Details zu vereiteltem Fluchtversuch
Bis Samstagfrüh war er noch Präsident der Ukraine - ab dem Nachmittag war er auf der Flucht. Viktor Janukowitsch und Mitglieder seiner Regierung versuchten sich laut Opposition ins Ausland abzusetzen. Janukowitsch wollte offenbar am Samstag mit einer Privatmaschine nach Russland fliegen. Nun gibt es immer mehr Details von Grenzschützern, die die Flucht nach eigenen Angaben verhindert haben.
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Janukowitsch habe auf dem Flughafen von Donezk, seiner Heimatstadt im überwiegend russischsprachigen Teil der Ukraine, versucht, ein Flugzeug nach Russland zu besteigen, sagte der Sprecher des Grenzschutzes, Sergej Astachow, am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP. Bewaffnete Männer hätten Geld geboten, um eine Starterlaubnis für die Privatmaschine zu bekommen. Das sei von den Beamten aber abgelehnt worden.
Flugfeld mit Fahrzeug verlassen
Wenig später seien zwei gepanzerte Fahrzeuge zum Flugzeug gerollt, sagte Astachow weiter. Janukowitsch sei in eines von ihnen gestiegen und habe den Flughafen verlassen. Während einer Parlamentssitzung am Sonntag verlangten Abgeordnete, Aufschluss über Janukowitschs Aufenthaltsort zu erhalten. Doch eine Antwort erhielten sie zunächst nicht.

EBU
Überwachungskameras filmten Janukowitschs hastige Abreise aus Kiew
Übergangspräsident Alexander Turtschinow, ein Vertrauter der am Wochenende aus der Haft entlassenen Oppositionsführerin Julia Timoschenko, sagte, Janukowitsch halte sich in der östlichen Region Donezk „versteckt“. Die an Russland angrenzende Industrieregion ist die politische Machtbasis Janukowitschs. Bereits am Freitag war er Hals über Kopf aus Kiew abgereist - Video dazu in iptv.ORF.at.
Schutz durch Oligarchen in Donezk?
Dort könnte er auf den Schutz des örtlichen Oligarchen Rinat Achmetow hoffen. Der reichste Mann der Ukraine ist Hauptgeldgeber der Janukowitsch-Partei. Allerdings dürfte Achmetow auch daran gelegen sein, sich mit den neuen Machthabern gut zu stellen, um seine Geschäfte nicht zu gefährden. Janukowitsch fallenzulassen sei dafür die beste Möglichkeit, sagte der Kiewer Politikwissenschaftler Wolodimir Fesenko. „Selbst Donezk ist für Janukowitsch kein sicheres Pflaster mehr.“
Janukowitschs Partei der Regionen warf dem abgesetzten Präsidenten unterdessen „kriminelle Handlungen“ vor und sagte sich von ihm los. Janukowitsch habe die Ukraine „verraten“ und das Land an den „Rand des Abgrunds“ geführt.
Minister auf der Flucht
Generalstaatsanwalt Viktor Pschonka und dem für Steuern zuständigen Minister Alexander Klimenko ging es auf dem Donezker Flughafen nicht anders als Janukowitsch, zu dessen Lager sie gehören. Übereinstimmenden Angaben zufolge versuchten sie dort vergeblich, sich „ins Ausland“ abzusetzen. Ihre Leibwächter schossen demnach auf Grenzschützer, so dass ihnen vorerst die Flucht gelang. Der neue Übergangsinnenminister Arsen Awakow sagte, auch sein vom Parlament abgesetzter Vorgänger Witali Sachartschenko und andere Minister seien auf dem Flughafen von Donezk „gesehen worden“.
Weißrussland als letzte Möglichkeit?
Der Oppositionspolitiker Witali Klitschko sagte, er habe mit dem weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko telefoniert und ihn gebeten, Sachartschenko und den Janukowitsch nahestehenden Oligarchen Sergej Kurtschenko an die Ukraine auszuliefern. Lukaschenko habe aber versichert, dass sich die beiden nicht in Weißrussland befänden.
Weißrussland gilt auch - abgesehen von Gerüchten über die Vereinigten Arabischen Emirate - als mögliches Fluchtziel von Janukowitsch. Das Land hatte 2010 auch dem gestürzten kirgisischen Staatschef Kurmanbek Bakijew Zuflucht gewährt. Russland würde den ukrainischen Ex-Präsidenten wohl kaum noch mit offenen Armen empfangen. Die russische Führung hatte in den vergangenen Tagen zunehmenden Unmut erkennen lassen. Am Donnerstag sagte Ministerpräsident Dimitri Medwedew, sein Land wolle nicht mit einer ukrainischen Führung zusammenarbeiten, auf der das Volk „herumtrampelt wie auf einer Fußmatte“.
Gerücht: Janukowitsch auf der Krim
Am Montag tauchten aber auch Gerüchte auf, Janukowitsch sei in Sewastopol auf der Halbinsel Krim gesehen worden. Ein Parlamentarier sagte sogar, er habe gehört, Janukowitsch sei dort festgenommen worden. Das Innenministerium betonte dagegen, man wisse nichts von einer solchen Festnahme.
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