Ex-Boxer im Verhandlungsmarathon
Er war der unbestrittene Star der Münchener Sicherheitskonferenz: Ex-Boxweltmeister Witali Klitschko. Während in seiner Heimat die Enttäuschung über die fehlenden Erfolge der Opposition wächst, avancierte Klitschko im Westen zum großen Hoffnungsträger.
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Die Journalisten und Fotografen begrüßten Klitschko bei seinem Auftritt bei der Münchner Sicherheitskonferenz wie einen Hollywood-Star. Und auch die anwesenden westeuropäischen Staats- und Regierungschefs spendeten ihm nach seiner Rede besonders langen Applaus. Dabei war das, was Klitschko vortrug, alles andere als neu. Er verlangte die Freilassung aller von der Regierung festgenommenen Kritiker, Parlaments- und Präsidentschaftswahlen und die Rückkehr zur Verfassung des Jahres 2004. Forderungen, die man in der Heimat schon zu oft gehört hat.
Scharfe Worte gegen Janukowitsch
Doch der Oppositionspolitiker Klitschko weiß, wo seine Stärken liegen. So stattete er am Samstag seinen Anhängern bei einer Demonstration in der Münchner Innenstadt einen Besuch ab. Mit scharfen Worten kritisiert er den ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch. Dessen Regierung habe den Weg der Spannung und der Konfrontation gewählt, den Weg von Terror und Gewalt, sagte Klitschko vor Hunderten Demonstranten. Die Regierung versuche, Angst zu verbreiten und die Leute unter Druck zu setzen. Doch der Druck auf Janukowitsch wachse. Klitschko rief Janukowitsch erneut auf, sämtliche Forderungen der Opposition zu erfüllen.
Klitschko fordert Sanktionen des Westens
Zurück in den Konferenzsälen schüttelt Klitschko die Hände der Mächtigen der Welt. Neben UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon und dem US-Außenminister John Kerry traf Klitschko auch den deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier. „Ich werde Sanktionen fordern. Das ist die einzige Sprache, die die Diktatoren der Ukraine verstehen“, so Klitschko nach einem Treffen mit Steinmeier. Dabei bekräftigte er seine Forderung nach dem Abschluss eines Assoziationsabkommens zwischen der Ukraine und der Europäischen Union. „Die Ukraine ist ein europäisches Land“, betonte Klitschko.

APA/EPA/Müller
Klitschko bei seinem Treffen mit US-Außenminister John Kerry
Zudem warnte Klitschko vor einem Bürgerkrieg, das würde dann auch allen Ländern in der Nachbarschaft Probleme machen. Der Forderung Klitschkos nach Sanktionen kann der ebenfalls in München teilnehmende Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) wenig abgewinnen. Er forderte allerdings ein einheitliches Vorgehen der EU: „Die Europäische Union kann etwas tun, wenn sie gemeinsam auftritt.“
Auch wenn es vom Westen kaum konkrete Zusagen gab, war Klitschkos Einsatz am Nachmittag dann doch noch von Erfolg gekrönt. Nach einem Treffen mit dem ukrainischen Außenminister Leonid Koschara darf der verletzte Oppositionsaktivist und Klitschko-Freund, Dmitro Bulatow, in die Europäische Union ausreisen.
Kiew bleibt hart
In der Sache zeigt sich Koschara jedoch hart und wies die Kritik der Opposition in seiner Rede in München scharf zurück. „Wir denken, dass wir alle wichtigen Forderungen der Opposition erfüllt haben“, sagte Koschara am Samstag. Nun müsse „auch die Opposition Verantwortung übernehmen“. Weiter sprach Koschara von „Terroristengruppen“, die Molotowcocktails einsetzten und öffentliche Gebäude besetzten. Was in der Ukraine geschehe, sei „kein friedlicher Protest mehr“.
Russland und USA ringen um Einfluss
Rückendeckung erhält Koschara von seinem russische Amtskollegen Sergej Lawrow. Der beschuldigte die EU, den Konflikt in der Ukraine bewusst anzuheizen. „Wieso gibt es keine Verurteilung derer, die Regierungsgebäude besetzen, Polizisten attackieren oder rassistische, antisemitische Nazi-Slogans verwenden?“, sagte Lawrow mit Blick auf die Entwicklung in Kiew. „Wieso wird das von der EU noch ermutigt, während ein solches Vorgehen in den EU-Staaten sofort geahndet werden würde?“
Weder NATO noch EU ließen der Ukraine in Wahrheit eine Wahlmöglichkeit über ihren außenpolitischen Kurs, sondern würden ihr vielmehr ihre eigenen Vorstellungen „aufoktroyieren“. Lawrow betonte, dass die ukrainische Führung bei einer Eskalation der Gewalt das Recht habe, die Freiheitsrechte einzuschränken. Seit Tagen gibt es die Sorge, dass die ukrainische Armee in den Konflikt zwischen Opposition und Regierung eingreifen könnte.
Kerry: „Mehrheit strebt nach Freiheit“
Auf der anderen Seite unterstrich US-Außenminister John Kerry die Verbundenheit der USA mit der ukrainischen Bevölkerung. „Die übergroße Mehrheit der Ukrainer strebt nach Freiheit und Sicherheit und will in einem prosperierenden Land leben. Sie kämpfen für das Recht sich die Partner auszusuchen, die ihnen helfen, diese Hoffnungen zu erfüllen“, sagte Kerry. „Sie haben entschieden, dass diese Zukunft nicht mit einem Land alleine und sicher nicht unter Zwang erreicht wird.“ Zuvor hatten sich NATO-Generalsekretär Andre Fogh Rasmussen und EU-Ratspräsident Hermann Van Rompuy ähnlich geäußert.
Der Regierung in Moskau wird vor allem vorgeworfen, die Führung der Ukraine unter Druck zu setzen, damit diese das EU-Assoziierungsabkommen nicht unterzeichnet. Westliche Diplomaten befürchten, dass Russlands Führung nach den Olympischen Spielen in Sotschi den Druck auch auf die früheren Sowjetrepubliken Moldau und Georgien erhöhen könnte, die anders als die Ukraine EU-Partnerschaftsabkommen unterzeichnet haben. „Wenn Russland Druck auf Moldau oder Georgien ausübt, brauchen wir definitiv Solidarität und Hilfe“, sagte der moldawische Vizeregierungschef Eugen Carpow zu Reuters.
Angst vor Militäreinsatz wächst
Unterdessen wächst die Angst unter den proeuropäischen Demonstranten in der Ukraine vor einem Militäreinsatz. „Wir rufen die Regierung auf, jede Einmischung der ukrainischen Armee in den Konflikt zu unterbinden“, sagte der Oppositionspolitiker Arseni Jazenjuk am Samstag. „Ein militärisches Eingreifen ist für diese Regierung eine Option“, sagte Jazenjuk der Nachrichtenagentur AFP. Er warf dem Verteidigungsministerium entsprechende Vorbereitungen vor. Ein ranghoher Vertreter von Jazenjuks Vaterlandspartei warf den Behörden angesichts von Geheimdienstermittlungen vor, die Ausrufung des Ausnahmezustands vorzubereiten. Das Vorgehen sei Teil des Gewaltszenarios der Regierung, heißt es aus der Vaterlandspartei.
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