„Seit heute ist Italien ärmer“
Italien trauert um den Stardirigenten Claudio Abbado. Die italienische Kultur und Politik kondolierte am Montag der Familie des Maestro, der im Alter von 80 Jahren in seiner Wohnung in Bologna verstorben war. Zu den ersten Kondolenzschreiben, die die Familie Abbado erhielt, zählt jenes von Premier Enrico Letta.
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„Mit seinem Talent, seiner Hingabe und den außerordentlichen Resultaten, die Abbado im Laufe seiner langen Karriere auf nationaler und internationaler Ebene errungen hat, war er ein Bezugspunkt für ganz Italien und weit darüber hinaus. Die Welt der Musik und der Kultur verliert einen absoluten Protagonisten. Uns bleiben sein Zeugnis und Beispiel, ein Beispiel vor allem für die jungen Leute, für die sich Claudio Abbado so sehr eingesetzt hat“, schrieb Letta.
Präsident sieht Ehre für Italiens Musiktradition
Italiens Präsident Giorgio Napolitano hob die Willensstärke hervor, mit der Abbado die Krebskrankheit bekämpft habe, an der er schon seit Jahren litt. Abbado habe in Europa und in der ganzen Welt die große Musiktradition Italiens geehrt und mit seiner tiefen Sensibilität neue Wege für eine reichere Entwicklung in den Beziehungen zwischen Kultur und Gesellschaft beschritten, so der italienische Präsident.
Um Abbado trauert auch sein Kollege Riccardo Muti. „Abbado ist ein großartiger Musiker, der jahrzehntelang die Geschichte der Orchesterleitung in den internationalen Institutionen geprägt hat. Er war ein großartiger Zeuge der wahren italienischen und europäischen Kultur in der Welt. Er hat mit Mut gegen eine lange und schreckliche Krankheit gekämpft und dabei die Strenge und Ernsthaftigkeit bewiesen, die sein Leben als Musiker und Dirigent gekennzeichnet haben“, so Muti, dem immer Spannungen im Verhältnis zu Abbado nachgesagt wurden.
„Wie ein König Midas“
„Ich war Abbados Assistent und habe ihn zuerst als Lehrer und dann als Freund für den Rest meines Lebens erlebt. Abbado hat das Beste unserer Musiktradition im Ausland vertreten. Seit heute ist Italien ärmer“, kommentierte der Dirigent Riccardo Chailly. Bestürzt zeigte sich auch Kollege Antonio Pappano. „Abbado war für Italien und die Welt ein einmaliger und visionärer Geist. Er war von jedem Standpunkt aus betrachtet ein Gigant. Er war wie ein König Midas. Alles, womit er sich beschäftigte, strahlte mit einem kraftvollen Licht“, so Pappano.
Tiefe Bestürzung löste Abbados Tod im Mozart-Orchester aus, das der Stardirigent 2004 zur Förderung junger Talente gegründet hatte. „Bis Donnerstag hatte Abbado noch eine Schumann-Symphonie einstudiert. Er dirigierte mit 80 Jahren wie mit 18. Er hatte ein Orchester mit jungen Menschen gebildet, die für die Musik lebten. Er war einer der wenigen Dirigenten, der die Musik aus den Fesseln der Erde befreien konnte“, kommentierte Massimo Biscardi, Kunstdirektor des Mozart-Orchesters.
Idee für Ehrenkonzert in Mailänder Scala
Der Mailänder Bürgermeister Giuliano Pisapia will ein Konzert zu Ehren Abbados in der Scala aufführen. „Mit Abbados Tod verliert Mailand nicht nur einen einmaligen Dirigenten, sondern einen Menschen der Kultur, der in seine Stadt verliebt war“, sagte Pisapia. Er habe Scala-Intendant Stephane Lissner aufgerufen, ein Konzert zu Abbados Ehren zu organisieren. „Ich werde mich dafür einsetzen, dass Maestro Abbado in seiner Stadt und in seinem Haus, der Mailänder Scala, geehrt wird“, so Pisapia.
„Abbado hat uns verlassen, doch er wird immer in der Scala sein. Das ist sein Theater“, hieß es auf der Website des Mailänder Opernhauses. An der Scala habe Abbado „eine beeindruckende Serie von unvergesslichen Aufführungen realisiert“. Das venezianische Theater La Fenice setzte seine Fahnen als Zeichen der Trauer auf halbmast. Vor Beginn der am Freitag geplanten Aufführung der Mozart-Oper „La Clemenza di Tito“ soll eine Schweigeminute zu Ehren des Maestro eingehalten werden.
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