100. Geburtstag: SPD würdigt Willy Brandt als „Giganten“

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Der deutsche SPD-Chef Sigmar Gabriel hat den ersten SPD-Kanzler Willy Brandt zu dessen 100. Geburtstag als „Giganten des 20. Jahrhunderts“ gewürdigt. Es habe selten ein so weit gespanntes politisches Wirken gegeben, sagte Gabriel gestern Abend bei einem Festakt im Willy-Brandt-Haus in Berlin. Der frühere deutsche Kanzler (1969 bis 1974) und Friedensnobelpreisträger (1971) war 1992 verstorben.

Seine Ostpolitik und der Kniefall von Warschau hätten nach der Schuld des Nationalsozialismus neues Vertrauen bei den Nachbarländern geschaffen und erst den Weg zur deutschen Wiedervereinigung geebnet, sagte Gabriel. „Willy Brandt war der letzte SPD-Vorsitzende, der noch aus der alten Arbeiterbewegung gekommen ist“, betonte der neue deutsche Vizekanzler. Brandt wurde als unehelicher Sohn einer Verkäuferin in Lübeck geboren, seinen Vater lernte Brandt, der die SPD später als Vorsitzender von 1964 bis 1987 führte, nie kennen.

Emigration während der Nazi-Zeit

„Das zeigt, dass Menschen, die aus kleinen Verhältnissen kommen, Großes leisten können“, sagte Gabriel weiter. Brandt emigrierte während der Nazi-Zeit nach Norwegen. Gabriel erinnerte an die Diffamierungen, die Brandt deswegen erfuhr. Im Exil wechselte er seinen Namen von Herbert Frahm in Willy Brandt. Er habe es noch ihm Ohr, was damals gesagt worden sei - „Heute wissen wir es genau, Frahm heißt die Verrätersau“ -, sagte Gabriel. Brandt und die SPD hätten das andere Deutschland repräsentiert, das sich gegen die Nazis eingesetzt und die Freiheit verteidigt habe.

Auch der 93 Jahre alte frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker (CDU) gehörte zu den Gästen, ebenso der enge Freund und Mitarchitekt der neuen Ostpolitik, Egon Bahr (91), Mitglieder der neuen SPD-Ministerriege und der frühere SPD-Chef Hans-Jochen Vogel (87). „Es gibt so viele Bilder Willy Brandts, die wir in uns tragen“, sagte der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, der Vorsitzender des Kuratoriums der Brandt-Stiftung ist.

Berliner Bürgermeister während Mauerbaus

Erinnert wurde auch daran, dass Brandt als einer der ersten die Bedeutung des Umweltschutzes erkannt habe („Der Himmel über der Ruhr muss wieder blau werden.“). In das Reich der Legende verwies Vogel Spekulationen, dass Helmut Schmidt versucht habe, an Brandts Kanzler-Stuhl zu sägen. Nach Brandts Rücktritt wegen der Enttarnung des DDR-Spions Günter Guillaume wurde Schmidt 1974 neuer Kanzler.

Eingespielt wurden Brandts Worte, der für die Einheit kämpfte und ein Ende der deutschen Spaltung forderte: „Der Tag wird kommen, an dem das Brandenburger Tor nicht mehr an unserer Grenze liegt“, so Brandt, der zur Zeit des Mauerbaus 1961 Regierender Bürgermeister von Berlin war. Brandt forderte auch früh eine EU. „Mehr Demokratie wagen“ bleibe das ewige Vermächtnis des einstigen Ehrenvorsitzenden der deutschen Sozialdemokratie, betonte Gabriel.