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Fünf Sterne nur für Passagiere

Rund 17.000 Angestellte arbeiten für die Luxuslinie Qatar Airways, weitere 13.000 werden über Leiharbeitsfirmen beschäftigt. Der Konzern wächst rasch, Personal und Destinationen werden laufend erweitert. 2013 schloss sich das Unternehmen dem globalen Luftfahrtbündnis One World an, das von British Airways und American Airlines angeführt wird. Eine Erfolgsgeschichte, wie es scheint - eine, die jedoch auf dem Rücken der Angestellten stattfindet.

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Diese unterliegen Arbeitsbedingungen, die es dem Unternehmen erlauben, massiv in ihr Privatleben einzugreifen, wie die schwedische Zeitung „Expressen“ in einer Reportage berichtet. Ehemalige Flugbegleiterinnen und ein Pilot berichten von sklavenähnlichen Zuständen.

Versprechen über fünfjähriges Single-Dasein

Flugbegleiter werden auf der ganzen Welt rekrutiert, viele aus Rumänien, Korea, Indien und den Philippinen. Die Bedingungen, unter denen sie bei der Fünfsternefluglinie arbeiten, klingen eigentlich wie aus einem anderen Zeitalter: Die Frauen - meistens handelt es sich um Mitarbeiterinnen - müssen ein Versprechen abgeben, die nächsten fünf Jahre ledig zu bleiben. Wenn sie heiraten möchten, müssen sie dafür eine Genehmigung von CEO Akbar al-Baker einholen. Eine Schwangerschaft muss dem Unternehmen unverzüglich mitgeteilt werden. Außerdem kann die Airline Mitarbeiter ohne Angabe von Gründen kündigen.

Untergebracht sind die Flugbegleiterinnen in eigenen Gästehäusern in der Hauptstadt Doha. Sie werden strengstens überwacht, und ihnen ist verboten, außerhalb dieses Gebäudes zu übernachten, nach einer bestimmten Uhrzeit nach Hause zu kommen oder jemanden in ihrem Zimmer übernachten zu lassen. Gäste dürfen nur in bestimmten Zeiten empfangen werden und müssen sich registrieren.

Fragen unerwünscht

Zur Auswahl seiner Mitarbeiter hält das Unternehmen wöchentlich auf der ganzen Welt Recruitment-Veranstaltungen, auf denen die Bewerber gemustert und aussortiert werden. Bei einer Zusage kann es sein, dass sofort der Koffer gepackt werden muss, um an den neuen Dienststandort Doha zu reisen. Oder, so wie im Fall der Schwedin Saga, ein sofortiger Antritt des Dienstverhältnisses versprochen wird und dann monatelang keine Information vom Arbeitgeber kommt. Auf Anfrage hieß es: Qatar Airways muss seine Beweggründe nicht seinen Mitarbeitern darlegen. Nach vier Monaten erhielt Saga dann plötzlich ein Flugticket.

„Du musst abnehmen“

Der „Expressen“ berichtet weiter von sklavenähnlichen Arbeitsbedingungen und Einschüchterungen. Ständige Überwachung durch Kameras und Wachmänner steht an der Tagesordnung. Unter den Angestellten wurden streng abgegrenzte Hierarchiestufen eingeführt, der Kontakt etwa zwischen Piloten und Flugbegleiterinnen wird unterbunden. Privates ist nicht länger privat, wenn etwa CEO Baker einer Flugbegleiterin vorschreibt, „du musst abnehmen“, oder er in einer Willkommensrede für neue Flugbegleiterinnen sagt: „Die Piloten sind meine Chauffeure, die kommen nur zu euch, um euch zu vögeln.“

Für eine Kündigung reicht es schon aus, eine halbe Stunde zu spät nach Hause zu kommen, einen unpassenden Facebook-Eintrag zu machen, sich ein Tattoo stechen zu lassen oder in der Freizeit zu rauchen. Im Falle einer Kündigung müssen Angestellte das Land sofort verlassen, manchmal haben sie nicht einmal mehr Zeit, ihre persönlichen Besitztümer zu packen, bevor sie zum Flughafen gebracht werden.

Einreise nach Kündigung nicht wieder möglich

Die Zeitung berichtet von Fällen, in denen Flugbegleiterinnen nach einer Kündigung eine spätere Einreise nach Katar verweigert wurde. Ohne Angabe von Gründen. Auch kann die Firma auf die privaten, lokalen Konten der Angestellten zugreifen. Wer sein Geld nach einer Kündigung nicht schnell davon abhebt, verliert es womöglich.

Konfrontiert mit den Vorwürfen antwortet das Unternehmen nach mehrmaligen Anfragen lediglich mit dem Hinweis, dass man, wenn man nicht die Klarnamen der betroffenen Mitarbeiter oder Ex-Mitarbeiter kenne, nichts zu den Vorgängen sagen könne. Eine indirekte Aufforderung, der der „Expressen“ wohlweislich nicht gefolgt ist.

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