Für soziale Garantien, gegen Korruption
Oppositionsführer Witali Klitschko will Präsident der Ukraine werden. „Ich werde kandidieren“, sagte der Boxweltmeister dem deutschen Sender ARD am Donnerstagabend. Am Freitagnachmittag begann ein runder Tisch mit Präsident Viktor Janukowitsch und Klitschko.
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Als seine Visionen nannte Klitschko Reformen, die Schaffung von Arbeitsplätzen und sozialen Garantien sowie die Bekämpfung der grassierenden Korruption. Vorerst hätten die Demonstranten drei Forderungen. Die erste sei die Freilassung von 15 festgenommenen Regierungsgegnern. Zweitens müssten diejenigen bestraft werden, die angeordnet hätten, Demonstranten zu schlagen. Und drittens: „Der Ministerpräsident und die ganze Regierung müssen zurücktreten.“
Bei dem runden Tisch saßen einander die beiden Rivalen Klitschko und Janukowitsch direkt gegenüber. Das regierungskritische Internetportal Hromadske.tv übertrug das Treffen live. Janukowitsch räumte ein, dass sich die Sicherheitskräfte beim Vorgehen gegen die Menschen bei den prowestlichen Protesten nicht immer passend verhalten hätten. Er kündigte eine Amnestie für die festgenommenen Regierungsgegner an. Das ist eine Kernforderung Klitschkos.
Janukowitsch lehnt Rücktritt ab
Einen seit Wochen von der Opposition geforderten Rücktritt der Regierung lehnte Janukowitsch ab. Der Staatschef erinnerte seine Gegner beim runden Tisch daran, dass ein Misstrauensvotum gegen Regierungschef Nikolai Asarow im Parlament gescheitert sei. Er könne nur auf Grundlage einer Entscheidung der Obersten Rada handeln, so Janukowitsch. Die Opposition um Klitschko hatte bei der Abstimmung am 3. Dezember nur 186 von 225 nötigen Stimmen für ein Ende der Regierung von Asarow zusammenbekommen.
Beide Seiten trafen sich nach wochenlanger Konfrontation erstmals direkt - auch auf Vermittlung Deutschlands, der EU und der USA. In der seit Wochen andauernden politischen Krise hatte die Opposition bisher Verhandlungen mit der Regierung abgelehnt. „Wir werden Janukowitsch mit unseren Forderungen konfrontieren und sind gespannt auf seine Antworten“, hatte Klitschko kurz vor dem Treffen gesagt. In einer in Kiew verbreiteten Mitteilung sagte Janukowitsch: „Wir müssen diesen Konflikt beenden.“
Starker Herausforderer
Klitschko steht an der Spitze der Partei UDAR (Ukrainische Demokratische Allianz für Reformen, die Abkürzung bedeutet zugleich „Schlag“). Er gilt als einer von Janukowitschs stärksten Herausforderern bei der für März 2015 angesetzten Präsidentschaftswahl. Die Klitschko-Partei bildet zusammen mit der Vaterlandspartei der ehemaligen Regierungschefin Julia Timoschenko und der rechtspopulistischen Swoboda-Partei (Freiheitspartei) ein oppositionelles Dreierbündnis namens Aktionsgruppe des nationalen Widerstands. Dieses will Janukowitsch zu Fall bringen und die Ukraine wieder auf einen europafreundlicheren Kurs bringen.
Die Demonstranten, die für eine Annäherung der Ukraine an die Europäische Union eintreten, weiteten unterdessen ihr Protestlager in Kiew aus. Die prowestliche Opposition um Klitschko und andere Regierungsgegner stellte am Freitag erneut auch abseits des zentralen Unabhängigkeitsplatzes (Maidan) Protestzelte auf. Das hatten die Behörden zuletzt verboten. Die Polizei griff zunächst nicht ein. Die unter anderen von Klitschko angeführten Massenkundgebungen gehen bereits in die vierte Woche - ohne Aussicht auf ein Ergebnis.
Regierung hält EU hin
Die Regierung in Kiew bekräftigte indes ihre grundsätzliche Bereitschaft, das Kooperationsabkommen mit der EU doch noch zu unterzeichnen, nannte aber erneut kein Datum. Die EU-Kommission drängte die Regierung zuvor erneut zur Unterzeichnung des bereits ausgehandelten Abkommens. Die EU sichert der Ukraine Finanzhilfen zu, falls sie es abschließt.EU-Kommissar Stefan Füle warnte zugleich vor einer Finanzkrise in der früheren Sowjetrepublik. Die EU müsse helfen, das Vertrauen von Bürgern sowie internationalen Investoren und Gläubigern wiederherzustellen.
Der ukrainischen Vizeregierungschef Sergej Arbusow stimmte dem am Donnerstag nach einem Treffen mit Füle grundsätzlich zu. „Die Ukraine wird bald das Assoziierungsabkommen mit der EU unterschreiben und dabei das nationale strategische Interesse berücksichtigen.“ Er schränkte aber ein: „Unsere Verhandlungen sind offen, und wir führen sie fort.“
Klitschko: Zigmal versprochen
Klitschko machte deutlich, dass er den Erklärungen von Regierungsvertretern nicht traue. „Unser Präsident hat schon zigmal seit drei Jahren versprochen, das Abkommen zu unterschreiben“, sagte Klitschko. Stattdessen fliege er nach Moskau. Kiew hatte von der EU eine Kredithilfe von 20 Milliarden Euro gefordert. Vor dem Ostpartnerschaftsgipfel Ende November in Litauen hatte die EU laut Diplomaten 600 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Janukowitsch hatte im November überraschend die Unterschrift unter das Abkommen verweigert. Er verwies auch auf Druck aus Russland, das der Ukraine Erdgas liefert.
Russland vs. EU
Der russische Präsident Wladimir Putin schlug der Ukraine die Bildung einer Zollunion gemeinsam mit Weißrussland und Kasachstan vor. Die EU wiederum hatte eine Ausreise der inhaftierten Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko zur medizinischen Behandlung in Deutschland zur Voraussetzung für die Unterzeichnung des Abkommens gemacht.
Putin bekräftigte indes den Willen Russlands zur Partnerschaft mit dem Nachbarland. „Wir zwingen niemandem etwas auf. Aber wenn unsere Freunde den Wunsch zur gemeinsamen Arbeit haben, sind wir bereit“, sagte er in Moskau bei einer Rede. Er warb dabei erneut für eine Zollunion mit der Ukraine.
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