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Drei Billionen Euro in Briefkastenfirmen

Chinas kommunistische Machtelite wickelt laut Medienberichten heimlich und in großem Stil lukrative Geschäfte über Steueroasen ab. Die Enthüllungen stützen sich auf vertrauliche Unterlagen, die Offshore-Leaks-Daten, die in Deutschland der „Süddeutschen Zeitung“ („SZ“) und dem Norddeutschen Rundfunk vorliegen.

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Chinas Machtelite betreibt offenbar seit Jahren Tausende Scheinfirmen in Steueroasen in der Karibik, um ihr Vermögen zu verschleiern. Die Informationen werfen ein neues Licht auf das Ausmaß der Geschäfte führender chinesischer Familien und die Kapitalabflüsse aus der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt.

Angehörige praktisch der gesamten Politelite

In den Dokumenten sollen neben dem Schwager von Staats- und Parteichef Xi Jinping auch der Sohn, die Tochter und der Schwiegersohn des früheren Ministerpräsidenten Wen Jiabao auftauchen, wie das Internationale Konsortium für investigative Journalisten (ICIJ) berichtete. Der Name der Tochter des früheren Premiers Li Peng steht demnach ebenso in den Unterlagen wie der Name eines Neffen zweiten Grades des bisherigen Staatschefs Hu Jintao. Selbst der Name eines der Schwiegersöhne des einstigen Reformers Deng Xiaoping finde sich in den Papieren, berichtete das Journalistenkonsortium.

Mitglieder des Volkskongresses seien ebenso aufgelistet wie einige der reichsten Männer und Frauen des Landes sowie Führungskräfte staatlicher Unternehmen, die in Korruptionsskandale verwickelt gewesen seien, berichteten NDR und „SZ“. Mehr als 21.000 Offshore-Kunden aus China und Hongkong finden sich demnach in den 260 Gigabyte umfassenden Daten, die ein anonymer Informant vor zwei Jahren dem Journalistenkonsortium zugespielt hatte. Die Veröffentlichung erster Ergebnisse begann im April 2013 und führte weltweit zu einer Reihe von Ermittlungen und Rücktritten von Bankern und Politikern.

122.000 Briefkastenfirmen

Es liegen den Journalisten nach eigenen Angaben Informationen über 122.000 Briefkastenfirmen und Trusts aus Steueroasen wie den Britischen Jungferninseln, den Cook-Inseln und Samoa vor. 130.000 Personen seien genannt. Etwa jede vierte trage einen chinesischen Namen, berichten „SZ“ und NDR. Nach der ersten Enthüllungswelle 2013 gingen die Reporter diesen Namen und den Vorwürfen nach, dass über dunkle Kanäle in Hongkong und den Steueroasen massiv Kapital aus China abfließt, Steuergelder hinterzogen und Schmiergelder ins Ausland gebracht werden.

Berichte über das riesige Vermögen der Familien von Präsident Xi und Ex-Premier Wen in der „New York Times“ und der Nachrichtenagentur Bloomberg sorgen seit 2012 für große Unruhe in China. Beiden Politikern wurde allerdings keine direkte Verwicklung nachgewiesen.

Beteiligung westlicher Banken?

Die Unterlagen dokumentieren der „SZ“ und dem NDR zufolge auch, dass westliche Banken, darunter auch die Deutsche Bank, dabei halfen, Strukturen in Steueroasen zu errichten und instand zu halten. Die Deutsche Bank erklärte dazu, die Kunden würden „ihre Steuerangelegenheiten vollumfänglich regeln und dabei alle Steuergesetze und Meldeverpflichtungen befolgen“.

Offiziell harte Antikorruptionslinie

Die Enthüllungen kommen für Chinas Regierung zur Unzeit - hatte sie doch offiziell der Korruption in dem Land den Kampf angesagt. Xi betreibt nach eigenen Angaben eine „Null Toleranz“-Politik beim Thema Bestechlichkeit. Der Präsident hatte voriges Jahr versprochen, das Funktionärswesen von ranghohen „Tigern“ und ihnen unterstellten „Fliegen“ zu befreien, die Schmiergelder annähmen. Außerdem ließ er allzu kostspieligen Exzessen auf Staatskosten wie Luxusbanketts, prestigeträchtigen Empfängen und Gefälligkeitsgeschenken zumindest offiziell einen Riegel vorschieben.

Just am Mittwoch begann in Peking eine Reihe von Prozessen gegen Mitglieder der „Neuen Bürgerbewegung“, einer Gruppe von Aktivisten, die sich für die Offenlegung der Vermögen von Chinas Funktionären einsetzt. Den Auftakt machte der prominente Regierungskritiker Xu Zhiyong, dem offiziell Störung der öffentlichen Ordnung vorgeworfen wird.

Westliche Websites blockiert

Dementsprechend bemüht ist man in China, die Enthüllungen zumindest im Lande zu blockieren. Wie der „Spiegel“ berichtet, ist der „Guardian“ in China seit Mittwochfrüh nicht zugänglich, ebenso die Investigativplattform ICIJ. Auch die „SZ“ war nicht erreichbar - ob es sich um technische Probleme oder Zensur handelt, ist noch unklar.

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