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Umschiffung in kalabrischem Hafen

Die geplante Beseitigung der Chemiewaffen des syrischen Regimes von Präsident Baschar al-Assad sieht auch vor, dass der gefährliche Kampfstoff umgeladen wird, bevor er in internationalen Gewässern entsorgt wird. Jetzt steht mit Gioia Tauro im südlichen Kalabrien der italienische Hafen fest, in dem das geschehen soll. Das teilte Italiens Transportminister Maurizio Lupi am Donnerstag mit.

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Die chemischen Kampfstoffe sind an Bord des dänischen Schiffes „Arc Futura“ und werden zur Einleitung der Vernichtung auf das US-Spezialschiff „MV Cape Ray“ umgeladen, wie italienische Medien berichteten. Das soll nach den Angaben der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) in der ersten Februar-Hälfte geschehen.

Keine Lagerung an Land

Eine Lagerung an Land ist laut Lupi nicht vorgesehen. Die 60 Container mit 560 Tonnen Material - darunter Senfgas, Sarin und das Nervengas VX - würden dabei italienischen Boden nicht berühren, sagte der Transportminister. Die Regierung werde die Sicherheit der Operation voll garantieren. „Italien leistet einen konkreten Beitrag für die Stabilität und die Sicherheit im Mittelmeer-Raum und im Nahen Osten“, hieß es in einer Presseaussendung der italienischen Regierung.

Container im kalabrischen Hafen Gioia Tauro

Reuters/Alessandro Bianchi

Strategischer Hafen in Italien und Europa

Gioia Tauro sei bestens darauf vorbereitet und habe Erfahrung auf dem Gebiet, teilte die Regierung mit. Der Hafen sei gewählt worden, weil er den modernsten Standards in puncto Umweltschutz entspreche und für den Umgang mit chemischen Stoffen geeignet sei. Er sei ein strategischer Hafen in Italien und Europa.

Bürgermeister will Hafen schließen

Lupis Bericht löste hitzige Debatten aus. Der Bürgermeister der Stadt Gioia Tauro in Kalabrien drohte mit der Schließung des Hafens. „Die öffentliche Gesundheit wird gefährdet“, empörte sich Bürgermeister Renato Bellofiore. Schon vor der offiziellen Ankündigung hatte sich in Gioia Taura Widerstand gegen das Umladen angekündigt. „Die bringen mich in große Gefahr, denn wenn etwas passiert, wird mich die Bevölkerung aufspießen“, hatte Bellofiore kritisiert.

„Wie üblich ist das eine Wahl, die von oben getroffen wurde, wir werden als zweitklassige Bevölkerung angesehen“, sagte er. Die italienische Außenministerin Emma Bonino verteidigte die Operation. Es handle sich um die größte Operation zur Waffenentsorgung der vergangenen zehn Jahre. Italien hatte sich angeboten, den Hafen für das Umladen zu stellen. Der kalabrische Hafen war für das Umladen neben Häfen auf Sizilien, Sardinien und in Apulien genannt worden.

Vernichtung mit erheblicher Verzögerung

Syrien hatte auf internationalen Druck nach einem Chemiewaffenangriff im August nahe Damaskus der Vernichtung seiner Giftgasbestände zugestimmt, um einem US-Militärschlag zu entgehen. Bis 30. Juni soll das gesamte Arsenal von offiziell 1.300 Tonnen zerstört werden. Es gibt aber erhebliche Verzögerungen, weil die Chemiewaffen inmitten der Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Opposition zunächst an die Küste und dann außer Landes gebracht werden müssen.

US-Spezialschiff „MV Cape Ray“

APA/AP/Steve Helber

Die „MV Cape Ray“ wurde in Portsmouth für die C-Waffen-Zerstörung umgerüstet

Wahrscheinlich würden bis Ende Juni noch nicht alle der gefährlichsten Bestandteile des syrischen Chemiewaffenarsenals abtransportiert und vernichtet sein, sagte OPCW-Chef Ahmet Üzümcü am Donnerstag in Rom, wo er die italienische Regierung über den Prozess informierte. Die Menge von C-Waffen, die bisher zur Verladung in einem syrischen Hafen angekommen sei, sei nicht sehr groß. Er gehe aber davon aus, dass es in den nächsten Wochen schneller vorangehe.

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