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Viele Vorhaben

„Leistbares Wohnen“ hatten sich SPÖ und ÖVP schon im Wahlkampf auf ihre Fahnen geheftet - nun findet sich im Regierungsprogramm ein ganzes Kapitel unter diesem Titel. Angekündigt wird eine umfassende Wohnrechtsreform zu Mietrecht, Baurecht und Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG).

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Geplant sind zudem ein Comeback der vor Jahren abgeschafften Zweckwidmung der Wohnbauförderung (WBF) und eine Mietvertragsgebührbefreiung für Junge. Mit einer umfassenden Wohnrechtsreform mit dem Fokus auf „gerecht, verständlich, transparent und leistbar“ hat sich die neue Regierung die wohl ambitionierteste Aufgabe in diesem Bereich vorgenommen.

An etlichen Miet- und Wohnrechtsreformen bzw. -reformversuchen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten schon viele Rechtsexperten und Wohnbaufachleute der Parteien die Zähne ausgebissen. Meist blieb es bei Teilreparaturen, da der kleinste gemeinsame Nenner leichter zu erzielen war als eine grundlegende Neufassung - die freilich von Praktikern seit langem eingefordert wird.

„Größtmögliche Vereinheitlichung“

Nun steht ganz oben auf der Agenda die Absicht einer „Reform des Mietrechts im Bereich des Wohnens mit den Zielen größtmöglicher Vereinheitlichung, besserer Verständlichkeit für die Rechtsanwender und transparenter gesetzlicher Ausgestaltung und Leistbarkeit der Mieten“.

Erreicht werden soll das, wie es heißt, unter anderem durch Schaffung eines möglichst einheitlichen Mietrechts durch weitgehende Auflösung der vielschichtigen Anwendungsbereiche und den Entfall der Mietvertragsgebühr zumindest für unter 35-Jährige bei erstmaligem Mietvertragsabschluss zwecks Hauptwohnsitzbegründung. Derzeit beträgt die Gebühr meist ein Prozent des dreifachen Jahresbruttomietzinses, bei kurzen Befristungen sind es relativ gesehen sogar mehr.

Keine Mietzinsobergrenzen

Geplant ist auch die „Einführung einer einfachen und transparenten Mietzinsbildung“ - von Mietzinsobergrenzen oder einer Limitierung der Zuschläge zu den Richtwertmieten, wie das von SPÖ und Arbeiterkammer (AK) seit Jahren immer wieder gefordert wird, ist dabei freilich keine Rede. Dabei beklagen selbst Experten, die nicht gerade der Mietervereinigung oder der AK nahestehen, dass die Mietrichtwerte nicht für eine allgemeine Dämpfung der Wohnungsmieten auch in anderen Sektoren gesorgt haben, wie das eigentlich mit ein Ziel war.

Weitere anvisierte Maßnahmen der Regierung beziehen sich auf die Schaffung einer klaren gesetzlichen Regelung der Erhaltungs- und Wartungspflicht, eine Ausweitung der Schlichtungsstellen und eine Reform des Betriebskostenkatalogs. Gerade diese Nebenkosten, die bei Miet- und Eigentumswohnungen zu Buche schlagen, steigen ja seit langem nicht nur stärker als die Verbraucherpreise insgesamt, sondern auch kräftiger als die Mieten, obwohl diese ohnedies meist schon stärker zulegen als der Verbraucherpreisindex (VPI).

Änderung der Mietkaufoption

„Die langfristige Absicherung der Wohnbauförderungsmittel sowie deren Zweckwidmung im Rahmen des Finanzausgleichs“ soll bei der Schaffung von finanzierbarem Wohnraum unterstützend wirken.

Flankieren will die neue Regierung das Ziel eines finanzierbaren und bedarfsgerechten Wohnungsangebots laut Arbeitsprogramm auch durch Änderungen der Mietkaufoption bei Neu- und Wiedervermietung, die Beibehaltung der KESt-Freiheit für die ersten vier Ertragsprozent bei Wohnbauanleihen, zusätzliche Finanzierungsformen für finanzierbaren Wohnraum sowie eine verfassungsrechtliche Absicherung „baulandmobilisierender Instrumente“ (etwa für den geförderten Wohnbau). Speziell Akteure im sozialen Wohnbau beklagen ja immer wieder die wachsende Knappheit an Flächen und auch den rasanten Preisanstieg bei Baugründen.

Mehr Anreiz für Sanierungen

Zwecks zusätzlicher Anreize soll der Sanierungsscheck erweitert werden um die Kategorie „seniorengerechtes/barrierefreies Wohnen“, wobei thermische und altersgerechte Sanierung künftig getrennt möglich sein sollen. Zur thermischen Sanierung soll auch ein steuerliches Anreizmodell der öffentlichen Hand etabliert werden, heißt es im Regierungsprogramm.

Zur Senkung der Baukosten sollen bestehende Flächen besser genutzt und eine Nachverdichtung künftig verpflichtend geprüft werden müssen. Alle Baunormen, Baustandards und andere Richtlinien sollen vereinheitlicht, aber auch durchforstet werden im Hinblick auf „Kosteneinsparungspotenziale“, wird betont.

Auch die Überprüfung von Auflagen bei Neubauten und bei Umbauten im Bestand sollen zu einer Senkung der Baukosten beitragen, heißt es im Arbeitsprogramm. Als Beispiele angeführt werden dabei die Stellplatzverpflichtung und auch Notkamine für Gebäude, selbst wenn diese ohnedies an einem Fernwärmenetz hängen.

Ziel: 48.000 neue Wohnungen pro Jahr

Summa summarum sollen mit den Maßnahmen des Kapitels „Leistbares Wohnen“ pro Jahr 48.000 neue Wohneinheiten geschaffen werden „sowie ein leistbarer Zugang zu Wohnraum im Bestand und Neubau gewährleistet werden“, postuliert das Regierungsprogramm. Wolfgang Amann vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW) schätzte erst vorige Woche, dass die Neubauleistung derzeit nur annähernd den Wohnungsbedarf deckt. Damit bezog er sich auf das Spitzenjahr 2011 mit bundesweit 44.300 baubewilligten Wohnungen. Dabei gebe es aber regional starke Unterschiede: Zu wenig finanzierbaren Wohnraum gibt es demnach vor allem in Wien.

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