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„Vernunftsgründe“ gegen Insolvenz

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) stellt die Gültigkeit der Landeshaftungen in der Höhe von rund zwölf Mrd. Euro für die Hypo Alpe-Adria infrage. Diese Möglichkeit solle auch in Betracht gezogen werden, meinte er am Mittwochabend in der ZIB2.

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Kaiser sagte, es gebe „berechtigte Zweifel an der Werthaltigkeit dieser Gewährleistungen (Landeshaftungen, Anm.)“ Eine Reihe an Juristen befasse sich mit dieser Option. Es gebe zwar unterschiedliche Meinungen dazu, aber in letzter Konsequenz könnte diese Möglichkeit bei Verhandlungen herangezogen werden. Alles sei zu prüfen, vor allem um das Land Kärnten und auch die österreichischen Steuerzahler zu „schützen“. Aus „Vernunftsgründen“ schloss Kaiser eine Insolvenz der Hypo weiter aus, wie er zuletzt bereits gegenüber der „Kleinen Zeitung“ (Mittwoch-Ausgabe) betont hatte.

Die Variante müsse man sich zwar anschauen, aber letztlich werde diese nicht angewendet werden, weil sie die „nachhaltig schädlichste Variante für die Steuerzahler“ sei. Sinngemäß meinte der Kärntner Landeshauptmann, die Hypo-Taskforce habe diese Variante nicht umsonst nicht in die vier empfohlenen Varianten genommen. Es gehe dabei auch um die Volkswirtschaft und die Reputation Österreichs. Er glaube auch nicht, dass es bei Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) einen plötzlichen Positionswechsel gebe.

Streit neu aufgeflammt

Am Dienstag ist der Streit über die Zukunft der Hypo Alpe-Adria neu aufgeflammt. Entgegen den Ratschlägen der eigenen Taskforce schließt die Regierung eine Insolvenz nicht mehr komplett aus - und stößt damit nicht nur bei Kaiser auf heftigen Widerstand. Auch der Chef der Hypo-Taskforce, Klaus Liebscher, und Ewald Nowotny, Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), sprachen sich gegen die Insolvenzlösung aus.

Auch wenn eine Insolvenz „die schlechteste aller Optionen“ sei, verschließe sich die Regierung dieser Möglichkeit grundsätzlich nicht, hieß es am Dienstag hingegen aus dem Finanzministerium. Zwar werde diese Lösung nicht angestrebt, sie sei aber nicht auszuschließen, wenn alle Stricke reißen würden, sagte ein Sprecher. Davor mehrten sich bereits die Stimmen für eine Insolvenzlösung, unter anderem von WIFO-Chef Karl Aiginger und dem Aufsichtsratschef der staatlichen Bankenholding FIMBAG, Hannes Androsch.

Experte: Langes Verfahren mit hohen Kosten

Dass eine Insolvenz die bessere Variante sei, sei „sehr unwahrscheinlich“, sagte auch WU-Professor und Finanzwirtschaftler Stefan Pichler am Mittwoch im ORF-Mittagsjournal. Lange Konkursverfahren samt hohen Prozesskosten würden drohen. Bei anderen Modellen gebe es Zeit, ausstehende Kredite so gut es geht einzubringen. Er bekräftigte seine schon in der Herbstdiskussion vorgebrachten Warnungen vor einem Konkursmodell.

Laut einem Bericht des „Standard“ rechnet die OeNB bei einer Pleite der Hypo mit Kosten von zumindest 16 Mrd. Euro, zwischen sechs und acht Milliarden könnten demnach an Zusatzkosten anfallen.

Fitch empfiehlt Reform der Bankenabgabe

Die Ratingagentur Fitch hält es für „sehr unwahrscheinlich“, dass die Regierung die Hypo in die Insolvenz schickt oder „aggressivere“ Lösungen wählt, die die Kapitalgeber belasten, da das die Stabilität des Systems bedrohen würde. Auch rechnet Fitch nicht mit einer Anstaltslösung, also der alleinigen Haftung des Staates für alle Hypo-Schulden. Fitch empfiehlt das Modell „Bad Bank“ mit Bankenbeteiligung bei gleichzeitiger Reform der Bankenabgabe.

Die Abgabe sollte für die Finanzierung der „Bad Bank“ und den Aufbau eines Bankenrestrukturierungsfonds genutzt werden, dann würde die durch Verwaltung verursachte Teuerung im Bankensektor sinken, schreibt Fitch in einer Analyse. Die Umwidmung der Bankenabgabe wäre die „am wenigsten schlimme“ Lösung für die österreichischen Banken und sei wohl auch das wahrscheinlichste Ergebnis der Verhandlungen über die Zukunft der Hypo, meint Fitch.

Taskforce prüfte 20 Modelle

Notenbank und Hypo-Taskforce haben eine Hypo-Pleite bisher immer verworfen. Sie sehen ebenfalls die Bonität Österreichs und der anderen Banken im Land in Gefahr. Am Dienstag erklärte Liebscher, die Taskforce empfehle nur Modelle mit begrenzten Risiken und habe 20 verschiedene Modelle für die bestmögliche Verwertung der Hypo - inklusive des Insolvenzszenarios - geprüft. Die „absehbaren Konsequenzen“ einer Insolvenz wären eine „hohe finanzielle Belastung der Republik Österreich“, so Liebscher.

Die Risiken einer Insolvenz seien sehr hoch, daher sei das Modell als Handlungsoption in dem der Regierungsspitze übermittelten Abschlussbericht der Taskforce nicht empfohlen worden. Die dezidierte „Pleite nein“-Strategie soll unterdessen bereits die ersten Hedgefonds auf den Plan gerufen haben, schrieb kürzlich das Magazin „Format“: Angeblich würden sich diese zurzeit im großen Stil mit Hypo-Anleihen eindecken.

Bankenlösung unter 50 Prozent?

Ende Jänner ließ sich die Regierung beim Hypo-Gipfel mehrere Modelle vorstellen, woraus die Bankenbeteiligungslösung als präferierte hervorging. Die Geldinstitute - allen voran Raiffeisen, Erste Bank und Bank Austria - verlangen jedoch im Gegenzug Entlastungen, etwa bei der Bankenabgabe, was wiederum das Budget belasten würde. Vonseiten der Banken heißt es, dass es zwar Gespräche gebe, diese seien bisher jedoch nicht besonders ambitioniert gewesen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Institute tatsächlich an den Hypo-Aufräumarbeiten beteiligen, bewerten Insider momentan mit unter 50 Prozent. Bis Ende Februar soll klar sein, wie mit der Hypo weiter verfahren wird - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Andere Modelle deutlich teurer

Sollten die Banken doch nicht freiwillig mitmachen, bleiben laut Taskforce drei andere Modelle - die den Staat aber deutlich teurer kommen würden. Im „Privatisierungsmodell“ würde die komplette Hypo dem zu gründenden Bankenstabilisierungsfonds übertragen. Die Tochterbanken würden ausgegliedert und vom Bund verkauft. Dafür brauchte es im Voraus keine Einigung mit den Bayern. Der Nachteil: Die Gerichtsstreitigkeiten gingen weiter. Zudem bestünde das Risiko, dass der Bund nach Ausgliederung der Tochterbanken für die noch offenen 1,9 Mrd. Euro an Krediten der Bayern haftet.

Das teuerste Modell ist eine Anstaltslösung. Dabei würden alle Assets der Hypo in eine Anstalt mit staatlicher Finanzierungszusage übergeführt. Die vierte Variante ist die Auslagerung der Hypo-Verkaufsteile, also vor allem der Balkan-Banken, in eine bundeseigene „Bridge Bank“ („Good Bank“). Die faulen Kredite, belastete und/oder unverkäufliche Teile, blieben bei der alten Hypo ohne Banklizenz und daher auch ohne Kapitalanforderungen, wie sie für Krisenbanken üblich sind.

Immer mehr Details aus geheimer Studie

Unterdessen gibt es immer mehr Details aus dem vom Finanzministerium weiter geheim gehaltenen „Wyman-Papier“, wonach eine Insolvenz für den Staat eine günstigere Lösung sein könnte. Laut „Presse“ (Mittwoch-Ausgabe) schildern die Berater darin den Weg der litauischen Snoras-Bank, die nach der Verstaatlichung von der litauischen Regierung als damals drittgrößte Bank des Landes in die Insolvenz geschickt wurde. Durch eine klare Kommunikation sei es Litauen gelungen, die Snoras-Bank als Einzelfall darzustellen, so der Bericht, das Vertrauen in das litauische Finanzsystem konnte erhalten werden, heißt es darin.

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