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Land zieht Importbremsen weiter an

Nachdem der Devisenabfluss in Argentinien im Vorjahr ein alarmierendes Ausmaß erreicht hat, hat die Regierung unter Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner straffe Restriktionen für den Handel verhängt. Allgemein betroffen sind Importe. Doch die neuen Regeln wirken sich nicht nur auf Unternehmen aus, sondern auf jeden, der etwa via Internet Waren aus dem Ausland ordert.

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Betroffen sind etwa Bestellungen auf internationalen Handelsportalen wie Amazon oder eBay, die auch im südamerikanischen Land einem Boom erleben und den herkömmlichen Handel zunehmend bedrängen. Jeder, der online international Waren bestellt, wird in jedem Fall ordentlich zur Kasse gebeten. Besonders drastisch wirkt sich jene Steuer aus, die eingehoben wird, wenn die Ware den Bestellwert von 25 US-Dollar (also etwa 18 Euro) übersteigt. Beträge darunter sind weiterhin steuerfrei, doch darüber fällt eine drastische Abgabe von 50 Prozent des Warenwerts an. Unklar ist noch, ob die Lockerung der Devisenkontrollen auch den Onlinehandel betreffen.

Noch strengere Vorgaben

Dabei waren erst am Mittwoch neue Restriktionen bekanntgeworden: Fortan darf steuerfrei nur noch zweimal pro Jahr bestellt werden - selbst wenn der Warenwert unter 25 US-Dollar liegt, wie die regierungskritische Zeitung „Clarin“ darstellte. Relativ neu ist außerdem die Maßnahme, diese Richtlinie genauer zu exekutieren. Denn dem Einkauf von zu Hause aus muss seit Februar 2012 der Gang zur Zollbehörde vorangehen: Schließlich landen alle Pakete, die aus dem Ausland angeliefert werden, zuerst dort.

Argentiniens Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner

AP/Victor R. Caivano

Präsidentin Kirchner will den Abfluss von Devisen bremsen

Und um die Kontrolle für die Behörde - nicht zuletzt angesichts der stetig steigenden Anzahl von Sendungen - zu erleichtern, muss die Ware vom Empfänger per „vorheriger eidesstattlicher Importerklärung“ deklariert werden.

Leichteres Spiel für Steuerbehörde

Die Regeln kamen nicht unerwartet: Bereits nach der Wiederwahl Kirchners im Jahr 2011 kündigte die Regierung an, entsprechende Maßnahmen setzen zu wollen. Auch die Steuerbehörde AFIP hatte zuletzt angekündigt, den Onlinehandel zusehends genauer überprüfen zu wollen - schließlich boomt das Geschäft via Internet. In den letzten verfügbaren Schätzungen im Vorjahr wurde mit jährlichen Zuwächsen von bis zu 50 Prozent gerechnet. Die Argentinier gaben im Zuge von Onlinekäufen umgerechnet mehrere Milliarden Euro pro Jahr aus.

Sondersteuer auf Kreditkarten

Abgesehen von der neuen Steuer fallen für den Bestellkunden weitere Kosten an: Denn die Bezahlung direkter Einkäufe aus dem Ausland via Internet ist aufgrund der restriktiven Devisenzuteilung de facto nur mittels Kreditkarte möglich, wobei eine Steuer von 35 Prozent anfällt (erst im Dezember war die Steuer noch um 15 Prozent erhöht worden, Anm.). Herkömmliche Auslandsüberweisungen werden meist nicht genehmigt. Überdies fällt diese Steuer auch an, wenn in Argentinien Reisen ins Ausland gebucht werden, selbst wenn der Betrag in bar bezahlt wird. Ebenso verhält es sich mit Devisenankäufen, beispielsweise vor einer Reise ins Ausland.

Generell werden in Argentinien lokale importorientierte Unternehmen dazu angehalten, verstärkt zu exportieren bzw. im Land zu investieren. Auch gibt es die Regelung, dass reine Importeure im Zuge des sogenannten „kompensierten Handelsaustauschs“ in entsprechendem (finanziellen) Umfang exportieren sollen. Grundsätzlich will das südamerikanische Land die Wirtschaft ankurbeln und Handelsüberschüsse erzielen, sprich das Land international wieder wettbewerbsfähig machen.

Kampf gegen Schulden

Seit 2011 ist Argentiniens Währung strikten Kontrollen unterworfen, nachdem bereits zuvor starke Devisenabflüsse aufgefallen waren. Von 52 Milliarden Dollar (38,40 Mrd. Euro) im Jahr 2010 schrumpften die Reserven auf mittlerweile 32 Milliarden Dollar (23,6 Mrd. Euro) - allein im Vorjahr gingen die Reserven um 30 Prozent zurück. Auf dem blühenden Währungsschwarzmarkt wird der Dollar für etwas mehr als neun Pesos gehandelt - der tatsächliche Wert eines US-Dollars liegt derzeit hingehen nur bei gut 6,8 Pesos.

Nach wie vor kämpft das Land mit den Folgen des Staatsbankrotts im Jahr 2001. Vor knapp eineinhalb Jahren wurde zwar die letzte Tranche an private Gläubiger ausbezahlt. Doch allein bei 16 der 19 Mitgliedsländer des Pariser Clubs (einem Gremium, in dem staatliche und öffentliche Gläubiger mit Vertretern des Schuldners aufeinandertreffen) hat Argentinien zusammengerechnet 9,5 Milliarden US-Dollar Schulden. Kürzlich wurden die Verhandlungen wieder aufgenommen, laut Angaben des argentinischen Wirtschaftsministers verliefen die Verhandlungen „extrem positiv“. Argentinien erhofft sich durch eine Regelung der Schuldenfrage einen besseren Zugang zu den Kapitalmärkten.

Valentin Simettinger, ORF.at

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