Neue Luxusimmobilie „One57“
Zum Aufwachen der Sonnenaufgang über dem Atlantik, zum Zähneputzen die Freiheitsstatue und zum Dinner der Central Park in der Abendsonne - und das alles beim Blick aus ein und derselben Wohnung. „Besser als das hier geht es nicht“, sagt Jeffrey Dvorett. Der Immobilienmanager steht im 90. Stock des neuen Lieblingsprojekts seiner Entwicklungsfirma und lächelt zufrieden.
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Vier Jahre hat es gedauert, den verglasten Megawolkenkratzer „One57“ direkt am Central Park in New York auf 306 Meter hochzuziehen. Seit Ende 2013 können nun die ersten Bewohner des neuerdings höchsten Wohnhochhauses New Yorks ihre Luxusbleiben beziehen.
Vier Millionen für Einzimmerwohnung
Der Großteil der Wohnungen seien schon verkauft, sagt Dvorett. Mehr als 90 Millionen Dollar (etwa 65 Millionen Euro) hat eine Gruppe Investoren für das Penthouse bezahlt. 67 Millionen kostet eine ganze Etage, eine Einzimmerwohnung vier Millionen. Dafür gibt es jede Menge Annehmlichkeiten: Wenn im kommenden Sommer die ersten 30 der insgesamt 94 Stockwerke des Luxusturms als Hotel eröffnen, können die Bewohner sich beispielsweise den Chefkoch kommen lassen, der ihnen dann bei Panoramablick auf Augenhöhe mit den vielen Hubschraubern hoch über der Millionenmetropole edle Speisen zubereitet.

AP/PRNewsFoto/Extell Development Company
Luxusimmobilie direkt am Central Park
Lange wird „One57“ der Status als höchster Wohnwolkenkratzer Manhattans allerdings wohl nicht bleiben, denn Luxusimmobilien sind in New York gefragt wie lange nicht mehr. Ein paar Ecken weiter wird gerade „432 Park Avenue“ hochgezogen, der bei Fertigstellung 2015 noch einmal 120 Meter höher als „One57“ und sogar der höchste Wohnturm der westlichen Hemisphäre sein soll.
Rennen mit Superlativen
Das Penthouse, obwohl noch nicht gebaut, hat sich ein anonymer Käufer bereits für 95 Millionen Dollar gesichert. Und ein Ende des Größenwahns ist nicht in Sicht: Ein noch höherer Turm ist direkt in der Nachbarschaft von „One57“ geplant. Der Bauboom gehört derzeit zu den beliebtesten Gesprächsthemen bei den Einwohnern der Millionenmetropole, die das Ganze gerne als „Real Estate Porn“, zu Deutsch etwa „Immobilienporno“, bezeichnen.
„Ich weiß gar nicht, wie wir noch irgendwelche Arbeit getan bekommen, weil wir immer nur auf Grundsteinlegungen gehen“, sagt Larry Silverstein. Gerade hat der Immobilienmogul mit den zurückgekämmten Haaren „30 Park Place“ auf den Weg gebracht, das bei Fertigstellung 2016 der höchste Wohnwolkenkratzer im südlichen Teil Manhattans sein wird. Mit 282 Metern und 82 Stockwerken wird er zwar deutlich niedriger als Neuplatzhirsch „One57“ bleiben, aber seinen 40 Meter kleineren und 100 Jahre alten Nachbarn, das berühmte Woolworth-Gebäude, trotzdem fast zum Zwerg machen.
„Das Interesse ist derzeit riesengroß“, sagt auch die Maklerin Leighton Candler. Dutzende vermögende Interessenten hat sie schon durch ihr Lieblingsobjekt, ein Penthouse im noblen Stadtteil Upper East Side geführt. Unten im Hotel „The Mark“ steigen Stars wie Justin Bieber und Bruce Willis ab, oben bietet die Wohnung 910 Quadratmeter, sechs Schlafzimmer, fünf Kamine und eine 223 Quadratmeter große Terrasse mit Blick auf den Central Park. Kostenpunkt: 60 Millionen Dollar plus noch einmal 35.000 Dollar Wohngeld im Monat. „Von überall auf der Welt hatte ich schon Anfragen.“
„Bank-Safes im Himmel“
Viele Amerikaner, aber vor allem vermögende Russen, Chinesen, Japaner, Brasilianer und Israelis kaufen in New York. Die meisten sehen das als Geldanlage und nicht als neuen Erstwohnsitz. „Wir bauen hier das Äquivalent von Bank-Safes im Himmel, wo die Käufer ihre Wertgegenstände hineinlegen und dann ab und zu vorbeikommen können“, sagte Jonathan Miller von der Immobilienbewertungsfirma Miller Samuel der „New York Times“.
So kaufte nach Medienberichten jüngst eine Chinesin ihrem Krabbelkind eine Wohnung im Luxusturm „One57“ für mehr als sechs Millionen Dollar. Ein russischer Milliardär habe seiner Tochter eine Bleibe für 88 Millionen Dollar spendiert - 2012 der bis dahin teuerste Immobiliendeal der Metropole. Zwölf Jahre zuvor hatte der Rekord noch bei 30 Millionen Dollar für ein Penthouse an der Park Avenue gelegen.
Luxusgrößenwahn mit weitreichenden Folgen
Aber der Größenwahn hat auch viele Kritiker. All die neuen Riesengebäude könnten den Central Park in den Dauerschatten legen, warnt der Verband Environmental Simulation Center. „Das würde den Park weniger benutzbar und weniger genießbar machen“, sagte Verbandschef Michael Kwartler der „New York Times“. Auch vor Stürmen wie „Sandy“, der einen Kran am „One57“-Turm umstürzen ließ, warnen Experten. Das sei alles eingeplant und alle Bauvorschriften erfüllt, weisen die Planer zurück.
Häufigster Kritikpunkt ist aber die Gentrifizierung. In New York gebe es inzwischen zu viele schicke Zweitwohnungen für Milliardäre und zu wenig bezahlbaren Wohnraum für Geringverdienende und Künstler, monieren Kritiker. Ex-Bürgermeister Michael Bloomberg, selbst Milliardär mit teurer Bleibe an der Upper East Side, habe diese Entwicklung unterstützt. Gerade ist er von Bill de Blasio abgelöst worden - und der Demokrat hat schon angekündigt, dem Luxusbautengrößenwahn ein Ende setzen zu wollen. Die Stadt gehöre immer noch den Bewohnern und nicht der Immobilienbranche, sagte er jüngst immer wieder.
Christina Horsten, dpa