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„Natürlich“ nicht auf Speisekarte

Delfinfleisch in italienischen Restaurants - was sich nach einem schlechten Scherz anhört, entspricht in der Hafenstadt Civitavecchia und offensichtlich auch in Rom der Realität. Wie ein Journalist des TV-Senders RAI Uno aufdeckte, bieten mehrere Lokale verbotenerweise Gerichte mit Delfinfleisch an.

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Unter dem englischen Codewort Black lasse sich, berichtete der britische „Guardian“, das dunkle Fleisch bestellen. Auf der offiziellen Speisekarte zu finden sei es freilich nicht. „Das haben Sie nicht in meinem Lokal gegessen, okay?“, warnte der Restaurantbesitzer den Journalisten, der heimlich mitfilmte, als er einen Salat mit getrockneten Stücken dünn geschnittenen Delfinfiletfleischs aß.

„Bedeutende Nachfrage“

Italienische Behörden leiteten aufgrund der Recherchen Ermittlungen ein. Laut Ciro Lungo, Leiter der Polizeieinheit für bedrohte Arten, zeigen die Marktpreise für das Fleisch der unter Schutz stehenden Tierart, dass es offenbar eine „bedeutende Nachfrage“ gebe. Die Rechnung des Undercover-Filmteams habe pro Kopf ohne Wein etwa 100 Euro ausgemacht.

Ein ebenfalls geheim gefilmter Fischhändler sagte, in Rom würden für das Kilo Delfinfleisch bis zu 900 Euro bezahlt. Seinen Angaben zufolge ist das Fleisch in mehreren Restaurants in der Hauptstadt Rom erhältlich, stehe allerdings „natürlich“ nicht auf der Speisekarte. Seine Empfehlung: Delfinfleisch mit frischen Zwiebeln, Sellerie und Tomaten.

Nicht nur unabsichtlich mitgefischt

Fischer sagten gegenüber dem TV-Team aus, dass das Fleisch üblicherweise von Delfinen stammt, die versehentlich in den Fischernetzen landen. Die Tiere seien großteils bereits tot, wenn sie aus dem Wasser gezogen werden. Wenn sie das allerdings nicht sind, dann müsse man eben etwas nachhelfen. Auch vor dem bewussten Fang wird offensichtlich nicht zurückgeschreckt: „Wenn sie (Fischer, Anm.) wissen, dass es wo Delfine gibt, dann werfen sie dort ihre Netze aus“, sagte einer der Fischer.

Population vom Aussterben bedroht

Der Gemeine Delfin steht seit 2003 im Mittelmeer auf der Liste der bedrohten Arten. Er gilt als gefährdet, nachdem seine Population in den 1960er Jahren im Mittelmeer und im Schwarzen Meer massiv eingebrochen ist. Als Ursachen wird Überfischung vermutet - die Säugetiere verhungern praktisch aufgrund eines immer kleiner werdenden Nahrungsangebots. Eine Rolle dürfte auch die zunehmende Verschmutzung der Meere spielen.

Tierschützer kritisieren auch immer wieder den Einsatz von - eigentlich verbotenen - Treibnetzen, die eine große Menge an Beifang verursachen. Diese Fangmethode kostet allein im Mittelmeer Tausende Delfine jährlich das Leben, schätzt die internationale Wal- und Delfinschutzorganisation WDCS.

„Sie schneiden den Kopf ab und sagen, es ist ein Hai“

Gelangt ein Delfin ins Netz eines italienischen Fischers, muss dieser ihn eigentlich an die Küstenwache aushändigen. Allerdings - so der Besitzer des Restaurants, in dem die Rai-Uno-Journalisten verdeckt recherchierten - gebe es eine simple Möglichkeit, den Behörden zu entkommen. „Sie schneiden den Kopf ab. Sie schneiden auch die Flossen und alles ab. Und wenn sie angehalten werden, sagen sie, es ist ein Hai.“

Petra Fleck, ORF.at

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