Nur Familie darf ans Krankenbett
Die Besorgnis um den Zustand der deutschen Formel-1-Legende Michael Schumacher nach dessen Skiunfall ist groß. Auch die Informationen des behandelnden Ärzteteams sind ernüchternd. Sie wollen sich nicht auf Prognosen über Schumachers Überlebenschance einlassen. Nur die Familie darf an sein Krankenbett.
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Der Formel-1-Rekordweltmeister wird im Universitätsklinikum von Grenoble abgeschottet. Freunde und Wegbegleiter, die unmittelbar nach den ersten schockierenden Nachrichten über den Gesundheitszustand des 44-Jährigen in den ehemaligen Olympiaort gereist waren, können nur vor verschlossenen Krankenhaustüren um Schumacher bangen. „Es gibt keinerlei Zugang zu dem Patienten. Nur die Familie hat die Möglichkeit, ihn zu sehen und bei ihm zu sein“, betonte der stellvertretende Klinikdirektor Marc Penaud am Montag.

Reuters/Alessandro Bianchi
Schumacher beim Skifahren in Madonna di Campiglio im Jänner 2006
Fans harren vor Klinik aus
Schumachers Ehefrau Corinna und seine beiden Kinder waren nur kurz nach dessen Einlieferung in das C.H.U. Grenoble am Sonntag eingetroffen. Angeblich soll der 14-jährige Sohn Mick bei dem Skiunfall in Meribel dabei gewesen sein. Bestätigt wurde das vonseiten der Familie nicht. Managerin Sabine Kehm hatte lediglich gesagt, Schumacher sei bei dem Unfall nicht alleine gewesen.
Vor dem Krankenhaus am Boulevard de la Chantourne waren im Laufe des Sonntags erste Fans eingetroffen. Als die Nachrichten vom Gesundheitszustand des siebenfachen Weltmeisters immer dramatischer wurden, pilgerten immer mehr Fans zur Klinik. Nicht wenige trugen dabei das Ferrari-Rot aus Schumachers einstigen Zeiten bei der „Scuderia“.
Ärzte: Schumacher in Lebensgefahr
Schumachers Zustand ist einen Tag nach seinem schweren Skiunfall nach Aussage der Ärzte weiterhin „außerordentlich ernst“. Der 44-Jährige befindet sich in Lebensgefahr, wie die behandelnden Mediziner des Krankenhauses in Grenoble am Montag mitteilten. Große Sorge bereiten den Ärzten die „im Gehirn weit verbreiteten Verletzungen“.
Die Ärzte sprachen von Blutergüssen und Prellungen im Gehirn. Der Formel-1-Rekordweltmeister wurde in ein künstliches Koma versetzt. Über die Überlebenschancen könne man nichts sagen, erklärten die Mediziner. Man versuche nun Zeit zu gewinnen.
Das künstliche Koma
Ein künstliches Koma ist ein mit Medikamenten herbeigeführter Tiefschlaf. Mediziner wollen mit der verlängerten Narkose den Organismus eines Patienten entlasten. Ein Beatmungsgerät stellt die Sauerstoffversorgung sicher, künstliche Ernährung entlastet den Stoffwechsel. Zahlreiche Körperfunktionen müssen von außen überwacht und gesteuert werden, von der Atmung bis zum Speichelabfluss. Das künstliche Koma ist mittlerweile eine Routinemaßnahme in der Medizin. Es lässt sich mehrere Wochen aufrechterhalten.
Im Augenblick könne man nicht mehr dazu sagen. Eine Prognose könne man nicht abgeben, so die behandelnden Ärzte. Zurzeit werde alles unternommen, um den Druck im Gehirn nicht ansteigen zu lassen. Es ist eine kritische Situation, keine stabile", hieß es weiter.
Nach Unfall „verwirrt“
Der Unfall am Sonntagvormittag auf einer nicht markierten Strecke in Meribel habe sich mit hoher Geschwindigkeit ereignet, betonten die Ärzte angesichts der Schwere der Kopfverletzungen. „Sein Helm hat ihn geschützt. Jemand, der diesen Unfall ohne Helm gehabt hätte, hätte es wohl nicht bis ins Krankenhaus geschafft“, sagte der Leiter der Anästhesieabteilung, Jean-Francois Payen. Schumacher sei mit der rechten Seite aufgeprallt und nach dem Unfall verwirrt gewesen.
Der Helm ist nach Informationen der „Bild“-Zeitung bei seinem Aufprall gebrochen. Die Zeitung zitierte einen Retter mit den Worten: „Als wir zur Unfallstelle kamen, war sein Helm gespalten.“ Eine offizielle Bestätigung gab es dazu nicht. Sein Zustand habe sich dann noch verschlechtert, erklärte der Neurochirurg Stephane Chabardes. Daher wurde Schumacher vom Krankenhaus in Albertville nach Grenoble gebracht.

APA; ORF.at
Schumacher wurde nach seinem Skiunfall in Meribel zuerst ins Spital nach Albertville gebracht und anschließend ins Krankenhaus nach Grenoble verlegt
Schumacher habe eine Blutung zwischen Gehirn und Schädeldecke gehabt. Er wurde in Grenoble am Sonntag umgehend operiert. Eine zweite OP gab es nicht, betonten die Ärzte. Aus Respekt gegenüber der Familie wurden keine anatomischen Einzelheiten genannt, sagte einer Mediziner.
Vettel wünscht Familie viel Kraft
In der Motorsportszene ist die Erschütterung groß. Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel reagierte mit großer Bestürzung auf Schumachers Unfall. „Ich bin schockiert, und ich hoffe, dass es ihm so schnell wie möglich wieder besser geht“, sagte der viermalige Champion am Montag der Nachrichtenagentur Deutsche Presse-Agentur (dpa). „Ich wünsche seiner Familie jetzt ganz viel Kraft“, betonte Vettel, der mit Schumacher sehr gut befreundet ist. Der mittlerweile 44-Jährige war das Kindheitsidol des 26 Jahre alten Heppenheimer Red-Bull-Piloten.

GEPA/Michael Riedler
Schumacher bei seinem Sieg 2003 beim Grand Prix von Österreich
Weggefährten und Freunde bangen
„Jeder wünscht Michael Schumacher eine schnelle Genesung, ich bin mir sicher: Die Motorsportwelt wird heute Nacht schlecht schlafen“, schrieb Rallye-Rekordweltmeister Sebastien Loeb am Sonntag. „Meine besten Wünsche an ihn und seine Familie #gutebesserung“, schrieb Landsmann Adrian Sutil über den Kurzmitteilungsdienst Twitter.
„Schreckliche Nachrichten von MSC“, schrieb der Brite Paul di Resta. Das Force-India-Team, für das Sutil und Di Resta in der vergangenen Formel-1-Saison zusammen fuhren, twitterte: „Come on Champion!“ „Komm Michael, gib uns eines deiner Rennen mit purem Quali-Speed, so wie du es immer gemacht hast. Du kannst es schaffen“, twitterte der ehemalige Formel-1-Pilot Martin Brundle. Niki Lauda zeigte sich in einem ORF-Interview sehr betroffen. „Ich bete zu Gott, dass alles gut ausgeht. Im Moment schaut es leider nicht so gut aus“, sagte der dreifache Formel-1-Weltmeister.
„Uhh, habe gerade von dem schrecklichen Unfall von Michael Schumacher gehört“, schrieb Toptennisspielerin Sabine Lisicki. „Werd bitte schnell wieder gesund“, meinte der deutsche Fußballnationalspieler Lukas Podolski in dem Sozialen Netzwerk, „nur das Beste, mein Freund.“ „Meine Gedanken sind bei Schumi“, twitterte Deutschlands NBA-Basketballstar Dirk Nowitzki.
Betroffenheit bei Merkel
Boris Becker schrieb: „Lasst uns alle beten für @realschumacher michael für eine vollständige und schnelle Genesung!!!“ „Fight Michael!! Meine Kraft und meine Gedanken sind bei euch!!! FIGHT!!!!!!!“, twitterte der deutsche Reck-Vizeweltmeister Fabian Hambüchen. „Michael hat mehr als jeder andere die Kraft, das durchzustehen“, meinte Ex-Champion Jenson Button. Auch Schumachers ehemaliges Formel-1-Team MercedesAMG reagierte mit großer Betroffenheit. „Wir waren schockiert, davon zu erfahren, dass Michael sich in einem kritischen Zustand befindet, und verfolgen die neuesten medizinischen Entwicklungen zu seinem Gesundheitszustand aus Grenoble genau“, teilte der Rennstall am Montag mit. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel reagierte ebenfalls betroffen.
Legende der Formel 1
Medienberichten zufolge trafen auch Schumachers langjährige Wegbegleiter Jean Todt und Ross Brawn am späten Sonntagabend im Krankenhaus ein. Letzterer war an allen sieben WM-Titeln des Rekordsammlers maßgeblich beteiligt. Brawn hatte Schumacher zu dessen Comeback in der Formel 1 bei Mercedes motiviert. 2010 war Schumacher in die Königsklasse des Motorsports nach drei Jahren Pause zurückgekehrt, nachdem er ein geplantes Comeback 2009 für Ferrari wegen der gesundheitlichen Nachwirkungen seines schweren Motorradunfalls im Februar desselben Jahres hatte absagen müssen.
Siebenmal wurde Schumacher Weltmeister in der Formel 1. 1999 überstand er seinen schwersten Unfall, als er in Silverstone im Ferrari verunglückte und sich einen Schien- und Wadenbeinbruch zuzog.
Im „Silberpfeil“ hatte er von 2010 bis einschließlich 2012 an die Erfolge seiner ersten Karriere (1991 bis einschließlich 2006) nicht anschließen können und seinen 91 Grand-Prix-Erfolgen keinen weiteren Sieg hinzufügen können. Mit seiner deutlich lockereren Art sammelte Schumacher aber viele Sympathiepunkte.
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