Lautenschläger statt Asmussen
Die deutsche Bundesregierung hat ihre Bundesbank-Vizepräsidentin Sabine Lautenschläger als Nachfolgerin von Jörg Asmussen im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) vorgeschlagen. Das verlautete am Dienstag aus Regierungskreisen in Berlin. Damit will sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel offenbar einen noch direkteren Draht in die EZB sichern.
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Lautenschlägers Kompetenz als wahrscheinliche künftige Aufseherin der EZB wird zwar kaum bezweifelt. Die 49-jährige Juristin ist seit Jahren in der Bankenaufsicht tätig. Die finanzpolitische Grundhaltung der seit Jahren von der CDU kontinuierlich aufgebauten Finanzexpertin entspricht jedoch zweifellos mehr dem Geschmack Merkels als die Linie des scheidenden Sozialdemokraten Asmussen, der als Staatssekretär in das deutsche Arbeitsministerium wechselt, wofür er familiäre Gründe geltend machte: Seine Frau und Kinder leben in Berlin.
Erste Frau seit Tumpel-Gugerell
Deutschland steht nicht automatisch ein Sitz im sechsköpfigen EZB-Direktorium zu. Es gilt aber als ausgemacht, dass die größte Volkswirtschaft der Euro-Zone in dem Spitzengremium vertreten ist. Mit Bundesbank-Präsident Jens Weidmann ist Deutschland zudem im EZB-Rat, dem obersten Beschlussorgan der Notenbank, vertreten. Die Kandidatur Lautenschlägers ist nur der erste Schritt. Endgültig entscheiden wird der EU-Rat der Staats- und Regierungschefs - auch nach Anhörungen des EU-Parlaments und der EZB.
Lautenschläger kam vor gut zweieinhalb Jahren von der deutschen Finanzaufsicht BaFin zur deutschen Bundesbank. Dort war sie bisher für die Bankenaufsicht zuständig. Da die EZB ab Herbst die Kontrolle über die Banken in der Euro-Zone übernimmt, dürfte die quirlige Stuttgarterin im sechsköpfigen Vorstand der Euro-Notenbank wahrscheinlich für die Aufsicht zuständig bleiben. Mit ihr würde zweieinhalb Jahre nach dem Ausscheiden der Österreicherin Getrude Tumpel-Gugerell wieder eine Frau in den engeren EZB-Führungszirkel einziehen.
Hart, aber herzlich
Die Mutter einer Tochter gilt als sachlich hart, aber persönlich umgänglich. Einziges Manko der im Rheinland aufgewachsenen und für ihre oft bunte Garderobe bekannte Frohnatur könnte ihre relativ geringe Expertise und Erfahrung in der Geldpolitik sein. Dem Vernehmen nach hätte Merkel sie schon 2011 gerne an der EZB-Spitze gesehen. Damals jedoch soll Lautenschläger abgelehnt haben, weil sie sich die Aufgabe selbst nicht zugetraut haben soll.
Deutsche Jobhopper bringen Unruhe in EZB
EZB-Präsident Mario Draghi hatte bereits am Montag vor dem Europäischen Parlament auf schnellen Ersatz für Asmussen gedrängt. Die Staats- und Regierungschefs müssten so bald wie möglich einen Kandidaten oder eine Kandidatin präsentieren. „Das muss bald passieren. Der Vorstand (der EZB) muss angesichts der großen Aufgaben im vor uns liegenden Jahr bald wieder komplett sein“, meinte er. Mit dem Wechsel von Asmussen nach Berlin hat es in drei Jahren gleich drei deutsche Vakanzen in EZB-Rat und -Direktorium gegeben.
Anfang 2011 hatte sich der damalige Bundesbank-Chef Axel Weber selbst aus dem Rennen gegen den heutigen Amtsinhaber Draghi um den Chefposten bei der EZB genommen und war auch als Präsident der Bundesbank zurückgetreten. Ein gutes halbes Jahr später schmiss dann der deutsche EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark seinen Job im Streit über die Geldpolitik hin. Er wurde durch Asmussen ersetzt, der nun seinerseits überraschend den Hut nahm.
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