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Heimische Banken halten rund 750 Mio.

Die Krise in der Ukraine hat auch starke Auswirkungen auf die Wirtschaft des Landes. Die US-Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) warnte am Freitag vor einer Staatspleite. Das Finanzministerium musste eine geplante Anleiheemission kurzfristig abblasen, nachdem es zum dritten Mal binnen Wochen ein Downgrading gab und Staatsanleihen nun auf „CCC“ stehen - bei nochmals negativem Ausblick, also knapp vor einem Zahlungsausfall.

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Österreichische Banken sind laut Medieninformationen mit einer Dreiviertelmilliarde in ukrainischen Staatsbonds engagiert. Wegen der Kämpfe schießen die Kosten für Credit Default Swaps, mit denen sich Inhaber von ukrainischen Anleihen vor einem Staatsbankrott absichern, in die Höhe. Laut „Presse“ hält die Bank Austria ukrainische Staatsanleihen im Volumen von 220 Mio. Euro. Bei der Raiffeisen Bank International sind es 534 Millionen.

Verkaufsüberlegungen für Töchter auf Eis

Die Lage in der Ukraine zwingt nun in Österreich Raiffeisen und Bank Austria, ihre Verkaufsüberlegungen für die Ukraine-Banken auf Eis zu legen. Das verlautete am Freitag aus informierten Branchenkreisen in Wien zur APA. Banken in der Ukraine seien derzeit jedenfalls unverkäuflich. Hält die Krise an, sind noch weitere teure Abschreibungen fällig. Aber schon davor hat die Wirtschaftskrise in dem Land den heimischen Bankern Sorgenfalten auf die Stirn getrieben. Hinter vorgehaltener Hand heißt es, das schlechte wirtschaftliche Umfeld sei das größere Problem als die politische Gewalt.

Töchter bereiten Probleme

Die börsennotierte Raiffeisen Bank International (RBI) hatte ihre Verkaufsgespräche für die ukrainische Tochter Aval gerade erst begonnen, als erste Unruhen aufflammten. Ende des Jahres 2013 zählte Raiffeisen in der Ukraine rund 13.500 Mitarbeiter. Sie betreut dort etwa drei Millionen Kunden. Die Bank wurde bereits einem Sparprogramm unterzogen.

Bei der UniCredit-Tochter Bank Austria ist es kein Geheimnis, dass sie ihre ukrainische Ukrsotsbank bei Gelegenheit liebend gern abstoßen würde, ein Startschuss für Verkaufsgespräche ist bisher aber nicht erfolgt. Er wird auch so bald nicht erwartet. Diese Bank wurde 2007 für damals fast zwei Mrd. Dollar (1,5 Mrd. Euro) gekauft. In den vergangenen Jahren musste der Firmenwert teuer abgeschrieben werden.

Mit einem blauen Auge davongekommen ist die Erste Group: Sie hatte ihre verlustreiche kleine Ukraine-Tochter vor einem Jahr verkauft. Aus Italien hat die Intesa ebenfalls zum Rückzug aus der Ukraine geblasen. Im Jänner gab Intesa den Verkauf ihrer Ukraine-Operation an eine in Wien registrierte Gesellschaft des ukrainischen Oligarchen Dimitri Firtasch bekannt.

Unternehmen erwägen Rückzug

Österreichische Unternehmen erwägen den Rückzug aus der Ukraine. Die Lage in dem osteuropäischen Land sei äußert angespannt, und auch das Wirtschaftsleben komme zum Erliegen, sagte der stellvertretende österreichische Wirtschaftsdelegierte in Kiew, Siegfried Weidlich, am Donnerstag der APA.

Anlass für den möglichen Rückzug österreichischer Firmen ist nach Ansicht Weidlichs nicht unbedingt die jüngste Eskalation der Gewalt, sondern hauptsächlich der Einbruch des ukrainischen Wirtschaftswachstums und der Industrieproduktion sowie der ausländischen Investitionen in den vergangenen Jahren.

Frustration und Rechtsunsicherheit

Seit der Krise im Jahr 2008 habe sich auch die Frustration über Rechtsunsicherheit im Geschäftsleben bei ausländischen Firmen verstärkt. Für Irritationen und den Anstoß zum Abzug habe vielerorts aber letztlich die Nicht-Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der EU durch Präsident Viktor Janukowitsch gesorgt - die Weigerung löste auch die aktuelle Welle der Proteste aus.

Fünftgrößter Investor in der Ukraine

Österreich unterhielt in den vergangenen Jahren enge wirtschaftliche Beziehungen mit der Ukraine und ist mit einem Volumen von 2,3 Milliarden Euro der fünftgrößte Investor dort. Nach Zahlen der Wirtschaftskammer sind mehr als 150 Unternehmen aus Österreich oder von Österreich aus in der Ukraine tätig, darunter etwa auch Produktionsbetriebe des Skiherstellers Fischer - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Laut Informationen der Wirtschaftskammer (WKÖ) ziehen die Firmen derzeit noch keine österreichischen Mitarbeiter aus der Ukraine ab. Im Zentrum Kiews, wo das Wirtschaftskammer-Büro liegt, seien aber fast alle Lokale und Geschäfte geschlossen, auch die U-Bahn fahre nicht mehr. „Kiew steht“, sagte Weidlich. Die Bedeutung der aktuellen Lage für die weitere Wirtschaftsentwicklung ist seiner Ansicht nach noch nicht abzusehen.

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