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„Versuchte, mich zu kontrollieren“

Bei der Trauerfeier für Nelson Mandela im Stadion von Soweto bei Johannesburg am Dienstag sorgte ein Gebärdendolmetscher für Aufregung. Statt zu übersetzen, lieferte er einen bizarren Auftritt mit falschen Gesten ab. Er habe während der Trauerfeier Stimmen gehört und halluziniert, rechtfertigte sich der Mann gegenüber der südafrikanischen Zeitung „Star“ und im Radio.

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Engel seien ins Stadion geflogen, so Thamsanqa Jantjie in einem weiteren Interview. Er leide unter Schizophrenie und nehme Medikamente gegen die Krankheit. Der von der südafrikanischen Regierung angeheuerte Mann habe immer die gleichen vier oder fünf Gebärden wiederholt, nicht die bekannten Zeichen für Mandela verwendet und keine Körpersprache genutzt, kritisierten Gehörlose. Er wisse nicht, ob die Schwere der Aufgabe oder die Freude, die er den ganzen Tag gespürt habe, der Auslöser für seinen Aussetzer gewesen sei. Plötzlich habe er Stimmen gehört und zu halluzinieren begonnen. Dann lief alles aus dem Ruder. Er konnte die Bühne ja nicht verlassen.

Gebärdendolmetscher Thamsanqa Jantjie

AP/Ecan Vucci

Auch bei der Rede von US-Präsident Barack Obama wurden sinnlose Zeichen gegeben

„Ich machte nur Zeichen, die keinen Sinn ergaben. Ich konnte nichts tun. Ich versuchte, mich zu kontrollieren und der Welt nicht zu zeigen, was los war“, sagte der Mann der Zeitung. „Das Leben ist unfair. Jeder, der diese Krankheit nicht versteht, wird glauben, dass ich mir das als Entschuldigung nur ausgedacht habe“, so Jantjie weiter. Von seine Auftraggebern habe er erst am Montag von seinem Auftrag erfahren. Er habe sich geehrt gefühlt, bei dieser historischen Veranstaltung eine Rolle spielen zu dürfen.

Gebärdendolmetscher Thamsanqa Jantjie

AP/Itumeleng English

Thamsanqa Jantjie verteidigt sich in einem Interview

Hochstapler vermutet

Die Direktorin der Gebärdensprachenschule SLED, Cara Loening, hatte dem Dolmetscher nach dem Auftritt vorgeworfen, ein Betrüger zu sein: „Da war kein Zeichen. Nichts. Er hat buchstäblich mit dem Armen gewedelt“, so Loening am Mittwoch. „Die Gehörlosengemeinde in Südafrika ist völlig empört, und niemand weiß, wer er ist“, sagte Loening. Nirgendwo finde sich ein Name, und die Organisation, die die Übersetzer akkreditiert habe, kenne ihn nicht.

Loening sagte, sie erhalte E-Mails aus aller Welt, in denen sich die Leute wunderten, „was zum Teufel dieser Mann dort tat“. Auch ein Sprecher des Gehörlosenverbands Südafrikas, Delphin Hlungwane, sagte, der Mann habe „in der Luft gestikuliert“, aber niemand habe ihn verstanden.

Nicht die erste Beschwerde?

Das Übersetzerinstitut bestätigte zwar, dass Jantjie tatsächlich ein anerkannter Dolmetscher ist. Doch habe es bereits zuvor Beschwerden über ihn gegeben, sagte der Institutsvorsitzende Johan Blaauw. Demnach gab es schon bei seinen Auftritten bei Parteitagen des regierenden Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) wiederholt Klagen, doch habe die Partei darauf nicht reagiert.

Die Eigentümer des Übersetzungsinstituts sind offenbar auf Tauchstation. Sie seien verschwunden, so die südafrikanische Ministerin für Frauen, Kinder und Behinderte, Hendrietta Bogopane-Zulu. Sie entschuldigte sich bei der GehörlosenGemeinde. Bogopane-Zulu hat allerdings eine andere Erklärung für „die schlechte Qualität der Übersetzung“. Der Übersetzer spreche Xhosa. Englisch sei einfach zu viel für ihn gewesen.

Aufregung über Obama-Handyfoto

Für Aufregung und hämische Kommentare sorgte bei der Trauerfeier auch US-Präsident Barack Obama. Die dänische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt fotografierte sich, Obama und den britischen Premierminister David Cameron mit ihrem Handy. Durch die gute Laune der drei Spitzenpolitiker ließ die Kritik nicht lange auf sich warten, obwohl die Trauerfeierlichkeit an sich bereits fröhlich angelegt war. Sie ernteten Spott und Hohn auf Social-Media-Plattformen. Michelle Obama saß daneben und schaute pikiert. Dabei soll es sich allerdings laut dem Fotografen um einen Zufallstreffer handeln. Michelle Obama gab sich während der Trauerfeierlichkeiten ebenfalls fröhlich.

Barack Obama, David Cameron und Helle Thorning

AFP/Roberto Schmidt

Das Fotografieren mit dem Handy sorgte für Hohn und Spott

Cameron: Mandela brachte Leute zusammen

Cameron rechtfertigte sich. Er sei nur höflich gewesen. Zahlreiche britische Zeitung hatten das Bild der drei beim Fotografieren am Mittwoch auf ihren Titelseiten gemacht. Cameron musste sich für das Bild auch im Parlament verteidigen. Unter dem Gelächter von Abgeordneten sagte er, Mandela habe Leute zusammengebracht, so sei es einfach höflich gewesen, Ja zu dem Fotoansinnen zu sagen. Thorning-Schmidt sei ja auch die Schwiegertochter des ehemaligen Labour-Chefs Neil Kinnock.

Thorning-Schmidt: Es herrschte positive Stimmung

Die Trauerfeierlichkeit habe einen Festcharakter gehabt, so Thorning-Schmidt. Natürlich sei auch Trauer dabei gewesen, alles in allem sei es allerdings eine große Party gewesen, eine Feier für jemanden, der 95 Jahre gelebt und in seinem Leben so viel erreicht habe. In dem riesigen Stadion sei in den Rängen gesungen und getanzt worden. Es habe eine so positive Stimmung geherrscht, und daraufhin sei es zu dem Foto gekommen. Das sei nicht unangemessen gewesen, so die dänische Politikerin.

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