt der Neo-Finanzminister Alexander Schlapak. IWF-Chefin Christine Lagarde teilte am Donnerstag in Washington mit, dass Experten des Währungsfonds in den kommenden Tagen zu einem „vorbereitenden Dialog“ nach Kiew reisen würden.

Zuletzt hing die Ukraine finanziell am Tropf der Regierung in Moskau, die ihre Hilfen wegen der politischen Umwälzungen allerdings eingefroren hat. Es gehe um Hilfsgelder in der Höhe von 15 Mrd. Dollar (elf Mrd. Euro), erklärte Schlapak. Die Übergangsregierung in Kiew bezifferte den Finanzbedarf in den kommenden zwei Jahren auf 35 Mrd. Dollar (25 Mrd. Euro).

Der OSZE-Vorsitzende und Schweizer Bundespräsident Didier Burkhalter hat am Donnerstag angekündigt, der OSZE-Sondergesandte Tim Guldimann und die OSZE-Hochkommissarin für nationale Minderheiten Astrid Thors würden in den nächsten Tagen in die Krim reisen.

Janukowitsch meldet sich zurück

Und auch Janukowitsch meldete sich am Donnerstag wieder zu Wort und bekräftigte in einer schriftlichen Meldung seinen Anspruch auf das Präsidentenamt. Er sei nach wie vor der Präsident der Ukraine, die Entscheidungen des Parlaments in Kiew seien illegal, sagte Janukowitsch laut Berichten russischer Nachrichtenagenturen. Mittlerweile dürfte er in Russland Zuflucht gefunden haben. Für Freitag kündigte er eine Pressekonferenz in der russischen Stadt Rostow am Don an.

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