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Aufstieg und tiefer Fall

Von der schillernden High-Society-Figur zum gnadenlosen Absturz: Bennett Millers Regiedebüt porträtiert den exzentrischen US-Schriftsteller Truman Capote am Höhepunkt seiner Karriere, als 1959 eine Pressemeldung in der „New York Times“ sein Interesse weckt und schließlich sein Leben aus den Fugen geraten lässt. Philip Seymour Hoffman erhält für seine Darstellung in „Capote“ den Oscar.

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Ähnlich wie Capote selbst in seinem Roman „Kaltblütig“ nur zwei Seiten benötigt, um die Stimmung in Kansas zu beschreiben, führt Miller mit nur wenigen Einstellungen in die Atmosphäre der Geschichte ein. Der Aufsehen erregende Vierfachmord, auf den Capote durch die „Times“ aufmerksam wurde, wird still angedeutet. Dieser Mord sollte den Schriftsteller schließlich so in seinen Bann ziehen, dass er darüber nicht - wie zuerst geplant - nur eine Story für das Magazin „New Yorker“ schrieb, sondern gleich einen ganzen Roman.

Mordrecherche als Obsession

„Kaltblütig“ (1966) gilt als erstes Non-Fiction-Novel, ein Tatsachenroman, an dem Capote rund sechs Jahre lang schrieb. War er Ende der 50er Jahre noch der gefeierte Held von „Frühstück bei Tiffany“, verwandelten ihn die Recherchen und Gespräche rund um den Mord mit der Zeit immer mehr. Capote fuhr mit seiner Freundin Harper Lee (Catherine Keener), die später mit „Wer die Nachtigall stört“ berühmt wurde, zu Recherchen in das Dorf nach Kansas, sprach mit dem ermittelnden Detective Alvin Dewey, dessen Frau Marie - und vor allem Perry Smith und Dick Hickock, den beiden Mördern.

Aus seinem anfänglichen Interesse entwickelte sich eine wahre Obsession: Capote setzte sich mit Perry Smith (Clifton Collins Jr.) tage- und monatelang in die dunkle und enge Gefängniszelle - was Miller jedoch wie eine Freundschaft darstellt, dürfte sich vielmehr um eine starke sexuelle Anziehung gehandelt haben, die sich nie erfüllen konnte. Capote begann immer mehr zu trinken, die Flucht aus dem sexuell-eingesperrten Muff in der Zelle an die spanische Küste zu seinem Lebensgefährten wirkt mit den hellen Oberflächen und dem scheinbar endlosen Horizont dazu stets wie die komplette Antithese.

Der Untergang von Capote

Abgesehen davon, dass Miller Freundschaft mit Sex verwechselt und in seiner Inszenierung gegen Schluss hin zu wenig kohärent bleibt, wird der Untergang Capotes sehr linear erzählt, seine Emotionen stets mit seiner Beziehung zu Smith gekoppelt.

Bis diesen die Todesstrafe ereilt, hätte man zwar Vieles weglassen und bei manchen Szenen mehr auf deren visuelle Stärke vertrauen können. Insgesamt ist der kühle und doch sensible Stil des Films aber in vielen Details sehr passend. Hoffman, der für die Rolle 40 Pfund abgenommen hat, tat mit seiner realistischen Darstellung ein Übriges, das Entsetzen am Schluss fassbarer zu machen.

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