Opposition spricht von absurder Idee
Nach den jüngsten Enthüllungen über ein systematisches Abhören des deutschen Altkanzlers Gerhard Schröder (SPD) fordert dessen Parteikollege Michael Hartmann Gegenspionage gegen die USA. „Wer uns ausspäht, muss damit rechnen, dass er seinerseits ebenfalls Zielobjekt wird.“ Eine absurde Idee, findet die Opposition und erinnert den SPD-Mann an den riesigen US-Geheimdienstapparat.
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Der SPD-Innenexperte Hartmann äußerte die Idee gegenüber der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ vom Donnerstag. Wer jemanden ausspioniere, könne von diesem auch ausspioniert werden, sagte Hartmann. So seien die Grundregeln des nachrichtendienstlichen Handelns.
Schröder: „USA haben keinen Respekt“
Die „Süddeutsche Zeitung“ und der NDR hatten am Mittwoch auch unter Berufung auf Dokumente des ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden berichtet, dass nicht nur Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), sondern auch ihr Vorgänger Schröder in seiner Amtszeit als Bundeskanzler abgehört wurde. Die Berichte sorgten erneut für Empörung über die seit Monaten anhaltende Affäre um massenhafte weltweite Ausspähungen vor allem des US-Geheimdienstes NSA.
Schröder selbst reagierte mit ungewöhnlich scharfer Kritik an den USA. „Die USA haben keinen Respekt vor einem loyalen Bündnispartner und der Souveränität unseres Landes“, sagte Schröder der „Bild“-Zeitung (Donnerstag-Ausgabe).
Sanktionen gegen US-Firmen
Hartmann, der auch Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) ist, sprach sich für deutliche Änderungen im Kurs gegenüber den USA aus. „Wir müssen an einer sicheren eigenen Kommunikation arbeiten und deshalb künftig alle Firmen, die mit den USA verbandelt sind, von Aufträgen ausschließen.“ Er regte konkret an, US-Firmen künftig von deutschen Staatsaufträgen für Kommunikationstechnik auszuschließen.
Grüne: Selbstüberschätzung
„Da überschätzt die SPD die Fähigkeiten und Kapazitäten der deutschen Geheimdienste im Vergleich mit den US-amerikanischen schon ein wenig“, kommentierte der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele Hartmanns Vorschlag. Spionageabwehr sei richtig, Gegenspionage aber nicht. Sammlung und Auswertung von Informationen über geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht gehörten zu den gesetzlichen Aufgaben des Verfassungsschutzes. „Aber Gegenspionage in den USA oder in US-Einrichtungen in Deutschland wäre die falsche Reaktion“, erklärte Ströbele.
Häme der FDP
Hartmanns Vorstoß sei entweder „eine karnevalistische Äußerung oder aber Ausdruck völliger Verzweiflung“, erklärte der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki. „Den Amerikanern mit deutscher Gegenspionage zu drohen, ist genauso glaubhaft wie die Drohung, die Bundeswehr werde Amerika besetzen.“ Weder Deutschland noch Europa verfügten auch nur annähernd über die technischen Möglichkeiten, um mit den Spionageaktivitäten der NSA Schritt zu halten.
Und der Linksfraktionsvize Jan Korte sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Michael Hartmanns Spionagedrohung ist Realsatire. Das kann - zum Glück - keiner ernst nehmen.“ Spannend wären allerdings Hartmanns Vorschläge zur Finanzierung der Idee, sagte Korte. Die US-Geheimdienste bekämen schließlich 50 Milliarden Dollar im Jahr. „Was will Hartmann streichen, um das zu finanzieren? Die Sozialversicherung oder die Landesverteidigung?“
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