Kampf soll weitergehen
Nach 100 Tagen in der Hand der russischen Justiz haben die ersten Mitglieder der Organisation Greenpeace mit den langersehnten Ausreisepapieren Russland verlassen. „Mindestens sieben der rund 30 Aktivisten sind bereits nach Hause gefahren, die restlichen Ausländer folgen in den nächsten Tagen“, sagte der russische Greenpeace-Direktor Iwan Blokow am Freitag.
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Trotz der „schweren Haft“ nach ihrem spektakulären Protest gegen Ölbohrungen in der Arktis wollten alle Aktivisten weiter gegen Umweltzerstörung kämpfen. „Wir rechnen nun damit, dass uns die Behörden auch das beschlagnahmte Schiff ,Arctic Sunrise‘ bald zurückgeben“, sagte er.
Bis zu sieben Jahre Haft drohten
Die Justiz hatte nach einer Amnestie die Verfahren wegen Rowdytums gegen die Aktivisten eingestellt. Die Crew des unter niederländischer Flagge fahrenden Schiffs hatte am 19. September an einer Ölplattform des russischen Staatskonzerns Gasprom gegen Umweltzerstörung in der Arktis protestiert. Nach ihren Festnahmen waren sie wochenlang in Haft, ehe sie auf Kaution freikamen. Bei einer Verurteilung hätten sie bis zu sieben Jahre in ein Straflager kommen können.
Gemischte Gefühle bei Ausreise
Wie die Umweltschutzorganisation mitteilte, wurden am Donnerstag auch die Vorwürfe gegen den letzten der Aktivisten, den Italiener Cristian d’Alessandro, fallengelassen. Der US-Schwede Dmitri Litvinov, der ursprünglich aus Russland stammt, machte sich am Donnerstagabend als erster der Aktivisten auf den Heimweg. Er stieg in St. Petersburg in einen Zug nach Helsinki, um von dort eine Fähre nach Stockholm zu nehmen.
„Ich verlasse Russland mit gemischten Gefühlen“, sagte Litvinov der Nachrichtenagentur AFP vor seiner Abreise. Einerseits sei er froh, „dass alles vorbei ist“. Andererseits empfinde er „ein Gefühl der Ungerechtigkeit“, weil die Greenpeace-Aktivisten in Russland weiterhin als „Kriminelle“ angesehen würden. Zwar seien die Anklagen formell fallengelassen worden, „aber die Sache ist nicht beendet“. Er mache sich Sorgen um die Aktivisten, die in Russland wohnten, fügte Litvinov hinzu.
Imagepolitur vor Olympischen Spielen
Am 18. Dezember hatte das russische Parlament ein Amnestiegesetz verabschiedet, das landesweit bis zu 25.000 Häftlingen zugutekommen könnte. Am Montag waren in diesem Zusammenhang bereits die beiden noch inhaftierten Musikerinnen der Punkband Pussy Riot, Maria Alechina und Nadeschda Tolokonnikowa, freigelassen worden.
Da das Gesetz nicht nur für verurteilte Straftäter, sondern in bestimmten Fällen auch für Angeklagte gilt, kam es auch den Greenpeace-Aktivisten zugute. Viele Beobachter sehen in der Amnestie den Versuch, Russlands internationales Image kurz vor den Olympischen Winterspielen aufzupolieren, die im Februar im russischen Schwarzmeer-Ort Sotschi stattfinden.
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