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Opposition boykottiert Wahl

Die für Sonntag geplante Wahl in Thailand ist von Boykottaufrufen, Drohungen der Protestbewegung und einem enormen Polizei- und Armeeaufgebot begleitet. Schon am Tag vor dem Urnengang gab es Schießereien bei Zusammenstößen zwischen Regierungsanhängern und -gegnern sowie Explosionen in Bangkok. Mindestens sechs Menschen wurden dabei verletzt.

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„Die Lage ist angespannt, und es ist nicht sicher dort“, twitterte Sunai Phasuk von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Für die Wahl wurde bereits vorsorglich der Ausnahmezustand verhängt. Damit können schnell Demonstrationen verboten, Ausgangssperren verhängt und Medien eingeschränkt werden. Die Regierungsgegner hatten angekündigt, die Stimmabgabe mit Straßenblockaden in Bangkok verhindern zu wollen.

Thailands Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra

APA/EPA/Narong Sangnak

Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra verspricht Reformen nach der Wahl

Touristen, die sich an diesem Wochenende in Thailand, insbesondere in Bangkok, aufhalten, wird zu Vorsicht geraten und empfohlen, Versammlungen der Regierungsgegner „unter allen Umständen zu meiden“. Das österreichische Außenministerium spricht von einem „hohen Sicherheitsrisiko“ für die Hauptstadt.

Armee bisher neutral

Der Führer der Proteste, Suthep Thaugsuban, rief für Sonntag zu gewaltlosen Straßenblockaden auf. Beobachter befürchten dennoch, dass Suthep das Militär zum Eingreifen provozieren will. Bisher verhält sich die Armee neutral.

Ex-Premier Abhisit Vejjajiva, der Chef der oppositionellen Demokratischen Partei (DP), versicherte, es sei die individuelle Entscheidung jedes Einzelnen, ob er zur Wahl gehe oder nicht. „Wir sind nicht gegen Wahlen per se“, sagt Akanat Promphan, der Sprecher des regierungsfeindlichen Demokratischen Reformkomitees des Volkes (PDRC), das die Massenproteste auf den Straßen organisiert. „Wir wollen erst Reformen und anschließend Wahlen.“

Vor allem geht es der Opposition darum, das „Thaksin-Regime“ zu beenden. Sie wirft dem Clan rund um den 2006 vom Militär gestürzten Regierungschef Thaksin Shinawatra vor, sich Wähler, Politiker und Institutionen mit Schmiergeld und Gefälligkeiten gefügig gemacht zu haben. Während Thaksin auf die Unterstützung der ärmeren Landbewohner zählen kann, stehen die Mittelschicht Bangkoks und die traditionelle Elite aufseiten der Opposition.

Fotograf durch Schuss verletzt

Die Ausschreitungen von Samstag forderten auch ein prominentes Opfer. Der berühmte US-Fotograf James Nachtwey wurde laut einem Medienbericht bei den Unruhen in Bangkok verletzt. Das „Wall Street Journal“ zitierte Nachtwey in einem Südostasien-Live-Blog mit den Worten, er sei bei einem Schusswechsel in Bangkok von einer Kugel im Bein getroffen worden. „Ich laufe jetzt. Es geht mir gut“, sagte Nachtwey demnach. Unklar sei, wer den Schuss abgefeuert habe. Er habe sich in einem Krankenhaus untersuchen lassen, berichtete Nachtwey. „Morgen kann ich wieder arbeiten.“

Zehn Tote, rund 600 Verletzte

Bei den seit November anhaltenden Massenprotesten kamen bisher zehn Menschen ums Leben, etwa 600 wurden verletzt. Angefacht hatte die Proteste das von der Regierung durchgesetzte Amnestiegesetz, das Thaksin eine einfache Rückkehr nach Thailand ermöglicht hätte, obwohl er wegen Amtsmissbrauchs zu zwei Jahren Haft verurteilt worden war. Der amtierenden Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra wird vorgeworfen, eine Marionette ihres Bruders Thaksin zu sein.

Das Amnestiegesetz wurde mittlerweile wieder abgeschafft, doch die Proteste gingen weiter. Am Sonntag sind nun 49 Millionen Thailänder zur Wahl aufgerufen. Doch ist fraglich, was das Ergebnis aussagen wird. Denn von den zwei Parteien, die ausreichend Stimmen für eine Regierungsbildung bekommen könnten, tritt nur die derzeitige Regierungspartei Pheu Thai an. Die oppositionelle DP boykottiert die Wahl. Sie fordert einen Rücktritt der Regierung und will stattdessen einen nicht gewählten „Volksrat“ einsetzen, der eine Reihe nicht genau definierter Reformen umsetzen soll.

Kein Wahlprogramm

Wenige Inhalte sind allerdings auch von der Regierungspartei bekannt. Ein Wahlprogramm gab es genauso wenig wie einen inhaltlichen Wahlkampf. Stattdessen wurde in den vergangenen Wochen vor allem darüber debattiert, ob die Wahl stattfinden oder verschoben werden soll. Yingluck Shinawatra kündigte nun an, nach der Wahl einen Reformprozess zu starten.

Das der Oppositionspartei DP nahestehende PDRC organisiert seit Wochen in Bangkok und im Süden Thailands Demonstrationen gegen die Regierung. In 28 Wahlkreisen wurde die Registrierung von Kandidaten verhindert. Damit kann das Parlament auch nach der Wahl so lange nicht tagen, bis Nachwahlen organisiert wurden. Auch diese wollen die Demonstranten dann wieder blockieren. Eine stabile Regierung in Thailand könnte damit noch lange auf sich warten lassen. Der Machtkampf wird in die nächste Runde gehen.

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