Präsident vs. „Schmierenkomödiant“
Am Donnerstag wird die neue Tournee des Franzosen Dieudonne M’bala M’bala beginnen, der unter dem Deckmantel der Satire mit ständig wachsendem Zuspruch seit Jahren Rechtsextremismus und Antisemitismus auf der Bühne predigt. Zuvor absolvierte Dieudonne seinen Auftritt vor Gericht, wo er ein Auftrittsverbot wieder aufheben ließ - gerade zur Freude seiner Anhänger.
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Vor dem Verwaltungsgericht der westfranzösischen Stadt Nantes, wo Dieudonne seine Frankreich-Tournee startet, hatte er am Tag vor dem Auftritt einen Eilantrag gegen das von der Präfektur verhängte Auftrittsverbot eingereicht. Der Verhandlungstermin wurde auf Donnerstagvormittag anberaumt. „Wenn ich gewinne, wird die Verordnung (der Präfektur, Anm.) ausgesetzt und der Auftritt wird stattfinden“, sagte der Anwalt. Er sollte recht behalten.
Hollande fordert „Unnachgiebigkeit“
Mehrere Städte untersagten zuletzt Auftritte Dieudonnes, der als Holocaust-Leugner bereits mehrfach zu Geldstrafen verurteilt wurde. So wurden Auftritte in Bordeaux, Tours und Orleans verboten. Frankreichs Innenminister Manuel Valls hatte am Montag einen Rundbrief an die Präfekten mit Hilfestellungen für ein Auftrittsverbot versandt. Präsident Francois Hollande hatte Valls’ Schreiben an die unabhängigen Behörden mit dem expliziten Wunsch kommentiert, die Behörden sollten sich „unnachgiebig“ gegenüber Dieudonne zeigen.

APA/EPA/Yoan Valat
Der Konflikt zwischen den Rechten und ihren Gegnern konzentriert sich zunehmend auf die Person Dieudonnes
Nach Jahren, in denen es Dieudonne gelungen ist, sich hinter dem Schutz der Meinungsfreiheit als einem der zentralen französischen Verfassungsinhalte zu verschanzen, hatte Hollande dessen Ausfälle zuletzt zur Chefsache erklärt - wohl auch, weil der von Dieudonne ersonnene „Quenelle-Gruß“ zuletzt vom französischen Spitzenfußballer Nicolas Anelka ungestraft in aller Öffentlichkeit gezeigt und nachher tausendfach imitiert wurde, was einen internationalen Skandal auslöste.
Staatsspitze geht auf vollen Konfrontationskurs
Hollande forderte „Wachsamkeit“ von den Behörden „angesichts des Antisemitismus, angesichts der Störungen der öffentlichen Ordnung, die durch unwürdige Provokationen hervorgerufen werden“. Valls sieht in den Auftritten nicht künstlerische Veranstaltungen, sondern „politische Versammlungen, in denen Dieudonne seinen Hass“ gegen Juden verbreite. Schon zuvor hatte Valls seinem Zorn über den „Antisemiten und Rassisten“ öffentlich freien Lauf gelassen.
Ein Geschenk für die Rechte?
Die französische Zeitung „L’Alsace“ war nicht allein damit, als sie in ihrer Mittwoch-Ausgabe kommentierte: „Dieudonne ist weder ein Komiker noch ein Märtyrer. Er ist ein Schmierenkomödiant, der sein Repertoire gefunden hat - das Abscheuliche. Daraus schlägt er seit Jahren Kapital. Zuerst hatte er Mühe, ein Publikum zu finden, doch er hat es immer weiter versucht - in der Hoffnung, dass ihm seine Entgleisungen helfen würden, zu finden, was er wollte: Ruhm. Das ist geschafft!“
Die Kampfansage der Regierung gegen Dieudonne sei „ein Fehler“ gewesen, so „L’Alsace“: „Denn das wird den Provokationen nur noch mehr Gehör verschaffen.“ Dieudonnes Sympathisanten haben außerdem nun das Geschenk erhalten, dass sie sich nicht nur wie bisher mit dem diffusen Argument von „Protest gegen das System“ verteidigen können, sondern auch auf die zentralen französischen Verfassungsinhalte pochen können.
Witze über Seife und andere „Absurditäten“
Für Dieudonne ist das öffentliche Duell mit Frankreichs Staatsspitze ein gefundenes Fressen. Er reagiert wie immer, aber unter noch größerem Scheinwerferlicht: Seine Äußerungen, dass man etwa die „Creme de la Creme des französischen Showbusiness zu Seife machen“ solle, seien Satire und er kein Rassist und Antisemit, sondern ein politisch Verfolgter. Dementsprechend konterten seine Anwälte die Aussagen Valls’ mit einer Klage gegen diesen wegen Ehrbeleidigung, Amtsmissbrauchs und Verletzung der Meinungsfreiheit.
Dieudonnes Shows enthielten bisher etwa „Witze“ über den tödlichen Anschlag auf eine jüdische Schule in Toulouse im Jahr 2012 und darüber, dass es angesichts bestimmter namentlich genannter jüdischer Prominenter „schade“ sei, dass es „Gaskammern nie gegeben“ habe. Seine Videos werden im Internet bis zu zwei Millionen Mal angeklickt, sein zumeist jugendliches Publikum kann Texte von Liedern wie „Shoananas“ meist auswendig. Für seinen Anwalt ist das nur „Übertreibung und Absurdität“ aus hehren künstlerischen Motiven.
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