Faszination „Schrecken der Natur“
Das US-Magazin „Weatherwise“ hat sich in seiner letzten Ausgabe für 2013 einem ungewohnten Ranking gewidmet: den zehn wahrscheinlich unwirtlichsten Gegenden der Erde. Diese liegen verstreut zwischen dem fernen Osten Russlands, dem Karakorum, der Sahara, Patagonien und dem Südpol.
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Die „10 Worst Weather Places“ warten allerdings nicht mit bloß dauerhaft „schlechtem Wetter“ im herkömmlichen Sinn auf, sondern mit extremen klimatischen Bedingungen. Sie sind auf ihre jeweils spezifische Art absolut lebensfeindlich, was für das US-Magazin gleichzeitig das „objektive“ Kriterium ist: „Kein Mensch, unabhängig von Herkunft und Kraft“ würde in diesen Umgebungen länger überleben, zumindest nicht ohne spezielle Ausrüstung „und eventuell die Hilfe anderer Menschen“.
Prädikat „absolut lebensfeindlich“
„Das sind Orte, die die meisten wohl nur - kurz - besuchen würden, um behaupten zu können, dass sie dort waren.“ Niemand würde dort leben wollen. Das heiße allerdings nicht, dass von diesen Plätzen nicht eine ganz eigene Art der Faszination für den „Schrecken der Natur“ ausgehe. Dabei ist die Nummer zehn in dem Ranking, ein Dorf in Sibirien, noch eine Ausnahme, da trotz des extremen Klimas dauerhaft bewohnt. In anderen Gegenden wiederum tun sich sogar Tiere und Pflanzen mit dem Überleben schwer. Praktisch „tot“ ist nicht nur das bekannte Death Valley in Kalifornien.

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Platz zehn: die Ortschaft Oimjakon in der russischen Teilrepublik Sacha. Sie beansprucht für sich das Attribut Kältepol der Nordhalbkugel - zumindest was ständig bewohnte Gebiete betrifft. 1933 wurde dort eine Temperatur von minus 67,8 Grad gemessen. Angebliche minus 71,2 Grad aus dem Jahr 1926 sind nicht bestätigt. In der sibirischen Ortschaft mit nicht einmal 500 Einwohnern kann die Nachttemperatur im Winter auf unter minus 50 Grad sinken, im Sommer steigt sie mitunter auf über 30 Grad plus.

Google Earth; ORF.at (Montage)
Rang neun im Ranking: die Bouvet-Insel. Die nicht einmal 50 Quadratkilometer große Insel befindet sich im Südatlantik etwa auf halbem Weg zwischen dem Kap Hoorn und dem Kap der Guten Hoffnung und ist zu über 90 Prozent von einem Gletscher bedeckt. Ihre Lage „tief im stürmischen Südatlantik“ sorgt das ganze Jahr über für gleichmäßig raue Bedingungen. Die höchsten Temperaturen liegen kaum über dem Gefrierpunkt. Die Vegetation beschränkt sich weitgehend auf Flechten und Moose.

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Platz acht in dem Ranking belegt die Zentralsahara. In den Sandmeeren (Erg) Algeriens, Nigers und des Tschad (im Bild die Tenere-Wüste) klettert die Temperatur im Sommer auf über 50 Grad. Im Winter kann sie deutlich unter den Gefrierpunkt sinken. Die Temperaturdifferenz innerhalb eines Tages könne bis zu 38 Grad betragen, so das „Weatherwise“-Magazin: „Ohne Hilfe oder den Zufall, auf eine der Oasen in der Region zu stoßen, würde ein Mensch zu jeder Jahreszeit dort nur Tage überleben.“

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Rang sieben: die Anden des südlichen Patagoniens. Die Region liegt zwischen dem 50. und dem 60. Breitengrad und ist für ihre starken Winde bekannt. Für Gipfel wie den des über 3.400 Meter hohen Mount Fitzroy (Bild) oder des Cerro Torre im argentinisch-chilenischen Grenzgebiet bedeute das ein extremes Klima, mitunter Schneestürme, die Tage und Wochen dauern können.

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Platz sechs in dem Ranking nimmt die iranische Lut-Wüste ein. Wurde die höchste Lufttemperatur im Jahr 1913 im kalifornischen Death Valley gemessen, so hält das Wüstengebiet im Iran den Rekord für die höchste Bodentemperatur von fast 71 Grad, festgestellt von einem Satelliten der US-Weltraumbehörde NASA 2005. Die theoretische Verdunstungsmenge beträgt das Hundertfache des Jahresniederschlags von rund fünf Litern pro Quadratmeter. Einmal soll eine Karawane auf einem Plateau aus dunklem Lavagestein dort Weizen verloren haben, eine zweite habe ihn verbrannt wiedergefunden. Die Gegend sei daraufhin Gandom-e Berjan genannt worden, „verbrannter Weizen“.

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Die Summit Station auf Grönland belegt Platz fünf der zehn lebensfeindlichsten Orte. Die Forschungsstation (mit dem NASA-Rover „Grover“ im Vordergrund) liegt in einer Höhe von über 3.200 Metern auf dem Gipfel des Grönländischen Eisschildes. Dort steigt die Temperatur kaum über minus 35 Grad. Dazu kommen regelmäßig Stürme und das mitunter gefährliche „Whiteout“. Dieses entsteht bei spezifischen Bedingungen von Schneelage und diffusem Sonnenlicht und lässt keine Kontraste mehr erkennen. Grob gesagt sieht alles gleich weiß aus. Fazit: In der Gegend komme der kleinste Navigationsfehler einem Todesurteil gleich.

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Der K2 (Platz vier) im Karakorum-Gebirge an der Grenze zwischen Pakistan und China ist mit seinen 8.611 Metern zwar nicht so hoch wie der Mount Everest (8.848 Meter). Auf dem Berg herrschen allerdings das ganze Jahr über extreme Bedingungen. Im Winter falle die Temperatur unter minus 60 Grad, dazu kämen heftige Stürme. Das sei auch der Grund, weshalb der zweithöchste Berg Asiens im Gegenteil zum Mount Everest noch nie im Winter bestiegen worden sei.

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Rang drei: die Küstengebiete der Antarktis. Dort träfen „der kälteste Kontinent und das stürmischste Meer“, der Südliche Ozean, aufeinander. Die Temperaturen bewegen sich laut „Weatherwise“ im kältesten Monat des Jahres, August, um die minus 32 Grad. Stürme entlang der Küste könnten „wirklich brutal“ ausfallen. Im August 1995 seien Windgeschwindigkeiten von fast 208 km/h gemessen worden. Die Stürme halten oft tagelang an.

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Platz zwei belegt die Gebirgsregionen an der Grenze zwischen dem US-Bundessstaat Alaska und dem kanadischen Yukon-Territory mit Gipfeln wie etwa dem Mount Logan (5.959 Meter) und dem Mount Saint Elias (5.489 Meter). Im Winter versinkt der „Himalaja Nordamerikas“ in enormen Schneemengen, dazu kämen Stürme, die „manchmal Tage und Wochen andauern“ könnten. Auf dem Gipfel des Mount Logan sinkt die Temperatur im Winter laut dem US-Magazin auf minus 40 Grad, im Sommer steige sie kaum über minus 30.

Reuters/Arctic and Antarctic Research Institute Press Service
Die Wostok-Station in der Antarktis belegt Platz eins. Die russische Forschungsstation, errichtet noch zu Zeiten der Sowjetunion, stehe praktisch auf dem „Kälte-Südpol“. Auf der Station, die sich auf beinahe 3.500 Meter Seehöhe befindet und rund 1.300 Kilometer vom geografischen Südpol entfernt ist, wurde 1983 die unglaubliche Temperatur von minus 89,2 Grad gemessen. Dazu kommt dauernder Wind mit bis zu 100 km/h. Minus 30 bis minus 70 Grad sind Normwerte. Damit ist es auf der russischen Forschungsstation kälter als auf dem Südpol.
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