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„Wollen ersten Platz erobern“

Offiziell will die SPÖ erst am Donnerstag in den zuständigen Gremien über die Kandidaten der am 25. Mai anstehenden Europawahl entscheiden - dennoch steht mit dem ehemaligen ZIB-Moderator Eugen Freund der Spitzenkandidat wohl schon fest. Auch Freund verwies auf die noch ausstehende Entscheidung der SPÖ-Gremien - die „Bereitschaft zu kandidieren“ stehe aber.

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Bereits zuvor wurde die Personalie auch vom SPÖ-EU-Parlamentarier und Vorsitzenden der Sozialdemokraten im Europaparlament, Hannes Swoboda, bestätigt. Dieser sagte am Montag kurz vor Beginn der Plenarsitzung in Straßburg auf Anfrage der APA, er „akzeptiere diese Entscheidung. Insgesamt wird das ein gutes Team werden.“ Jedenfalls „ist Eugen Freund kein Hans-Peter Martin“, erinnerte Swoboda zudem an die unliebsamen Überraschungen mit dem einstigen SPÖ-Spitzenkandidaten Martin, der nach der EU-Wahl 1999 schon bald zum fraktionslosen Abgeordneten wurde.

Befragt, ob er glaube, dass Freund ein derartiges Zugpferd für die SPÖ sei, um den ersten Platz einfahren zu können, meinte Swoboda: „Das weiß ich nicht. Wir werden kämpfen. Und wir wollen den ersten Platz erobern.“

„Im Frühstadium eingebunden“

Der SPÖ-Delegationsleiter im Europaparlament, Jörg Leichtfried, sagte in Straßburg, bereits „im Frühstadium“ bei der Entscheidungsfindung eingebunden gewesen zu sein. Die Parteigremien würden nun am Donnerstag entscheiden. „Jetzt geht es darum, den Wahlkampf für ein sozial gerechtes Europa zu gewinnen“, so Leichtfried weiter.

Im Vorfeld der Entscheidung hatte es zunächst geheißen, dass entweder Leichtfried oder die SPÖ-Europamandatarin Evelyne Regner als Spitzenkandidat beste Chancen hätten. Laut „Kurier“ sollen sich die beiden SPÖ-EU-Parlamentarier hinter Freund auf der SPÖ-Kandidatenliste finden. Freund hatte sich erst mit Jahreswechsel von der ZIB in den Ruhestand verabschiedet. Anspruch darauf, nach seinem Einzug ins EU-Parlament auch die Leitung der SPÖ-Delegation zu übernehmen, erhebt Freund nach eigenen Angaben nicht. „Ich würde mir wünschen, dass Jörg Leichtfried die Leitung behält, und werde das am Donnerstag im Parteivorstand auch so vertreten“, sagte er der Tageszeitung „Der Standard“ (Mittwoch-Ausgabe).

Nicht erster Wechsel in Politik

Eugen Freund wäre nicht der erste ZIB-Moderator, der von der Moderatorenbank auf einen Abgeordnetensitz wechselt. Josef Broukal war von der SPÖ für den Nationalrat abgeworben worden, Ursula Stenzel, heute Bezirksvorsteherin in Wien-Innere Stadt, führte nach ihrer ORF-Karriere die ÖVP erfolgreich in die EU-Wahl 1996, bei der die Volkspartei Platz eins errang.

Faymann: „Sehr kompetenter Kandidat“

Unterdessen zeigte sich auch Bundeskanzler Werner Faymann hocherfreut, dass die SPÖ mit Freund einen sehr kompetenten Kandidaten als EU-Spitzenmann zur Verfügung habe. Dass Freund tatsächlich SPÖ-Spitzenkandidat wird, wollte er am Montag in einer Puls-4-Sendung zwar noch nicht formell bestätigen - Faymann lobte Freund aber gleichzeitig in höchsten Tönen. Der künftige SPÖ-EU-Spitzenkandidat erinnere ihn an den legendären ORF-Journalisten Hugo Portisch, bekundete der SPÖ-Chef, und pries die „Menge Erfahrung“, die Freund einbringe.

Auch Karas will Platz eins

Der Vizepräsident des Europaparlaments und ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas bezeichnete den neuen SPÖ-Spitzenkandidaten als „Neuling in der Politik ohne Erfahrung“. Am Rande der Tagung des EU-Parlaments am Dienstag in Straßburg sagte Karas, „ich sehe ihn als Mitbewerber in einem hoffentlich fairen Wahlkampf“. Freund könnte dazu beitragen, dem Thema Europa den richtigen Stellenwert im Wahlkampf zu geben. Für die ÖVP ändere sich nichts. „Unser Ziel ist, Erster zu werden.“

Kritik von FPÖ

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky - der gemeinsam mit Andreas Mölzer die FPÖ-„Doppelspitze“ für die EU-Wahl bildet - betrachtete Freunds (bevorstehende) Nominierung zum SPÖ-Spitzenkandidaten per Aussendung als einen weiteren Nachweis dafür, „dass der ORF zu Recht als Rotfunk“ gelte. Vilimsky soll einem „Presse“-Bericht zufolge auf dem zweiten Listenplatz der FPÖ in den EU-Wahlkampf gehen. Offiziell wollte man das in der FPÖ auf Nachfrage der APA nicht bestätigen. Der entsprechende Beschluss dürfte den Angaben zufolge am Donnerstagnachmittag im FPÖ-Parteivorstand fallen.

„Muss erst zeigen, ob ihm das liegt“

Geht es nach der grünen Delegationsleiterin im EU-Parlament, Ulrike Lunacek, müsse Freund unterdessen erst zeigen, „ob ihm der Rollenwechsel in die Politik wirklich gelingen wird und ob ihm das liegt“. Gleichzeitig wünschte Lunacek der SPÖ mit ihrem Spitzenkandidaten „bessere Erfahrungen als mit früheren Quereinsteigern“.

Sie kenne und schätze Freund als TV-Moderator und als Journalist. Dass die SPÖ-Entscheidung auch Auswirkungen auf das Abschneiden der Grünen haben wird, glaubt Lunacek nicht. „Ich sehe da nicht wirklich viel Einfluss. Wir werden unseren Wahlkampf machen. Ich sehe nicht viele Veränderungen, außer dass er (Freund, Anm.) sehr bekannt ist.“

Lunacek wurde bei einem Bundeskongress bereits Anfang Dezember zur Spitzenkandidatin für die EU-Wahl nominiert. Hinter ihr reihten sich Michel Reimon und Monika Vana (Landtagsabgeordnete im Burgenland bzw. in Wien) ein. Madeleine Petrovic findet sich hinter dem Biobauern Thomas Waitz auf Platz fünf der bereits fertiggestellten Kandidatenliste der Grünen.

„Kann ich nicht beurteilen“

Geht es nach dem fraktionsfreien EU-Abgeordneten Hans-Peter Martin, stellt sich bei der Freund-Kandidatur unterdessen die Frage, ob es diesem gelingen wird, FPÖ-Wähler zu den Sozialdemokraten zu holen, was er allerdings nicht beurteilen könne.

Martin selbst hat sich noch nicht entschieden, ob er bei der EU-Wahl im Mai antreten wird. Zuletzt hatte Martin, der 2009 mit einer eigenen Liste den Sprung auf Platz drei geschafft hatte, aber bereits einen neuerlichen Antritt angedeutet: „Es geht in Richtung Kandidatur.“

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