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Versäumnisse der letzten Jahre

Der 14. Dezember 2009 gilt als erste bedeutende Zäsur in der Geschichte der einstigen Provinzbank Hypo Alpe-Adria. Denn an diesem Tag war eines klar: Die trudelnde Problembank musste total verstaatlicht werden, für einen symbolischen Euro bekam die Republik die Bank umgehängt. Doch was damals schon absehbar war, passiert auf Raten erst jetzt: dass die Politik den Steuerzahlern indirekt sagt, dass sie das Hypo-Debakel schwer treffen wird.

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Besonders tragisch an der Geschichte ist, dass die notverstaatlichte Bank auf dem Weg in die Gegenwart bereits viele Millionen Euro an Steuergeld verschlungen hat, bevor nun endlich klarwurde, dass der Staat allein für die Hypo-Abwicklung zuständig sein wird. Damit wurde nun quasi offiziell, dass es noch viel mehr Steuergeldbedarf für die Hypo gibt. Erinnert man sich an den Nationalratswahlkampf im vergangenen Jahr zurück, war weniger von diesem über den Köpfen hängenden Damoklesschwert die Rede als vielmehr von allerhand geplanten Reformvorhaben. Wenige Monate danach sieht die Realität mit der zuletzt präsentierten „Anstaltslösung“ anders aus.

Aussagen ins Gegenteil gekehrt

Denn nach Meinung von Experten wird die Abwicklung Jahre dauern - wobei die Kosten für den Steuerzahler aufgrund der völlig unklaren Zusammensetzung des Hypo-Kreditportfolios ungewiss sind. Doch nicht nur die ernüchternde Realität klart sich zunehmend auf, auch das Wording der Politik ändert sich. Denn bei der Vorgängerin von Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP), der nun den Tatsachen „ins Auge blicken“ will, hatte sich vor knapp eineinhalb Jahren alles völlig anders angehört: Maria Fekter (ÖVP) wollte für damals zusätzlich notwendiges Hypo-Kapital „eher nicht Steuerzahlergeld reinschießen“, wie sie sagte.

Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) und die scheidende Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP)

APA/Robert Jäger

Hypo-Bürde weitergereicht: Spindelegger und Fekter bei der Amtsübergabe des Finanzministeriums Mitte Dezember

Fekter erklärte zudem, dass es ihre Aufgabe sei, den Steuerzahler im Auge zu haben und nicht nur Bankinteressen oder die „leichte schnelle Lösung“. Noch dazu seien, so Fekter damals, bei der Hypo Alpe-Adria „ein paar auf die Idee gekommen“, für die belastenden Assets eine „Bad Bank“ zu schaffen. „Das habe ich zu verhindern gewusst“, rühmte sich Fekter damals. Der Vergleich der Aussagen von damals mit der ernüchternden Realität von heute könnte sinnbildlich für das Verabsäumen eines rascheren Spiels mit offenen Karten stehen - aber vielleicht hat die Politik die Tragweite unterschätzt, wofür es jedoch spätestens seit 2009 praktisch keinen Anlass gibt.

„Immer wieder neue Zuschusspflichten“

Erst zuletzt stellten Schweizer Experten der Regierung ein verheerendes Zeugnis im Umgang mit der Hypo Alpe-Adria aus. „Die bisher nicht erfolgte Abspaltung des Abbauteils (der Hypo, Anm.) in eine (…) ,Bad Bank‘ hat die Situation der Bank sicherlich erschwert“, hieß es vom Beratungsunternehmen Confidum Financial Management Consultants zuletzt. Durch die Untätigkeit seit der Notverstaatlichung 2009 seien „immer wieder neue Zuschusspflichten ausgelöst“ worden. Schon 2010 sei es „verabsäumt“ worden, „durch die Einrichtung einer ,Bad Bank‘ klare Verhältnisse zu schaffen“, hieß es.

ÖVP-Chef Michael Spindelegger

APA/Herbert Pfarrhofer

Fragen über Fragen: Spindelegger muss Tatsachen „ins Auge blicken“

Knappe Erkenntnisse

Doch angesichts so manchen Sinneswandels in der Politik drängt sich die Frage auf, was das lange Zuwarten an Mehrkosten bedeutete. Zwar wurde nach der Notverstaatlichung 2009 vom damaligen Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) die „CSI Hypo“ eingesetzt und im Zuge dessen versprochen, die Vergangenheit lückenlos aufzuklären - wirkliche Erkenntnisse vermochte der Aufpasser nicht zu liefern. Und letztlich wurde die „CSI Hypo“ im Mai 2012 aufgelöst. Rechtliche Konsequenzen bekam Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer zu spüren, der wegen einer Kreditvergabe in der Höhe von zwei Millionen Euro zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde.

Wo ist das ganze Geld hin ...

Doch die verpufften zwei Millionen bilden die Realität nicht ansatzweise ab, schließlich gibt es bei der Hypo faule Kredite in Milliardenhöhe. Viel Geld dürfte in den Ländern auf dem Balkan in dubiosen Kanälen versunken sein, wo die Bank eine aufgeblähte Tochterstruktur aufbaute. Kredite wurden leichthändig vergeben, die finanzierten Projekte lassen viele Fragen offen. Laut „Presse“ könnten viele Geschäfte in einem schwer durchblickbaren Geflecht von Beteiligungsgesellschaften, Treuhändern und Unternehmen abgewickelt worden sein - deren Spuren sich in Liechtenstein oder anderen Finanzplätzen verlieren.

Die „Presse“ stellt jedoch auch eine andere Theorie auf: Dieser zufolge lag das Versickern von Milliarden weniger in der kriminellen Energie einiger Personen begründet, als viel mehr einfach im ausgearteten Expansionskurs des Konzerns. Kontrolle fehlte, Risiken wurden falsch eingeschätzt - ein Muster, das die Hypo für Betrüger attraktiv machen konnte, so die Mutmaßung. Auf welche Weise und wo das Geld versunken ist, scheint letztlich bis auf Weiteres nicht zu eruieren zu sein. Fix ist nur: Es ist weg, dafür sind die Kosten da.

... und wo kommt es jetzt her?

Apropos Kosten: Diese sollen für den österreichischen Steuerzahler nach derzeitigem Stand bei 19 Mrd. Euro liegen. Eine Zahl, die bereits 2009 auftauchte, als der damalige Finanzminister Pröll die Verstaatlichung verteidigte und argumentierte: Hätte man die Hypo in den Konkurs gehen lassen, „wäre nicht nur in Kärnten das Licht ausgegangen“. Das hätte auch dramatische Auswirkungen für Österreich haben können, weil die 19 Mrd. Euro Haftung schlagend geworden wären. Um es positiv zu sehen: Fünf Jahre danach hat Österreich zumindest länger Zeit, dieses Geld aufzutreiben.

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