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Geschichte eines Machtkampfs

Mehr als zehn Jahren ist der Kreml-Kritiker Michail Chodorkowski in Haft gesessen. Der ehemalige Ölmagnat war zum gefährlichsten Konkurrenten für Präsident Wladimir Putin aufgestiegen, als ihm aus sichtlich politischen Motiven der Prozess gemacht wurde. Wenige Wochen vor Beginn der Olympischen Winterspiele in Sotschi begnadigte Putin Chodorkowski.

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25. Oktober 2003: Der Vorstandsvorsitzende des Yukos-Ölkonzerns, Michail Chodorkowski, wird spektakulär bei einer Zwischenlandung seines Privatjets in Nowosibirsk festgenommen. Dem Multimilliardär werden Betrug und Steuerhinterziehung vorgeworfen. Sein Geschäftspartner Platon Lebedew war bereits im Juli verhaftet worden.

16. Juni 2004: In Moskau beginnt der erste Prozess gegen Chodorkowski und Lebedew. Die Verteidigung wirft dem Kreml eine Steuerung des Verfahrens vor, weil der Yukos-Chef in Opposition zum damaligen Präsidenten Wladimir Putin gegangen sei.

16. Mai 2005: Chodorkowski und Lebedew werden unter anderem wegen schweren Betrugs und Bildung einer kriminellen Vereinigung zu je neun Jahren Gefängnis verurteilt. Ein Berufungsgericht reduziert die Strafe im September 2005 auf je acht Jahre Haft.

18. November 2005: In Washington verabschiedet der US-Senat unter anderem mit der Stimme des heutigen US-Präsidenten Barack Obama eine Erklärung, in der er den Prozess gegen Chodorkowski und Lebedew als politisch motiviert kritisiert.

15. November 2007: Der Yukos-Konzern wird nach seiner Zerschlagung und dem Verkauf der Teile aus Russlands Handelsregister gelöscht.

8. März 2008: Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht sich bei einem Treffen mit Putin in Moskau für Chodorkowskis Begnadigung aus. Auch andere deutsche Politiker hatten Russland wiederholt zum rechtsstaatlichen Umgang mit den beiden Unternehmern aufgefordert.

31. März 2009: In Moskau beginnt der zweite Prozess gegen Chodorkowski und Lebedew. Die Verteidigung nennt die Vorwürfe der Unterschlagung von Millionen Tonnen Erdöl „absurd und unlogisch“.

4. März 2010: Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg beginnt die Anhörung ehemaliger Yukos-Eigentümer. Sie fordern von Russland 98 Milliarden Dollar (70,4 Mrd. Euro) Schadensersatz, da sie den Verkauf des Konzerns als Betrug ansehen.

27. Dezember 2010: Das Gericht spricht Chodorkowski und Lebedew grundsätzlich schuldig.

30. Dezember 2010: Als Strafmaß verhängt Richter Viktor Danilkin mehr als 13 Jahre Haft. Die erste Strafe wird dabei angerechnet.

31. Mai 2011: Der EGMR lehnt Chodorkowskis Klage ab, wonach das erste Verfahren gegen ihn politisch motiviert gewesen sei. Am 25. Juli 2013 bestätigen die Richter das, halten das russische Vorgehen gegen Chodorkowski aber für ungerecht. Weitere Klagen sind anhängig.

26. September 2013: Die Lech-Walesa-Stiftung in Warschau zeichnet ihn mit dem mit 100.000 Dollar (72.716,70 Euro) dotierten Freiheitspreis aus.

6. Dezember 2013: Russische Behörden teilen nach Gerüchten über eine mögliche Amnestie mit, dass weitere Ermittlungen gegen Chodorkowski laufen und eine weitere Anklage wahrscheinlich sei.

20. Dezember 2013: Einen Tag nach der Ankündigung durch Putin, er werde ein Gnadengesuch seines größten politischen Rivalen unterzeichnen, wird Chodorkowski nach zehn Jahren Haft freigelassen. Chodorkowski verlässt am Tag der Freilassung Russland und fliegt nach Deutschland. Diese Begnadigung und eine zahlreiche politische Gegner umfassende Amnestie gelten als Versuch Putins, die massive Kritik im Westen und einen drohenden Boykott der Olympischen Winterspiele in Sotschi durch westliche Politiker einzudämmen.

24. Jänner 2014: Auch Chodorwkoskis Geschäftspartner, Platon Lebedew, wird freigelassen. Die Haftstrafe des 57-Jährigen wäre regulär im Mai abgelaufen.

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