„Noch viel mehr Arbeit“
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hat der krisengeschüttelten Ukraine die Unterstützung der Europäischen Union bei innenpolitischen Prozessen angeboten - etwa bei einer Verfassungsreform. „Wir haben die Fähigkeit, Unterstützung bereitzustellen“, sagte Ashton am Mittwoch nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch in Kiew.
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Damit griff Ashton eine zentrale Forderung der ukrainischen Opposition auf, die sich zuletzt vehement für eine Verfassungsänderung starkgemacht hatte. Damit verbunden ist das Ziel, die Befugnisse des Staatschefs zu beschneiden. Eine Debatte im Parlament über eine entsprechende Reform des Grundgesetzes brachte zuletzt jedoch keine Einigung. Der Oppositionspolitiker Witali Klitschko warnte vor „einer neuen Welle“ verschärfter Spannungen, sollte das Parlament einer solchen Reform nicht zustimmen.
Bewegung „muss sich beschleunigen“
Zugleich bot Ashton im Gespräch mit Janukowitsch auch Hilfe an, um die Vorwürfe der Misshandlung bzw. Ermordung von Oppositionsaktivisten während der Proteste der vergangenen Monate zu prüfen. Die EU habe eine transparente und unabhängige Untersuchung verlangt, sagte die EU-Chefdiplomatin nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten. Bei Protesten gegen Janukowitsch waren mindestens vier Menschen getötet und Hunderte verletzt worden.

Reuters/Andrei Mosienko/Presidential Press Service/Handout via Reuters
Ashton unternahm bei Janukowitsch einen neuen Anlauf in Richtung Krisenvermittlung
Trotz eines Rückgangs der Gewalt in dem erbitterten Machtkampf sei die EU besorgt über die Situation, sagte Ashton örtlichen Medien zufolge. Sie betonte zudem die Notwendigkeit finanzieller Hilfe für die nahezu bankrotte Ex-Sowjetrepublik. Die Aussichten auf eine rasche Lösung des Konflikts bewertete sie generell jedoch pessimistisch. Die Bewegung müsse „sich beschleunigen“ und es bedürfe noch „viel mehr Arbeit“, sagte Ashton, die zuvor auch Vertreter der Opposition getroffen hatte. Diese beharrt unterdessen weiter auf dem Rücktritt des Präsidenten und fordert rasche Neuwahlen.
Finanzhilfe an Bedingungen geknüpft
Ferner diskutiert die EU derzeit unter anderem mit den USA und Institutionen wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über Wege, das Land finanziell zu unterstützen. Als Bedingung für Finanzhilfe steht aber die Bildung einer Übergangsregierung mit Mitgliedern der Opposition um Ex-Boxweltmeister Klitschko im Raum. „Wir haben nicht viel über die Struktur einer neuen Regierung geredet“, erklärte Ashton. Zuvor hatte Klitschko die EU zur Vermittlung in der festgefahrenen Krise aufgerufen.
Es war nicht der erste Besuch der EU-Außenbeauftragten in der Ukraine: Seit Beginn der Krise vor mehr als zwei Monaten ist Ashton immer wieder nach Kiew gereist, um zwischen Opposition und Regierung zu vermitteln. Auslöser der Proteste der Opposition war die überraschende Ankündigung Janukowitschs Ende November, das über Jahre mit Brüssel ausgehandelte Assoziierungsabkommen nicht zu unterzeichnen.
EU-Parlament für Sanktionen
Unterdessen machte sich das Europäische Parlament für Sanktionen gegen Angehörige der ukrainischen Führung stark. Mehrere Fraktionen brachten am Mittwoch einen Antrag im Straßburger Plenum ein, in dem die Vorbereitung von Beschränkungen gegen einzelne Mitglieder der Regierung gefordert wird. Der deutsche EU-Abgeordnete Elmar Brok (CDU) sagte, es müsse über Einreiseverbote in die EU und das Einfrieren von Bankkonten nachgedacht werden.
Das gelte auch für ukrainische Oligarchen, die direkt oder indirekt für Gewalt gegen Demonstranten in Kiew verantwortlich seien. Zugleich sollten Finanzhilfen vorbereitet werden. Nach Ansicht des Vorsitzenden der europäischen Liberalen, Guy Verhofstadt, sollten die Restriktionen greifen, wenn sich Janukowitsch weigere, politische Gefangene freizulassen, Wahlen vorzuziehen oder die Verfassung zu ändern. Verhofstadt kritisierte, dass in der EU-Kommission keine glaubwürdige Strategie für die Ukraine zu erkennen sei.
Füle kündigt bereits nächsten Besuch an
Dagegen sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Rebecca Harms, jede Minute zähle, in der EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle und Ashton in Kiew seien und eine weitere Eskalation verhinderten. Harms plädierte für eine dauerhafte Bobachtermission des EU-Parlaments in der Ukraine. Der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion, Hannes Swoboda, warnte vor einer Aufspaltung des osteuropäischen Landes oder „gar einem Bürgerkrieg“. Auch er sprach sich dafür aus, Sanktionen ins Auge zu fassen.
EU-Erweiterungskommissar Füle kündigte an, kommende Woche in die Ukraine zurückkehren zu wollen, um seine Vermittlungsbemühungen fortzusetzen. Füle und Ashton wechseln einander seit Wochen mit Besuchen in Kiew ab.
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