„Eine heiße politische Kartoffel“
Trotz einer breiten Ablehnung in der EU gegen den Genmais „Pioneer 1507“ will die EU-Kommission das Produkt zulassen. Die EU-Staaten konnten sich am Dienstag nicht auf eine qualifizierte Mehrheit gegen eine Anbauerlaubnis einigen. Mehrere EU-Minister appellierten angesichts des „sensiblen Themas“ kurz vor der Europawahl an die EU-Kommission, die Entscheidung aufzuschieben oder ihren Vorschlag zurückzuziehen.
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Die Entscheidung liegt nun bei der EU-Kommission. Weil die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in mehreren Studien keinen Einwand gegen den Anbau erhoben hat, muss die EU-Kommission der Zulassung zustimmen, wie Gesundheitskommissar Tonio Borg klarstellte.
19 Mitgliedsstaaten dagegen
Das sorgte in der Diskussion der Vertreter der Mitgliedsstaaten für heftige Kritik, da sich 19 Staaten, darunter auch Österreich, gegen den Anbau aussprachen - das reicht allerdings nicht für eine qualifizierte Mehrheit, die eine Blockade der Zulassung ermöglicht hätte. Der zuständige EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg sagte, die EU-Kommission müsse das Produkt binnen 24 Stunden zulassen, wenn der Rat nicht abstimmt.
„Ich weiß, dass das eine heiße politische Kartoffel ist“, so Kommissar Borg, aber die Entscheidung sei nun einmal nach den bestehenden Regeln gefallen. Auch der juristische Dienst des Rates bekräftigte, die Kommission müsse nun gemäß ihrem früheren Vorschlag grünes Licht geben - es sei denn, es tauchten etwa unerwartet neue wissenschaftliche Erkenntnisse auf.
Kurz für Anbauverbot in Österreich
„Sollte die EU-Kommission den Problemmais trotzdem zulassen, werden wir auf nationaler Ebene handeln und ein Anbauverbot für diesen genmanipulierten Mais verhängen“, bekräftigte Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) in einer Stellungnahme die österreichische Position. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) wertete die Aussprache der Außenminister als „klares politisches Signal“ an die EU-Kommission.
„Wir erwarten, dass nicht gegen eine Mehrheit der Bürger eine Entscheidung getroffen wird“, so Kurz. Er freute sich, dass drei EU-Staaten zuletzt noch in das Lager der Gegner wechselten. Stöger und Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) hätten angekündigt, dass das Produkt in Österreich nicht zum Einsatz komme, versicherte auch Kurz. Rupprechter betonte in einer Aussendung: „Österreich setzt sich auf EU-Ebene für ein Selbstbestimmungsrecht der Mitgliedstaaten für einen gentechnikfreien Anbau ein.“
Dementsprechend fiel die Kritik auch bei Global 2000 aus. Die EU-Kommission müsse beim Thema Genmais nun zeigen, auf welcher Seite sie stehe, so deren Gentechniksprecherin Heidemarie Porstner. „Die Mehrheit der europäischen Bevölkerung ist gegen gentechnisch veränderte Organismen. Es kann nicht sein, dass einmal mehr die Interessen der Agro-Chemie-Konzerne im Vordergrund stehen“, sagte Porstner. Ähnlich reagierte auch Greenpeace und forderte die Europäische Kommission auf, die „historische Ablehnung“ gegen den Genmais nicht zu ignorieren.
Genmais produziert Insektengift
Entwickelt hat den Genmais 1507 die US-Saatgutfirma Dupont Pioneer. Er ist resistent gegen bestimmte Pflanzenschutzmittel und Mottenlarven. Der Mais ist umstritten, Kritiker fürchten, dass er so viel Insektengift produziere, dass zum Beispiel Schmetterlinge gefährdet würden. Verwendet werden könnte der Mais in Tierfutter und Biogasanlagen.
Einen Antrag auf Anbaugenehmigung hatte der Hersteller bereits 2001 gestellt. Die EU-Kommission ließ ihn aber eine Weile liegen, Ausschüsse rangen damit. Im September 2013 klopfte das EU-Gericht der Kommission auf die Finger, weil noch keine Entscheidung gefallen war.
Andere Sorte bereits zugelassen
In der EU wird derzeit nur der gentechnisch veränderte Mais MON 810 der Firma Monsanto zu kommerziellen Zwecken gepflanzt. Hauptanbauland ist nach jüngsten Zahlen von 2012 Spanien mit 116.306 Hektar, gefolgt von Portugal, Tschechien, Rumänien und der Slowakei. Deutschland verhängte ein Anbauverbot.
Die besonders stärkehaltige Kartoffel „Amflora“ von BASF war ebenfalls für Äcker zugelassen, bis das EU-Gericht Anbau und Vertrieb im Dezember wegen Verfahrensfehlern untersagte. Sie wird aber ohnehin seit 2011 nicht in Europa angebaut.
Als Futtermittel genehmigt
Als Lebens- und Futtermittel ist der Mais 1507 wie Dutzende andere Pflanzen in Europa schon genehmigt. Allerdings muss auf der Packung vermerkt sein, wenn ein Lebensmittel genveränderte Bestandteile hat. Dabei gilt aber: Sind unabsichtlich geringe Spuren (höchstens 0,9 Prozent) genetisch veränderter Bestandteile enthalten, entfällt die Pflicht zur Kennzeichnung. Milch, Eier und Fleisch von Tieren, die genetisch verändertes Futter gefressen haben, müssen nicht speziell deklariert werden.
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