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Edathy fühlt sich ungerecht behandelt

Der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy hat Spekulationen widersprochen, er sei von Informanten über die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen des Kinderpornografie-Verdachts vorab in Kenntnis gesetzt worden.

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In einem Interview des Magazins „Der Spiegel“ verwies er stattdessen auf Presseberichte von Mitte November 2013 über ein Verfahren in Kanada, auf die er reagiert habe. Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft in Hannover, die gegen ihn wegen des Verdachts des Besitzes von Kinderpornografie ermittelt, nannte Edathy ungeheuerlich. „Sie wirft mir ausdrücklich kein strafbares Verhalten vor, was sie aber nicht davon abhält, Details eines legalen Verhaltens zum Gegenstand einer Pressekonferenz zu machen“, sagte Edathy dem Magazin laut Vorabbericht vom Samstag.

SPD-Spitze seit Oktober informiert

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Edathy wegen des Verdachts auf Besitz von Kinderpornografie und hatte vor einigen Tagen mehrere Wohnräume und Büros des Politikers durchsucht. Am Freitag gab die Behörde erstmals und ausführlich Details zu den Ermittlungen bekannt.

Die Staatsanwaltschaft beklagte dabei angesichts der Aktivitäten von Edathys Anwalt, dass der Politiker bereits seit November mit einem Verfahren rechnete. Die SPD-Spitze war bereits seit Oktober informiert, dass der Name Edathy bei internationalen Ermittlungen aufgetaucht war. Im Raum steht nun die Frage, ob Edathy vorab einen Tipp bekommen haben könnte.

„Strafbarkeitsschwelle noch knapp unterschritten“

Die Staatsanwaltschaft teilte am Freitag mit, Edathy habe nach Erkenntnissen der Behörde zwischen Oktober 2005 und Juni 2010 neunmal im Onlineshop eines kanadischen Unternehmens insgesamt 31 Filme und Fotosets von unbekleideten Jungen zwischen neun und 14 Jahren bestellt. Dabei sei die „Strafbarkeitsschwelle noch knapp unterschritten“ worden.

„Da mir erinnerlich war, bei einer kanadischen Firma, um die es mutmaßlich ging, vor etlichen Jahren Material bezogen zu haben, das ich für eindeutig legal halte, habe ich einen Anwalt um Beratung gebeten“, sagte Edathy. Der Anwalt habe „präventiv mit verschiedenen Behörden im Bundesgebiet Kontakt aufgenommen, um für den Eventualfall vollständige Kooperationsbereitschaft anzubieten“.

Auch die Staatsanwaltschaft Hannover hatte darauf hingewiesen, dass am 13. November kanadische Behörden ihre Ermittlungen öffentlich gemacht hatten, über die auch in Deutschland berichtet wurde. Am 28. November habe ein Rechtsanwalt Edathys Kontakt mit der Staatsanwaltschaft gesucht.

Seit längerem „Erschöpfungssymptome“

Sein Bundestagsmandat habe er niedergelegt, da er seit längerer Zeit „Erschöpfungssymptome“ festgestellt habe, sagte Edathy laut „Spiegel“. „Nachdem ich es zudem zwar nicht für wahrscheinlich hielt, es aber auch nicht auszuschließen vermochte, dass ungerechtfertigte Maßnahmen gegen mich eingeleitet werden könnten, bin ich zu dem Entschluss gelangt, das Mandat niederzulegen.“

Seinen Verzicht auf das Mandat erklärte Edathy am 7. Februar. Einen Tag zuvor hatte die Staatsanwaltschaft Hannover nach eigenen Angaben einen Brief an die Bundestagsverwaltung auf den Weg gebracht - mit der Ankündigung, dass sie Ermittlungen gegen Edathy einleiten werde. Der Brief soll erst am 12. Februar eingegangen sein.

CDU fordert von SPD eidesstattliche Versicherungen

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet forderte unterdessen von SPD-Politikern Erklärungen, dass sie Edathy nicht gewarnt hätten, dass er auf Ermittlungslisten auftauche. „Eidesstattlich müssen alle SPD-Politiker, die eingeweiht waren, dass ihr damaliger Kollege Bilder nackter Jungen bestellte, erklären, dass sie den Verdächtigen nicht vorgewarnt haben“, zitierte die „Welt am Sonntag“ Laschet.

Der parlamentarischen Geschäftsführerin der SPD, Christine Lambrecht, warf Laschet vor, gelogen zu haben. Lambrecht habe nach Bekanntwerden der Edathy-Affäre „Erschütterung und Überraschtheit“ nur vorgespielt. Sie habe „seit Wochen Bescheid“ gewusst. „Mich stoßen solche gespielten Betroffenheitsrituale zutiefst ab. Frau Lambrecht hat offenkundig die Öffentlichkeit belogen“, sagte Laschet.

Oppermann: Keine Warnung aus SPD

Diesen Vorwurf hatte Lambrecht bereits in den vergangenen Tagen zurückgewiesen. Sie hatte am Dienstag gesagt, von dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Hannover gegen Edathy habe sie erst aus der Presse erfahren. Am Donnerstag ergänzte sie, dass ihr Vorgänger Thomas Oppermann sie nach ihrer Wahl im Dezember informiert habe, dass der Name Edathys bei Ermittlungen im Ausland aufgetaucht sei.

SPD-Fraktionschef Oppermann wies seinerseits in der „Bild am Sonntag“ den Verdacht zurück, dass Edathy direkt oder indirekt aus der SPD gewarnt worden sein könnte: „Ich habe in dieser Angelegenheit bis zu seinem Rücktritt keinen Kontakt mit ihm gehabt. Und ich bin absolut sicher, dass keiner von uns Sebastian Edathy irgendeinen Hinweis gegeben hat.“

Bundestagssprecher widerspricht Staatsanwaltschaft

Ein Sprecher des Bundestages widersprach am Samstag Angaben der Staatsanwaltschaft Hannover zu den Ermittlungen. Der Leiter der Staatsanwaltschaft Hannover, Jörg Fröhlich, hatte am Freitag erklärt, seine Behörde habe den Bundestag unter anderem veranlasst, Edathys Büro zu versiegeln.

„Nachdem Herr Edathy seinen Mandatsverzicht erklärt hatte, habe ich am 11. Februar 2014 Kontakt zu dem Verantwortlichen des Bundestages aufgenommen. Und wir haben sofort die entsprechenden IT-Daten dort sichern lassen und das Abgeordnetenbüro von Herrn Edathy versiegeln lassen, sodass insoweit kein Beweismittelverlust mehr droht“, so Fröhlich.

Der Bundestagssprecher wies das zurück. „Das stimmt nicht“, sagte er auf dpa-Anfrage. „Das Büro im Bundestag ist nicht versiegelt worden.“ Das Parlament habe auch nicht auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft gesondert IT-Daten gesichert. Diese würden zwar generell drei Monate gespeichert. Eine gezielte Sicherung im Fall Edathy habe es aber nicht gegeben.

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