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Weiter Warten auf Ermittlungserkenntnisse

Seit über einer Woche liegt Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher in der Uniklinik von Grenoble im Koma und kämpft nach wie vor um sein Leben. Über den genauen Hergang des folgenschweren Unfalls gibt es weiter nur Spekulationen - das Skigebiet Meribel rüstet sich dennoch bereits gegen etwaige Klagen.

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Die zuständigen Behörden wollen sich nach Angaben des Staatsanwaltes von Albertville, Patrick Quincy, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz zum Stand der Ermittlungen äußern. Quincy bat darum, bis dahin „keine falschen Informationen über Aussagen von mir oder die Ermittlungen zu verbreiten“.

Ski- und Strafrechtsexperte engagiert

Ein Verschulden Dritter haben die Ermittler zwar weitestgehend ausgeschlossen. Geprüft wird aber unter anderem, ob die Skipiste korrekt markiert war bzw. ob die von Felsen gesäumte Unglücksstelle besser abgesichert werden hätte sollen. Medienberichten zufolge wurden von Pistenbetreibern in diesem Zusammenhang bereits erste Vorbereitungen für etwaige Klagen vorgenommen. Nach Angaben der französischen Zeitung „Journal du Dimanche“ („JDD“) und der „Bild“ wurde mit Maurice Bodecher der einstige Chefjurist des französischen Skiverbandes und damit ein ausgewiesener Experte für Ski- und Strafrecht engagiert.

Die Frage nach einer möglichen Mitverantwortung der Skistation äußerte indirekt unter anderen Schumachers früherer Formel-1-Kollege Philippe Streiff. Gegenüber der Zeitung „L’Equipe“ sagte Streiff demnach, dass er es nicht normal finde, „dass es zwischen zwei markierten Pisten einen Abschnitt mit Felsen gibt, zu dem der Zugang nicht mit Netzen gesperrt ist“.

Piste, auf der Michael Schumacher verunfallte

APA/EPA/David Ebener

Der Unglücksort liegt zwischen zwei Skipisten

Auch die Vorsitzende der Anwaltskammer Albertville, Laure Sauthier, zeigte sich im Interview mit dem TV-Sender France 2 verwundert, dass „diese gefährliche Stelle mit Felsen zwischen zwei markierten Pisten nicht durch ein Netz abgesperrt ist“. Verwiesen wurde von Sauthier aber auch darauf, dass es keine genaue Definition davon gebe, „wann man abseits der Piste in einem Skigebiet ist“. Dass Schumacher außerhalb der Piste fuhr, „schließt per se einen Schadensersatz nicht aus“, hebt zudem die Juristin Elodie-Anne Deschamps gegenüber AFP hervor. Das sei freilich eine „komplizierte“ Rechtssprechung.

Welche Rolle spielten Helm und Skiausrüstung?

Ein strafrechtliches Vorgehen wäre im Fall Schumacher nur bei „einem schweren Fehler“ anderer möglich und wohl schwierig zu beweisen, so der Experte für Unfallschadenersatz, Edouard Bourgin. Zivilrechtliche Folgen wollte aber auch Bourgin nicht ausschließen. „Bei Persönlichkeiten wie Schumacher geht es gemeinhin um Hunderte Millionen“, wurde in diesem Zusammenhang auch ein Pariser Versicherungsspezialist vom Nachrichtenmagazin „Focus“ zitiert. Der Nachweis, dass Schumacher selbst verantwortlich ist, liege demnach im Interesse der meisten beteiligten Versicherungen.

Gegenstand der Untersuchungen bleibt somit unter anderem auch, warum Schumachers Helm zerbrach, welche Rolle die gemietete Skiausrüstung bei dem Unfall gespielt hat und nicht zuletzt die Geschwindigkeit, mit der Schumacher verunglückte. Und hier gibt es laut „JDD“ nach wie vor zwei Versionen: Während Experten und die Skistation weiter eine zu hohe Geschwindigkeit nicht ausschließen wollen, wird das von Schumacher-Managerin Sabin Kehm strikt zurückgewiesen. Laut Kehm ist Schumacher „nicht allzu schnell“ unterwegs gewesen und der Unfall vielmehr auf „eine Verkettung unglücklicher Umstände“ zurückzuführen.

„Gemächlich gefahren“

Untermauert wurde das zuletzt durch einen vom „Spiegel“ kolportierten Augenzeugenbericht, demzufolge Schumacher „gemächlich gefahren“ sei und sich der Unfall bei einer Geschwindigkeit von „maximal 20 Stundenkilometern“ ereignet haben soll. Der nun aufgetauchte Augenzeuge könnte bei der Aufklärung der Unfallhintergründe nun eine Schlüsselrolle spielen. AFP zufolge wurde der 35-jährige Deutsche bereits aufgefordert, sich mit der Gendarmerie von Savoyen in Verbindung zu setzen.

Neben dem beim Unfall zerbrochenen Helm wurde den Behörden von Schumachers Familie zudem auch jene Helmkamera ausgehändigt, die Schumacher möglicherweise getragen haben soll. Ob die Kamera beim Unfall eingeschaltet war und Schumacher somit seinen Sturz selber gefilmt hat, ist derzeit allerdings noch offen.

Zeuge will Videoaufnahmen Behörden übergeben

Ungeachtet dessen könnte es auch von dem nun aufgetauchten Zeugen Videoaufnahmen von Schumachers Unfall geben, wobei der aus Essen stammende Flugbegleiter bereits angekündigt haben soll, die Aufnahmen als Beweismaterial zur Verfügung stellen zu wollen.

Laut „Spiegel" stand der Deutsche zum Zeitpunkt des Unglücks nur wenige Meter von der Unfallstelle entfernt auf der Piste und nahm per Smartphone gerade seine Freundin auf. Im Hintergrund der Aufnahme sei „leicht verwackelt zu sehen, wie ein Skifahrer in dem nicht präparierten Teil zwischen zwei Pisten über den Schnee gleitet und schließlich zu Fall kommt“.

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