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Medien: Mehrere Millionen Dollar

Nach neun Tagen haben die Passagiere das im Eis eingeschlossene Forschungsschiff „MV Akademik Schokalskiy“ nicht schnell genug verlassen können. Die Hubschrauberaktion zur Rettung war heikel, das Aufatmen groß, als alles wie am Schnürchen lief. Jetzt kommen die Fragen: Wer zahlt für die Rettung? War der Ausflug nötig? War er gar fahrlässig?

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Australische Medien schätzen den Preis für die Rettungsaktion der Wissenschaftler und Touristen auf mehrere Millionen Dollar. Kosten für Such- und Rettungsaktionen werden laut Statut der australischen Seesicherheitsbehörde AMSA zwar getragen. Das dürfte allerdings mögliche Forderungen der Eigner der zur Hilfe herbeigeeilten Eisbrecher nicht einschließen.

Drei Eisbrecher änderten Kurs

Das Internationale Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS) verpflichtet Schiffe auf hoher See, umgehend auf Notrufe zu reagieren. In der Regel kann der Eigner des in Not geratenen Schiffes später zur Kasse gebeten werden. Die „Akademik Schokalskiy“ fährt unter russischer Flagge - die Australasiatische Antarktisexpedition 2013/14 hat das Schiff gechartert. Im Chartervertrag müsste die Haftpflicht für Rettungsaktionen näher geregelt sein.

Drei Eisbrecher hatten seit Heiligabend ihren Kurs geändert, um der „Akademik Schokalskiy“ zur Hilfe zu eilen. Das französische Schiff drehte aber nach drei Tagen wegen der aussichtslosen Lage ab und wurde aus der Helferpflicht entlassen, die Eisbrecher „Snow Dragon“ aus China und die „Aurora Australis“ aus Australien mussten ihre eigentliche Arbeit tagelang unterbrechen. Allein die „Aurora“ schlägt nach Medienberichten in Australien mit fast 40.000 Euro Kosten zu Buche - pro Tag.

Folgen für Forschungsprojekt „enorm“

Die Schiffe waren zudem auf wichtigen Arbeitseinsätzen unterwegs. Die „Aurora“ war etwa dabei, Nachschub und wissenschaftliche Geräte an der australischen Antarktis-Station Casey auszuladen, als der Notruf kam. Sie habe die Entladung abgebrochen und sei innerhalb von Stunden zum Noteinsatz geeilt, wie einer der Wissenschaftler an der Station, Joe McConnell, dem „New York Times“-Reporter Andrew Revkin mitteilte.

„Die kurz- und langfristigen Folgen für das australische Forschungsprogramm sind enorm, und das dürfte für das französische und chinesische Programm auch gelten, weil ihre Eisbrecher umgeleitet wurden“, schrieb McConnell. „Viele Leute können ihre Forschungsprojekte, die sie teils jahrelang vorbereitet haben, nicht fortsetzen, weil ihr Material immer noch an Bord der ‚Aurora‘ ist.“ Wegen der extremen Wetterverhältnisse können Eisbrecher die Forschungsstationen nur im kurzen antarktischen Sommer anfahren. Dabei zählt jeder Tag.

Eisveränderungen im Fokus

Allerdings war die „Schokalskiy“ selbst auf wissenschaftlicher Mission unterwegs. Expeditionsleiter Chris Turney ist Klimaforscher. Er wollte Eisveränderungen in der Antarktis über einen langen Zeitraum dokumentieren. Dazu folgte er der Route des Polarforschers Douglas Mawson, der die Region vor 100 Jahren erkundete. „Aufbauend auf den Messungen von vor 100 Jahren unternimmt die Australasiatische Antarktisexpedition 2013/14 ein Forschungsprogramm, um gegenwärtige und künftige Veränderungen in der Antarktis und dem südlichen Ozean besser zu verstehen“, schrieb Turney.

Die „Schokalskiy“ wurde einst als Polarforschungsschiff gebaut, ist für den Einsatz in der Antarktis also bestens ausgestattet. Dass neben den Wissenschaftlern auch zahlende Touristen an Bord waren, ändert nichts daran, dass die Expedition für alle Eventualitäten gewappnet war. „Die Wetterverhältnisse sind eben unberechenbar“, twitterte Turney.

Christiane Oelrich, dpa

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