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Die Creme der Finanzwelt

Die Opposition will, dass Anleiheinvestoren der Krisenbank Hypo Alpe-Adria per Schuldenschnitt zur Kasse gebeten werden. IHS-Chef Christian Keuschnigg warnt davor: Würden staatliche Garantien nicht mehr eingelöst, sei das ein gewisser Staatsbankrott und die Handschlagqualität des Staates infrage gestellt. Welche Investoren auf Milliardenauszahlungen hoffen dürfen, ist indes kein Staatsgeheimnis.

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Unter Berufung auf Daten des Bloomberg-Finanzinformationssystems haben die „Presse“ und die ZIB2 aus Listen von Investoren zitiert. Jene Anteile, die von Banken und Fondsgesellschaften in Anleihefonds genommen werden, sind in dem System aufgelistet. Die Datensammlung dazu ist umfangreich, laut Zeitung findet sich darauf jedenfalls die Creme der nationalen und internationalen Banken- und Fondslandschaft.

Bundesanleihen zur Refinanzierung?

Die Anleihen im Volumen von noch rund zwölf Mrd. Euro, für die das Land Kärnten haftet, reifen zum allergrößten Teil 2017 ab, müssen also refinanziert werden. Weil die Hypo das voraussichtlich nicht kann, wird das nach Expertenmeinung wohl über bundesgarantierte Anleihen geschehen. Mit jeder Rückzahlung an die Anleihegläubiger wird also ein Stück der Kärnten-Haftung zum Steuerzahler transferiert.

Als Beispiel aus den Investorendaten nennt die „Presse“ einen Riesenbrocken: die im Jänner 2007 begebene Anleihe mit der Wertpapierkennnummer A0G0JA. Für deren Rückzahlung müssen, sofern die Hypo bis dahin nicht doch in die Pleite geschickt wird, am 24. Jänner 2017 rund fünf Mrd. Euro überwiesen werden.

Von BAWAG bis Raiffeisen

Diese finde sich nicht nur in Fonds internationaler Finanzgesellschaften wie BlackRock und Allianz sowie ausländischer Großbanken wie der Deutschen Bank und der UniCredit, sondern auch in denen österreichischer Kapitalanlagegesellschaften - etwa der BAWAG PSK Invest, der Raiffeisen KAG und der Oberösterreichischen Sparkasse. Auch Privatbanken seien dabei. Laut ZIB2 hält die teilstaatliche Volksbank AG (ÖVAG) Hypo-Anleihen im Umfang von 20 Mio. Euro mit Kärntner Landeshaftung. Die BAWAG PSK Invest könne im März mit einer Zahlung von 31 Mio. Euro rechnen.

Hypo-Anleihen gelten, so lange der Steuerzahler dafür geradesteht, als lukrativ. Die beschriebene Megaanleihe etwa sei mit 4,375 Prozent verzinst, die Zinsen würden jährlich überwiesen, zuletzt am 24. Jänner dieses Jahres. Weil die Anleihe wegen der heißen Hypo-Diskussion jetzt nur knapp über 90 Prozent des Nennwerts notiere, können Investoren, die jetzt zuschlagen, mit 6,2 Prozent Rendite rechnen, heißt es im Bericht. Vorausgesetzt, die Steuerzahler übernehmen die Rechnung.

Risiken klar aufgelistet

Die Hypo hat auch einige Anleihen im Ausland begeben: Zum Beispiel in der Schweiz - dort wird in diesem Oktober ein 400-Millionen-Paket fällig, das derzeit immerhin mit 5,4 Prozent rentiert. Größter Einzelhalter dieser Anleihe ist mit 14 Prozent die Schweizer Großbank UBS. Finanzexperten gingen davon aus, dass Hypo-Anleihen zuletzt in größerem Umfang auch von internationalen Hedgefonds spekulativ gehandelt wurden.

Die Ansicht, man müsse die Anleihen jedenfalls zu 100 Prozent bedienen, weil die Investoren „in gutem Glauben“ an die Wirksamkeit der Kärntner Landeshaftung gekauft hätten, ist laut „Presse“ so nicht aufrechtzuerhalten. In den gesetzlich vorgeschriebenen Emissionsprospekten seien die Risiken bis hin zur Insolvenz für jeden Investor klar aufgelistet. Und dort stehe auch, wie die Landeshaftung im Fall einer Bankinsolvenz zu handhaben sei: Das Land zahle nur jenen Betrag, der übrigbleibt, nachdem ein Gläubiger „alle Rechtsmittel gegen den Erstschuldner“ geltend gemacht hat.

Hypo-Töchter auf dem Balkan vor Notverstaatlichung?

Nicht gerade glücklich sind laut „Standard“ (Donnerstag-Ausgabe) Hypo-Kapitalvertreter derzeit mit der aktuellen Insolvenzdebatte, die der Bank und dem Land Kärnten bereits eine Ratingverschlechterung durch Moody’s eingebrockt hat. Bei dieser Variante könnte laut der Zeitung noch einiges Ungemach auf die Republik zukommen.

Die einzelnen Länder etwa auf dem Balkan könnten die jeweiligen Hypo-Töchter notverstaatlichen, heißt es laut der Zeitung von Eigentümerseite. Das wäre nicht abwegig, wenn die Kunden nicht mehr an ihre Einlagen herankämen, so das Argument. Um dem vorzubeugen, könnte der Schritt der Verstaatlichung auch präventiv erfolgen.

Die Folgen für Bank wie Republik wären heftig, zitiert der „Standard“ einen Kenner. Zwar wären dann faule Kredite ein für alle Mal aus der Hypo-Welt verschwunden, doch gleichzeitig fehlten 4,5 Milliarden Euro an Einlagen, Interbank-Finanzierungen und der Buchwert der Beteiligungen müsste abgeschrieben werden, so der „Standard“.

Keine Ansuchen um EZB-Hilfe

Zur Lösung des Hypo-Debakels will man offenbar nicht bei der Europäischen Zentralbank (EZB) um Hilfe ansuchen. „Diese Bank hat keine Liquiditätsprobleme, und es ist eine ziemlich kleine Bank und nicht von europäischer Relevanz“, sagte OeNB-Chef Ewald Nowotny in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. „Ich sehe keine Perspektive für ein Engagement der EZB“, so Nowotny weiter.

Herabstufung durch Moody’s

Die Ratingagentur Moody’s hat erst letzte Woche das Rating des Landes Kärnten heruntergestuft. Begründet wurde der Schritt mit der öffentlich geführten Hypo-Insolvenzdebatte und der steigenden Wahrscheinlichkeit, dass die Landeshaftungen für die Bank schlagend werden.

Am Dienstag setzte Moodys auch das Rating für Anleihen von vier Banken um zwei Stufen zurück. Betroffen sind von Land Tirol garantierte Papiere (nicht die Institute selber) der Hypo Tirol, von Vorarlberg garantierte Papiere der Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank, von Wien garantierte Papiere der Bank Austria bzw. der Creditanstalt sowie Papiere der Pfandbriefstelle.

Zeitproblem kommt hinzu

Ohne die Aufnahme von Zwischenfinanzierungen in Milliardenhöhe für die Hypo wird es nicht möglich sein, bis 2017 die derzeit noch rund elf Mrd. Euro an landesgarantierten Anleihen abzuschichten, schreibt das „WirtschaftsBlatt“ am Mittwoch. 2018 sind dann noch einmal 500 Mio. Euro fällig und 2022 rund eine Milliarde Euro für eine bundesbehaftete Anleihe. Bei der Hypo geht man davon aus, dass die Anleihen mit dem Geld bedient werden, das aus den Einnahmen der Bank und dem Abbau frei wird, wird Banksprecher Nikola Donig zitiert.

Allerdings, so die Zeitung, dürfte das Erreichen dieses Ziels durch ein zeitliches Problem verhindert werden. Da das Allermeiste bis 2017 abgeschichtet werden muss und die geplante Abbauanstalt bis mindestens 2025 laufen soll, wird „ab einem gewissen Zeitpunkt eine Zwischenfinanzierung notwendig“ sein, räumt auch der Hypo-Sprecher ein. Wie hoch die zu erwartende Lücke sein wird, könne derzeit nicht seriös beziffert werden. Informierte Kreise gehen aber von einem mittleren Milliardenbetrag aus.

Dass in der Hypo-Bilanz im Übrigen noch rund fünf Mrd. Euro an „Verbindlichkeiten gegenüber Finanzinstituten“ stehen, ist in den Augen der „Presse“ einer der Hauptgründe, warum die Regierung so darauf dränge, dass die Steuerzahler die gesamte Rechnung im Rahmen einer Anstaltslösung übernehmen.

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