Themenüberblick

Geldpolitik mit weltweiter Wirkung

Seit 100 Jahren ist das Federal Reserve System, kurz Fed, als Notenbank in den USA für Preisstabilität und Vollbeschäftigung zuständig. Mit der Etablierung des Dollars als Ankerwährung nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Politik der Fed für die ganze Welt ausschlaggebend. Bis heute wird jeder ihrer Schritte ganz genau beobachtet.

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Am 23. Dezember wird die US-Notenbank Fed 100 Jahre alt. Am Tag vor dem Heiligen Abend des Jahres 1913 unterzeichnete der damalige US-Präsident Woodrow Wilson das der Fed zugrundeliegende Gesetz „Federal Reserve Act“ und setzte es damit formal in Kraft. Es war bereits der dritte Anlauf der US-Staaten, eine gemeinsame Zentralbank zu schaffen - dieses Mal war er auch nachhaltig erfolgreich.

Das Federal Reserve Board Gebäude in Washington, 1937

Corbis/Bettmann

Das Eccles-Building in Washington DC ist der Hauptsitz der Fed

Erste Versuche 1791

Erstmals wurde 1791 mit der „First National Bank of the United States“ in den USA der Versuch gestartet, eine Zentralbank zu gründen. Ihr Konzessionsvertrag lief aber nach 20 Jahren ohne Verlängerung aus, da der US-Kongress seine Zustimmung verweigert hatte. Auch der Vertrag der 1816 zur Stabilisierung der Währung gegründeten „Second Bank“ lief nach 20 Jahren aus. Um zumindest eine einheitliche Währung sicherzustellen, wurden in den 1860er Jahren Nationalbanken gegründet, die vom Finanzministerium abgesicherte, gedruckte Banknoten ausgeben durften.

Nach Jahrzehnten mit Bankenkrisen und Bankenruns, die zum Teil nur durch das Eingreifen des US-Finanzmoguls J. P. Morgan gelöst werden konnten, zeichnete sich immer mehr ab, dass die USA doch eine eigene, unabhängige Zentralbank benötigen. Sie sollte im Krisenfall als Kreditgeber letzter Instanz (Lender of Last Resort) fungieren und damit das Rückgrat des gesamten Bank- und Finanzsystems darstellen. Erst nach zähen Verhandlungen und einigen Konzessionen wurde das entsprechende Gesetz schließlich im Senat verabschiedet.

Föderale Strukturen

Die Fed ist föderal aufgebaut: Sie besteht aus einer Zentrale in Washington und zwölf Filialen (Federal Reserve Bank) in den einzelnen Bundesstaaten. Die Geschäftsbanken sind ab einer gewissen Größe an der jeweiligen Federal Reserve Bank beteiligt. Eine herausgehobene Stellung kommt der Fed of New York zu, da sie am Bankenplatz Nummer eins sitzt. Ihr Vertreter ist im Gegensatz zu den Vertretern der anderen Filialbanken im wichtigsten Gremium der Fed, dem Federal Open Market Committee (FOMC), immer stimmberechtigt. Die übrigen Vertreter wechseln sich ab.

Das FOMC entscheidet unter anderem über den US-Leitzins und kann über Eingriffe in den Devisenmarkt auch Wechselkurse der einzelnen Währungen zum US-Dollar beeinflussen. Neben Preisstabilität soll die Fed, anders als die Europäische Zentralbank (EZB), auch für Vollbeschäftigung sorgen. Seit 2006 ist Ben Bernanke Präsident des Offenmarktauschusses. Ihm folgt Ende Jänner die bisherige Vizepräsidentin Janet Yellen. Neben den Vertretern der Fed-Filialbanken sind im FOMC auch die sieben Mitglieder des Board of Governors der Fed, die für eine Amtszeit von 14 Jahren jeweils direkt vom US-Präsidenten bestimmt werden.

Unabhängig mit Kongress-Kontrolle

Die Fed bezeichnet sich selbst als unabhängig, da ihre Entscheidungen nicht vom US-Präsidenten oder der US-Regierung abgesegnet werden müssen. Sie hat aber eine Berichtspflicht gegenüber dem US-Kongress, der auch die der Fed zugrundeliegenden Gesetze ändern kann. Versuche, die Fed schon bei der Gründung unabhängig zu machen, scheiterten am politischen Willen. Erst mit der Zeit und entsprechenden Gesetzen gewann die Fed an Souveränität. So verfügte etwa das Bankengesetz von 1935, dass der US-Finanzminister an den Sitzungen des Board of Governors nicht mehr teilnehmen darf.

1923 konnte die Fed durch den Kauf von Staatsanleihen erstmals eine Rezession eindämmen - ausgehend von dieser Erfahrung wurden Offenmarktgeschäfte, bei denen die Notenbank durch direkte Geschäfte mit den Banken ihre Geldpolitik umsetzt, zum Standardverfahren. Alle modernen Notenbanken nutzen heutzutage derartige Geschäfte für die Refinanzierung der Kreditinstitute bei der Zentralbank. Die Deflation durch die Weltwirtschaftskrise 1929 ging die Fed laut Kritikern hingegen nicht entschieden genug an und verlängerte laut Kritikern so die Krise.

Einfluss durch Gold-Dollar-Standard

Während des Zweiten Weltkriegs hielt die Fed auf Drängen der US-Regierung die Zinsen künstlich niedrig, um dem Staat eine möglichst billige Refinanzierung seiner Kriegsaktivitäten zu ermöglichen. Mit Ende des Zweiten Weltkrieges stieg die Fed zur dominanten Kraft unter den Notenbanken der Welt auf: Mit dem Gold-Dollar-Standard wurde die US-Devise zur globalen Reservewährung. Auch wenn dieses System unter US-Präsident Richard Nixon in den 1970er Jahren aufgegeben wurde, blieb der Dollar die Leitwährung der Welt - bis heute.

Ex-FED-Chef Ben Bernanke

Reuters/Jonathan Ernst

Der scheidende Notenbank-Chef Bernanke prägte acht Jahre die US-Wirtschaftspolitik

Die Fed nutzt ihre Instrumentarien immer wieder ausgiebig, etwa in den 1980er Jahren, als der damalige Chef Paul Volcker die Zinsen drastisch auf zeitweise über 20 Prozent erhöhte. Volckers Nachfolger Alan Greenspan bescherte den USA dann mit niedrigen Zinsen die längste Phase wirtschaftlicher Expansion in Friedenszeiten. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 verhinderten das Vertrauen auf Greenspans Fed, eine beherzte Zinssenkung und Milliarden Dollar an zusätzlicher Liquidität noch schlimmere Verwerfungen im US-Finanzsystem.

Fed vor schwieriger Phase

Auf den Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 reagierte die Fed mit massiven Zinssenkungen bis auf fast null Prozent und milliardenschweren Geldspritzen. Über den Kauf von Staatsanleihen und Hypothekenpapieren pumpte die Fed seitdem über drei Billionen Dollar in den Wirtschaftskreislauf.

Damit ist nun Schluss. Nur wenige Tage vor der 100. Jahresfeier fuhr Bernanke die Anleihenkäufe erstmals vorsichtig zurück und läutete damit eine neue Ära ein. Nicht nur, dass nach acht Jahren ein Führungswechsel ins Haus steht, die Fed muss auch finanzpolitisch ein neues Kapitel aufschlagen. Auf Bernankes Nachfolgerin Janet Yellen wartet die Mammutaufgabe, die Fed aus einem Krisenmodus zurück in die Normalität zu führen. Denn wie Bernanke in seiner Rede zum 100. Geburtstag betonte: „Die Krise ist noch nicht komplett bewältigt.“

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